Einspruch

Schusters Agenda

Heide Sobotka Foto: Stephan Pramme

Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist. Josef Schuster ist als Arzt Realist. An das Wunder eines springlebendigen, fröhlichen Judentums will der frisch gekürte Zentralratspräsident glauben, sagt er. Die Hoffnung darauf sei immer vorhanden.

Wie fragil diese Hoffnung allerdings sein kann, hat Schusters Vorgänger Dieter Graumann schmerzlich erfahren, der vor vier Jahren mit dem Anspruch, »endlich aus der Dauermeckerecke« herauszuwollen, angetreten war. Die Beschneidungsdebatte 2012 und der wütende Antisemitismus auf der Straße während des Gaza-Konflikts in diesem Jahr zwangen ihn in eine Mahnerposition, die er sich nicht ausgesucht hatte, ebenso wenig wie vor ihm Heinz Galinski, Ignatz Bubis, Paul Spiegel und Charlotte Knobloch.

sorge Auch Josef Schuster wird nicht umhinkönnen, als Präsident des politischen Dachverbands der Juden in Deutschland zu mahnen. Als langjähriger Vorsitzender der Würzburger Gemeinde und des bayerischen Landesverbandes weiß er aber auch, dass Gründe zur Sorge nicht nur von außen kommen. Die Zuwanderung Anfang der 90er-Jahre hatte frisches Blut in die jüdischen Gemeinden in Deutschland gespült.

Doch das ist inzwischen 25 Jahre her. Heute droht wieder eine Überalterung der jüdischen Gemeinschaft, wie schon vor einem Vierteljahrhundert. Junge Menschen finden selten den Weg in die Gemeinden. Kleine Gemeinden werden unter dem Mitgliederschwund leiden, möglicherweise wird es sie in zehn oder 15 Jahren nicht mehr geben. Von innergemeindlichen Verwerfungen und Machtspielen ganz zu schweigen.

Kein leichtes Erbe, das Josef Schuster antritt. Er weiß, was ihn erwartet, auch abseits des politischen Tagesgeschäfts, der Verbrüderung von Hooligans mit Nazis, dem Antisemitismus muslimischer Jugendlicher oder der als »Israelkritik« verbrämten Judenfeindschaft in der Mitte der Gesellschaft. Der neue Zentralratspräsident ist nicht zu beneiden. Doch Schuster ist Realist und darf deshalb an Wunder glauben.

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  02.05.2025

Meinung

Noch Zweifel?

Auch vor der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem war ihre antidemokratische Haltung offenkundig. Jetzt muss das Verbotsverfahren gegen die Partei endlich in die Wege geleitet werden

von Monty Ott  02.05.2025

München

Anschlag auf jüdisches Zentrum 1970: Rechtsextremer unter Verdacht

Laut »Der Spiegel« führt die Spur zu einem inzwischen verstorbenen Deutschen aus dem kriminellen Milieu Münchens

 02.05.2025

Meinung

Israelfeinde gegen Pressefreiheit

Journalisten sind immer häufiger Anfeindungen von »propalästinensischen« Aktivisten ausgesetzt. Das ist auch ein Angriff auf das Fundament unserer Gesellschaft

von Erica Zingher  02.05.2025

Interview

»Deutschlands Vorbildrolle steht radikal infrage«

Oliver von Wrochem über 80 Jahre Kriegsende, eine stärker werdende AfD und NS-Gedenkstätten als gesellschaftspolitische Akteure

von Sebastian Beer  02.05.2025

Auszeichnung

Margot Friedländer erhält Großes Verdienstkreuz

Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer erhält das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik. Steinmeier würdigt ihr Lebenswerk als moralische Instanz

 02.05.2025

Berlin

Was bedeutet die neue Einstufung für die AfD?

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Schritt des Verfassungsschutzes, die gesamte Partei als gesichert rechtsextrem einzustufen

von Anne-Beatrice Clasmann  02.05.2025

Deutschland

Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette und der angebliche »Völkermord an der palästinensischen Bevölkerung«

Lange lebte die frühere RAF-Terroristin Klette im Untergrund, ehe sie in Berlin verhaftet wurde. Am 1. Mai ist sie in Gedanken wieder in ihrer Kreuzberger Community

 02.05.2025

Josef Schuster

Zentralrat der Juden fordert mehr Klarheit im Umgang mit der AfD

Vertreter der Partei dürften nie »in staatstragende Funktionen gelangen«, so der Zentralratspräsident. Zuvor hatte der Verfassungsschutz die gesamte AfD als gesichert rechtsextrem eingestuft

 02.05.2025