Europawahl

Schuster zur Europawahl: »Lage noch dramatischer als 2019«

Wahlplakate zur Europawahl am 9. Juni Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto

Vor der Europawahl zeigt sich der Zentralrat der Juden sehr beunruhigt über das Erstarken von Parteien am rechten und linken Rand. »Ich muss ehrlich sagen, im Vergleich zu 2019 sehe ich die Lage heute leider noch dramatischer«, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster der Deutschen Presse-Agentur.

»Insgesamt gibt es in der EU einen hohen Zuspruch für populistische Parteien links und rechts.« In Deutschland erwarte sogar die teils als rechtsextrem eingestufte AfD einen deutlichen Stimmenzuwachs.

Zwar sei die Europäische Union durch Nationalisten noch nicht in akuter Gefahr – Umfragen zufolge dürften proeuropäische Parteien bei der Wahl Ende kommender Woche ihre Mehrheit halten. »Aber wenn man sieht, wo wir von 2019 herkommen, sollten wir diese Bedrohung nicht unterschätzen«, mahnte Schuster.

»Gangbarer Kompromiss«

Der Zentralratspräsident stellte sich hinter die noch kurz vor der Wahl verschärften EU-Asylregeln. Die Frage sei schwierig, sagte er. »Aber schon während der Flüchtlingsbewegung 2015 nach Deutschland habe ich für eine Begrenzung plädiert, einfach deshalb, weil auch die Möglichkeit der Integration von Menschen nicht grenzenlos ist und man die eigene Bevölkerung nicht überfordern darf.«

Asyl aus humanitären Gründen sei ein wichtiges Grundrecht, fügte Schuster hinzu. »Trotzdem muss es in meinen Augen eine Regulierung geben, die alle europäischen Staaten betrifft. Deshalb halte ich die neuen EU-Regeln für einen gangbaren Kompromiss.«

Zugleich forderte Schuster die EU und ihre Institutionen auf, mehr gegen Antisemitismus zu unternehmen. »Es geht auf europäischer Ebene auch und vor allem um Religionsfreiheit«, sagte der 70-jährige Arzt. »Einige EU-Staaten wie Belgien oder Polen diskutieren nach wie vor zum Beispiel ein Verbot des Schächtens – also der Schlachtung von Tieren entsprechend religiösen Vorgaben –, was letztendlich jüdisches Leben genauso unmöglich machen würde wie ein Verbot der Beschneidung. Religionsfreiheit muss EU-weit noch mehr in den Mittelpunkt rücken.«

Wesentliche Errungenschaften

Außenpolitisch würde »eine klare Haltung gegen das Mullah-Regime im Iran und eine unmissverständliche Solidarität mit dem iranischen Volk der EU sicher auch gut zu Gesicht zu stehen«, meinte Schuster. »Das bedeutet auch, dass die Revolutionsgarden endlich auf die Terrorliste gesetzt werden.«

Schuster nannte die Europäische Union trotz der Anfeindungen von innen und außen insgesamt eine »starke Organisation«. Als wesentliche Errungenschaften sehe er, »dass ich eine deutsche Außengrenze kaum noch bemerke und ohne Kontrolle in ein Nachbarland reisen kann und dass ich dort mit dem Euro zahlen kann, genauso wie auf deutschem Boden«. dpa

Existenzrecht Israels

Objektive Strafbarkeitslücke

Nicht die Gerichte dafür schelten, dass der Gesetzgeber seine Hausaufgaben nicht macht. Ein Kommentar

von Volker Beck  23.11.2025

Dortmund

Ermittlungen gegen Wachmann von NS-Gefangenenlager 

Die Polizei ermittelt gegen einen Ex-Wachmann des früheren NS-Kriegsgefangenenlagers in Hemer. Er soll an Tötungen beteiligt gewesen sein - und ist laut »Bild« inzwischen 100 Jahre alt

 22.11.2025

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Kommentar

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Martin Hikel, Neukölln und die Kapitulation der Berliner SPD vor dem antisemitischen Zeitgeist

Der bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025