München

»Seitdem verstecke ich meine Kippa«

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Rabbiner Shmuel Aharon Brodman Foto: dpa

Nach einer antisemitischen Attacke auf den Rabbiner Shmuel Aharon Brodman in München fühlt sich dieser weniger sicher und versteckt seine Kippa.

»Ich bin vorsichtiger geworden. Ich gehe nicht mehr offen mit meiner Kippa auf die Straße, sondern verstecke sie unter einem Hut oder einer Baseballmütze«, sagte der 1959 geborene Brodman der »Süddeutschen Zeitung«. Wenn er mit seinem Sohn in der Stadt unterwegs sei, dann sprächen sie nicht mehr laut Hebräisch, wenn Leute sie hören könnten. »Das ist der Unterschied. Ich fühle mich sicher, aber nicht mehr so wie zuvor.«

polizei Nach Angaben der Polizei hatten vier Männer den Rabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde in München und Oberbayern am 9. Juli verfolgt, nachdem er mit einer Kippa bekleidet am Isartor aus einer Straßenbahn gestiegen war.

Die Männer hätten dabei wiederholt abfällig über Israel gesprochen, nach Wahrnehmung des Verfolgten hätten sie miteinander Arabisch gesprochen. Die Orthodoxe Rabbinerkonferenz in Deutschland forderte als Reaktion auf den Vorfall, den Dialog zwischen Juden und Muslimen weiter zu verstärken.

Kritisch äußerte sich Brodman über die möglichen Zeugen des Vorfalls.

Kritisch äußerte sich Brodman über die möglichen Zeugen des Vorfalls: »Haben sich Leute eingemischt? Die haben weggeguckt. Das war alles okay für sie. ›Fuck Israel‹, wurde mir ins Gesicht geschrien. Das hat niemanden interessiert«, sagte er der Zeitung. Der »Bild«-Zeitung sagte er, er habe vor vielen Jahren Karate gelernt. »Aber vier gegen eins, das ist ein bisschen schwer.«

zivilcourage Auch Bayerns Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle hatte seinerzeit mangelnde Zivilcourage beklagt. «Was mich besonders betroffen macht, ist die Tatsache, dass auch Bürgerinnen und Bürger, die den Vorfall offensichtlich gesehen haben, dem Rabbiner nicht zur Hilfe geeilt sind oder die Polizei verständigt haben», erklärte der CSU-Politiker nach dem Vorfall.

Brodman bleibe aber optimistisch, kündigte er an. »Die wenigen, die wirklich Angst haben, gehen fort. Die anderen bleiben hier und halten an ihrem Optimismus fest. Das sind die meisten. Dazu zähle auch ich mich«, sagte er der »Süddeutschen Zeitung« und meinte: »Wir hoffen, dass wieder bessere Zeiten kommen. Aber wir müssen wachsam sein.« Der »Bild« sagte er: »Wenn die Deutschen es schaffen würden, dass wir ungestört Juden sein können, das wäre das Beste. Das wäre ein Traum.« dpa/ja

Debatte

Zentralratspräsident zollt der Protestbewegung in Israel Respekt

Josef Schuster: Die Justizreform spaltet die israelische Gesellschaft als einzige Demokratie im Nahen Osten

 29.09.2023

Berlin

Gemeinsam am Gleis 17

Die Verteidigungsminister Israels und Deutschlands, Galant und Pistorius, gedenken der Opfer der Schoa

von Detlef David Kauschke  29.09.2023

Bamberg

Kritik an geplantem Maaßen-Vortrag in Jüdischer Gemeinde

Der Gemeindevorsitzende Rudolph weist Kritik daran zurück

 29.09.2023

Meinung

Auch wir waren Flüchtlinge

Ilan Cohn setzt beim Thema Migration auf Grenzkontrollen und ein Maximum an Menschenwürde

von Ilan Cohn  29.09.2023

Berlin

Verleihung der »ELNET Awards«

Engagement für die deutsch-israelischen Beziehungen und das jüdische Leben in Deutschland ausgezeichnet

 29.09.2023 Aktualisiert

Arrow 3

Gemeinsame Werte, gemeinsame Raketenabwehr

Zwei Unterschriften mit historischer Bedeutung wurden in Berlin geleistet

von Imanuel Marcus  28.09.2023

berlin

Michael Wolffsohn wird mit Landesorden geehrt

Überreicht werden die Ehrungen durch Berlins Regierenden Bürgermeister Wegner

 28.09.2023

Kanada

Trudeau entschuldigt sich für Nazi-Skandal im Parlament

Der Premier sprach von einer schreckliche Verletzung des Andenkens an Holocaust-Opfer

 28.09.2023

Weckruf

Wir machen uns Sorgen um euch

Unser Autor lebt seit langer Zeit in den USA – und ist über die politische Entwicklung in Deutschland zutiefst beunruhigt. Ein Brief an die alte Heimat

von Hannes Stein  28.09.2023