Berlin

Scholz warnt vor Offensive in Rafah

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Foto: picture alliance / Flashpic

Obwohl Israel seine Ziele in Gaza - die Zerschlagung der palästinensischen Terrorgruppe Hamas und eine Befreiung der Geiseln - nicht geändert hat, findet in Berlin offenbar ein Sinneswandel statt. Bundeskanzler Olaf Scholz lehnt die von der israelischen Regierung geplante Militäroffensive in Rafah im Süden des Gazastreifens strikt ab.

»Wir warnen auch ausdrücklich vor einer großflächigen Offensive gegen Rafah«, sagte der SPD-Politiker am Montag bei der dpa-Chefredaktionskonferenz in Berlin. »Dort sind jetzt viele Menschen hin geflohen, für die es keine Fluchtalternative gibt, die nicht sicher sein können. Und man muss eine humanitäre Katastrophe verhindern.« Er bemängelte zudem, dass noch immer nicht genug humanitäre Hilfe in den Gazastreifen gelange.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu treibt Planungen für eine solche Bodenoffensive in der Stadt an der Grenze zu Ägypten voran. Eine Aufrechterhaltung des militärischen Drucks ist dabei mit ausschlaggebend. Rafah gilt als letzte Hochburg der Hamas-Terroristen.

Zweistaatenlösung encore

Scholz sprach sich erneut für eine Zweistaatenlösung aus - »ein friedliches Nebeneinander eines israelischen Staates und eines palästinensischen Staates«. Die soeben bekannt gewordenen Pläne Netanjahus für eine Verwaltung des Gazastreifens nach dem Krieg lehnte der Kanzler ab.

»Die Vorschläge, die wir jetzt aus Israel kennengelernt haben, überzeugen nicht. Es wird kein Weg vorbeiführen an einer Eigenstaatlichkeit eines palästinensischen Staates, der Westbank und Gaza umfasst.« Ein solcher Staat wurde der Palästinenserführung in den vergangenen 25 Jahren mehrfach angeboten. Sie lehnte ab.

»Irgendwelche Formen einer organisierten Verwaltung sind keine Eigenstaatlichkeit mit Selbstverwaltungsperspektive«, sagte Scholz auch. Eine einseitige Anerkennung eines palästinensischen Staates wäre zum jetzigen Zeitpunkt aber »kein geeigneter Weg«. In letzterem Punkt stimmt er mit der israelischen Regierung überein.

Vage Formulierung

Nach israelischen Zeitungsberichten hatte Netanjahu dem Sicherheitskabinett einen Plan vorgelegt, der - wie von ihm zuvor immer wieder bekräftigt - die volle Sicherheitskontrolle über das gesamte Küstengebiet durch das israelische Militär vorsieht. So soll vermieden werden, dass Israel weiterhin dauernd attackiert wird, wie dies seit der Staatsgründung von 1948 konstant der Fall war und weiterhin ist.

Bezüglich der künftigen Verwaltung des Gazastreifens heiße es in dem Grundsatzpapier in vager Formulierung, sie würde von »lokalen Beamten« mit fachlicher Erfahrung geleitet. Dabei werde es sich um Personen handeln, die keine Verbindungen zu »Ländern oder Organisationen, die den Terrorismus unterstützen«, hätten. dpa/ja

Essay

Ausweg Palästina

Große Teile der Linken sind mit der Komplexität der Gegenwart überfordert. Orientierung suchen sie ausgerechnet im Hass auf den jüdischen Staat. Mit progressiver Politik hat das wenig zu tun

von Jessica Ramczik, Monty Ott  13.09.2025

Sachsenhausen

120 Minuten Holocaust

Angesichts des grassierenden Antisemitismus sollen Schüler zum Besuch einer NS-Gedenkstätte verpflichtet werden. Doch was kann eine Führung vor Ort tatsächlich bewirken?

von Mascha Malburg  13.09.2025

Brüssel

»Gegen EU-Grundwerte«: Kommission verurteilt Festival

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission hat den Boykott der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani in die Nähe von Antisemitismus gerückt und scharf verurteilt

von Michael Thaidigsmann  12.09.2025

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Berlin

Humboldt-Universität will gegen Antisemitismus vorgehen

Präsidentin Julia von Blumenthal sieht ihre Hochschule für künftige Auseinandersetzungen rund um den Nahost-Konflikt gut vorbereitet

von Lukas Philippi  12.09.2025

Kommentar

Die Genozid-Lüge

Wie die Hamas nach dem 7. Oktober vom Täter zum Opfer wurde – und Israel zur Verkörperung des Bösen schlechthin

von Stephan Lehnstaedt  12.09.2025

Nachkriegsjustiz

Verhandlung über Massenmord: Vor 80 Jahren begann der Belsen-Prozess

Fünf Monate nach der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen erhob ein britisches Militärgericht in Lüneburg Anklage gegen die Täter. In einer Turnhalle begann damit vor 80 Jahren der erste große NS-Kriegsverbrecherprozess in Deutschland

von Karen Miether  12.09.2025

Belgien

Deutsche Botschaft beendet Partnerschaft mit Gent-Festival

Die Deutsche Botschaft in Brüssel hat nach der Ausladung der Münchner Philharmoniker ihre Zusammenarbeit mit dem Flandern-Festival in Gent eingestellt

von Michael Thaidigsmann  11.09.2025

Debatte

Zentralrat: Ausladung Shanis ist »fatales Signal«

Wer einen Künstler aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder seiner jüdischen Religion ausgrenzt und diskreditiert, trete die Demokratie mit Füßen

 11.09.2025