Wuligers Woche

Sahra Wagenknecht steht auf

Foto: dpa

Aufstehen» heißt Sahra Wagenknechts neue linke Sammlungsbewegung, die am 4. September starten will. Der Name sorgt in den sozialen Medien schon für Gespött. Volker Beck, der ehemalige Grünen-Abgeordnete, fühlte sich auf Twitter an «Deutschland erwache» erinnert; anderen Usern fiel Theodor Körners Zeile «Nun, Volk, steh auf, und Sturm, brich los» ein, die Joseph Goebbels 1943 in seiner Berliner Sportpalastrede zitierte, als er die Volksgenossen für den totalen Krieg begeisterte.

Das ist natürlich etwas unfair. Frau Wagenknecht will sicherlich nicht bewusst an Naziparolen anknüpfen. Interessante Assoziationen birgt der Name des Vereins dennoch. Mit dem Aufstehen hat es die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei nämlich nicht immer so gehabt. Sitzenbleiben war eher ihr Ding.

gedenken 2010 hielt Schimon Peres im Bundestag eine Rede zum Gedenken an die Opfer der NS-Zeit. Er erinnerte dabei nicht nur an die Ermordeten, sondern wies auch auf die aktuelle Bedrohung Israels durch den Iran hin. Für Sahra Wagenknecht und zwei ihrer Genossinnen war das Grund genug, demonstrativ sitzen zu bleiben, als sich alle anderen Abgeordneten nach Peres’ Rede zu stehendem Beifall erhoben.

«Einem Staatsmann, der selbst für Krieg mitverantwortlich ist, kann ich einen solchen Respekt nicht zollen», begründete sie ihr Verhalten. Wobei sie selbstverständlich toten Juden gerne ihre Reverenz erweist: «Vor den Opfern der Schoa verneige ich mich in tiefer Demut.» Auch in der eigenen Partei sorgte das für Empörung. Zuspruch kam dafür von der NPD (die AfD gab es damals noch nicht). Deren Vorstandsmitglied Jürgen Gansel lobte den «Tabubruch» der Linken-Abgeordneten, den er als «Ersatz-Knesset» bezeichnete.

Bei ähnlichen Anlässen hätten NPD-Politiker, so Gansel, «solche Canossa-Veranstaltungen immer sofort verlassen» oder seien gar nicht erst erschienen. «Aber im Blickkontakt mit einem jüdischen Redner, der von deutschen Politikern nur den Kriechgang und die Anerkennung von ›Kollektivschuld‹ und ›Erbschuld‹ kennt, den Betroffenheitsapplaus zu verweigern, hat noch eine andere tabubrecherische Qualität.»

Unterbewusstsein Für ihr erklärtes Ziel, mit «#aufstehen» auch rechte Wähler zu gewinnen, bringt Sahra Wagenknecht also beste Voraussetzungen mit. Andererseits: Man soll nicht nachtragend sein. Das alles ist schon acht Jahre her. In der Zeit hat die Linkenpolitikerin ihre Positionen schon häufiger, sagen wir mal, modifiziert. Möglicherweise tut ihr im Nachhinein ihr damaliges Verhalten leid, auch wenn sie sich davon nie distanziert hat. Aber das Unterbewusstsein geht manchmal seltsame Wege.

Kann sein, dass Sahra Wagenknecht deshalb diesen Namen für ihr politisches Projekt gewält hat. Heute würde sie wahrscheinlich sogar auch für Schimon Peres aufstehen. Zumal der seit zwei Jahren verstorben ist. Und gegen tote Juden hat die Führerin der neuen Bewegung ja nichts.

Be'eri

Nach dem 7. Oktober

Daniel Neumann hat den Kibbuz Be’eri besucht und fragt sich, wie es nach all dem Hass und Horror weitergehen kann. Er weiß, wenn überhaupt, dann nur in Israel

von Daniel Neumann  31.12.2025

Terror

Warum?

Die nichtjüdische Deutsche Carolin Bohl wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas brutal ermordet. Hier nimmt ihre Mutter Abschied von der geliebten Tochter

von Sonja Bohl-Dencker  31.12.2025

Deutschland

Bildungszentrum von Yad Vashem soll Leerstelle füllen

Das in Deutschland geplante Bildungszentrum der Gedenkstätte Yad Vashem soll ein größeres Bild in den Dialog der Erinnerungskultur bringen

 31.12.2025

Rohstoffe

Wandel durch Handel

Der Erdgasdeal zwischen Israel und Ägypten hat auch eine sicherheitspolitische Dimension

von Sabine Brandes  31.12.2025

Arlington (Virginia)

USA genehmigen Milliardenauftrag: Neue F-15-Kampfjets für Israel

Der Vertrag umfasst die Entwicklung, Integration, Erprobung, Produktion und Lieferung von zunächst 25 neuen Maschinen

 30.12.2025

Einspruch

Solidarität mit Somaliland

Sabine Brandes findet Israels Anerkennung der Demokratie am Horn von Afrika nicht nur verblüffend, sondern erfrischend

von Sabine Brandes  30.12.2025

Meinung

Für mich heißt Neujahr Nowy God

Das Neujahrsfest hat mit dem Judentum eigentlich nichts zu tun. Trotzdem habe ich warme Erinnerungen an diesen Feiertag

von Jan Feldmann  30.12.2025

London

Vorwurf gegen Facebook: Beiträge feiern Mord an Juden und bleiben online

»Die Beiträge, die den Anschlag von Bondi feiern, sind schlicht widerwärtig«, sagt Dave Rich von der jüdischen Organisation CST in England

 30.12.2025

Berlin

Tagung »Digitale Horizonte«: Wie sich Erinnerungskultur im digitalen Zeitalter wandelt

Wie verändert die Digitalisierung das kollektive Erinnern? Welche Chancen eröffnen neue Technologien – und wo liegen ihre Grenzen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Konferenz

 30.12.2025