Auschwitz-Prozess

»Schwankende Gesundheit«

Oskar Gröning am Dienstagmorgen vor Prozessbeginn Foto: dpa

Im Lüneburger Auschwitz-Prozess gegen den früheren SS-Mann Oskar Gröning gibt es weitere Verzögerungen. »Es ist eine etwas schwankende Gesundheit bei Herrn Gröning festzustellen«, sagte der Vorsitzende Richter Franz Kompisch am Dienstag zum Auftakt der Verhandlung.

Das Gericht habe zur Sicherheit weitere Termine bis Ende November festgelegt. Ursprünglich sollte das Urteil bereits Ende Juli gesprochen werden. Gröning war am Dienstag zur Verhandlung erschienen, obwohl er nach eigenen Angaben noch bis zum Vortag im Krankenhaus gewesen war.

Bereits vorher gab es Probleme wegen der Gesundheit des 93-Jährigen. Auch an diesem Mittwoch wird der Termin ausgesetzt. Der frühere Buchhalter von Auschwitz muss sich wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen verantworten. Dabei geht es um die Zeit der sogenannten Ungarn-Aktion. Zwischen dem 16. Mai und dem 11. Juli 1944 wurden rund 425.000 jüdische Menschen aus Ungarn nach Auschwitz deportiert, von denen mindestens 300.000 in den Gaskammern getötet wurden.

Zyklon B Der Hamburger Rechtsmediziner Sven Anders schilderte am Dienstag die Wirkung des in den Gaskammern eingesetzten Giftes Zyklon B. Es könne binnen Sekunden zum Tod führen, sagte er. Je nach Konzentration könne sich der Todeskampf aber auch über eine halbe Stunde hinziehen. Es komme zu Atemnot, einem Druckgefühl in der Brust, Angstzuständen und Krampfanfällen, weil die Sauerstoffverwertung der Körperzellen blockiert werde.

Gröning war für das Gepäck der verschleppten Menschen in Auschwitz mit zuständig und verbuchte das Geld, das sie bei sich hatten. Der Prozess soll klären, ob der Mann aus der Lüneburger Heide an der Bahn-Rampe von Auschwitz-Birkenau Spuren der Massentötung verwischt hat, indem er half, das Gepäck der Deportierten wegzubringen. Gröning selbst hat ausgesagt, nur wenige Male vertretungsweise an der Rampe eingesetzt gewesen zu sein.

Wie auch in Lüneburg habe er bereits früher in einem Prozess vor dem Landgericht Duisburg angegeben, mehrfach seine Versetzung aus Auschwitz beantragt zu haben, sagte der ehemalige Duisburger Richter Dirk Struß. Gröning hatte Anfang der 1990er Jahre in dem Verfahren gegen einen SS-Mann ausgesagt, der in Auschwitz sein Stubenkamerad war. Dabei sei er »erstaunlich emotionsarm« gewesen, sagte Struß, so als würde »etwas heruntergespielt«.

Rampe Gröning habe berichtet, bis zu 24 Stunden an der Rampe Dienst getan zu haben, sagte Struß. Er habe aber betont, nur das Gepäck und keine Menschen beaufsichtigt zu haben. Wie häufig er an der Rampe eingesetzt war, sei damals nicht nachgefragt worden, sagte Struß, der immer wieder in seine alten Aufzeichnungen blickte.

Grönings Anwalt Hans Holtermann beantragte, weitere Zeugen zu früheren Aussagen Grönings zu hören. Im Prozess gegen den SS-Mann Gottfried Weise habe sich das Urteil auf die Angaben Grönings gestützt, sagte er. Andere SS-Leute hätten in dem Verfahren »eine schweigende Mauer« gebildet.

Holtermanns Antrag machte ein grundsätzliches Problem des Prozesses deutlich, der nach Ansicht der Nebenkläger-Anwälte viel zu spät geführt wird: Mehrere Beteiligte früherer Vernehmungen Grönings sind bereits gestorben. epd

Washington D.C.

US-Behörde wartet auf Daten zu attackierten Iran-Atomanlagen

In welche Tiefen drangen die bunkerbrechenden Bomben in die iranischen Atomanlagen vor? Die für die Entwicklung der Bomben zuständige Behörde hat darauf noch keine Antwort

 11.07.2025

Sarajevo/Berlin

Rabbiner: Srebrenica-Gedenken in Deutschland besonders wichtig

8.000 Tote und eine Wunde, die nicht verheilt: Heute gedenkt die Welt der Opfer des Massakers von Srebrenica. Das liberale Judentum sieht eine gemeinsame Verantwortung - auch bei der deutschen Erinnerungskultur

 11.07.2025

Brüssel

EU baut Drohkulisse gegen Israel auf

Die EU will Israel zu einer besseren humanitären Versorgung der Menschen in Gaza drängen - und präsentiert das Inventar ihrer Daumenschrauben

 11.07.2025

Berlin

Mehr Verfahren wegen Antisemitismus eingeleitet

Die Berliner Staatsanwaltschaft bearbeitet Hunderte Fälle mit antisemitischem Hintergrund

 11.07.2025

Berlin

Dobrindt hält am Nein zu AfD-Verbotsverfahren fest

Die SPD will ein AfD-Verbot erreichen. Skeptisch zeigt sich der Koalitionspartner: Der Bundesinnenminister verweist zudem auf erste Erfolge der Regierung, die wirkungsvoller seien als Verbote

 11.07.2025

Debatte

Stadt Langenau will antisemitische Angriffe vor Kirche stoppen

Im württembergischen Langenau wird eine Kirchengemeinde seit eineinhalb Jahren antisemitisch angefeindet. Zuletzt kam es zu Angriffen vor einer Kirche. Nun reagiert die Stadt - nach heftiger Kritik

von Norbert Demuth  10.07.2025

Meinung

Die Kirche schafft sich ab

Jetzt soll ausgerechnet der Antizionismus helfen, den gesellschaftlichen Niedergang der Kirche zu stoppen

von Josias Terschüren  10.07.2025

Nahost

»Wir werden uns dagegen weiter wehren«

Nach Huthi-Angriffen auf Handelsschiffe sind die Regierungen Deutschlands und Österreichs offen für eine Aufstockung der EU-Militäroperation »Aspides« im Roten Meer

 10.07.2025

Brüssel

EU-Chefdiplomatin lobt »konstruktiven Dialog« mit Israel

Die Außenbeauftragte Kaja Kallas hat in einer Erklärung Schritte zur Verbesserung der humanitären Lage im Gazastreifen angekündigt

 10.07.2025