Antisemitismus

»Raffgierige Religion«

NPD-Wahlplakat in der Nähe des Jüdischen Museums Berlin, 2011 Foto: dpa

Im Jahr 1964 wurde die Nationaldemokratische Partei Deutschlands, kurz NPD, gegründet. Sie verstand sich von Anfang an als Sammelbecken der zersplitterten rechtsextremen Szene und schaffte bis 1968 den Einzug in sieben Landtage. Bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg erhielt sie 1968 mit 9,8 Prozent das höchste Ergebnis ihrer Geschichte, scheiterte aber bei der Bundestagswahl 1969 mit 4,3 Prozent an der Fünfprozenthürde. Es folgte trotz einiger Erfolge bei Landtagswahlen der Abstieg.

Am 1. März beginnt vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die mündliche Verhandlung zum beantragten Verbot der Partei, in der der Hass auf Juden immer prägend war. Eine Chronik des Antisemitismus der NPD in den vergangenen 22 Jahren:

1994 Günter Deckert, NPD-Bundesvorsitzender von 1991 bis 1996, im NPD-Organ »Deutsche Stimme«: »Die ›Einzigartigkeit‹ hat niemand gepachtet, und schon gar nicht Judenführer Bubis, der noch immer an der ›symbolischen Zahl‹ festhält, obwohl auch diese Zahl unter der Zahl der gemordeten und geschändeten Deutschen liegt, die mit Billigung, Duldung und dem Wissen der Sieger-Demokraten von 1945 von ihrem Leben ›befreit‹ wurden.«

Oktober 1998 »Deutsche Zukunft«, herausgegeben vom NPD-Landesverband Nordrhein-Westfalen: »Die deutsche Regierung, samt Opposition, verhalten sich wie Marionetten einer jüdisch-amerikanischen Protektoratsregierung über Deutschland!« Im selben Heft: »Nach dem Leuchter-Gutachten wissen eigentlich alle interessierten Chemiker, Physiker und Politiker, selbstverständlich auch die Zionisten, dass sich Cyklon B nicht zur industriellen Tötung von Menschen eignet.«

Oktober 2000 Horst Mahler, Ex-RAF-Anwalt und von 2000 bis 2003 NPD-Mitglied und -Ideologe, fordert ein »Verbot der jüdischen Gemeinden in Deutschland« und bezeichnet den Judaismus »als eine tödliche Gefahr für die Völker«.

Juni 2002 NPD-Pressemitteilung anlässlich der Möllemann-Affäre: Freies Denken und Handeln seien in Deutschland erst möglich, »wenn der Einfluss und die Macht des Zentralrates der Juden gebrochen« würden.

Juli 2003 Horst Mahler: »Den Holocaust gab es nicht. Die Wahrheit siegt. Die Lüge vernichtet sich selbst.«

Januar 2006 Holger Apfel im Sächsischen Landtag: »Die NPD-Fraktion wird sich nicht an einseitigen Sühnebekenntnissen beteiligen – weder in Auschwitz noch anderswo. Wer unbedingt seine Schuldkomplexe pflegen will, der soll das aus seiner Privatkasse tun und nicht auf Kosten des Steuerzahlers.«

November 2007
Jürgen Gansel, Landtagsabgeordneter der NPD in Sachsen: »Wieder einmal hat sich die BRD-Justiz als Hure der antideutschen Politik erwiesen. Juden unterliegen einem weitgehenden strafbewehrten Kritikverbot, dürfen gegen volkstreue Deutsche und deren Partei aber hetzen und beleidigen, wie es ihnen passt. Die ›Auserwählten‹ genießen Sonderrecht.«

September 2008 Jürgen Gansel in der »Deutschen Stimme«: »Für Juden ist es natürlich eine gruselige Vorstellung, dass nebenan ein arabischer Völkermord-Lüstling hausen könnte, der ihnen überdies noch ihr angemaßtes Monopol als Opfer der Weltgeschichte streitig macht.«

Februar 2009 Udo Pastörs, NPD-Bundesvorsitzender (2013–2014): »Weil das gesamte Finanzgebäude dieser Juden-Republik in den nächsten zwei Jahren zusammenbrechen wird. (…) Sagt Ihnen der Name Allan Grünspan etwas? Der eine hat vor nicht allzu langer Zeit noch große Sprüche geklopft, dass es durchaus seriös sei, auf das Eigenkapital von Banken 20 und 25 Prozent Rendite zu erwirtschaften. Und Ackermann und Konsorten-Gaunertum haben ihm das nicht nur nachgemacht, sondern die sind dieser Krummnase kräftig auf den Leim gegangen.«

Oktober 2009 Jürgen Gansel: »Alan Greenberg, Aufsichtsrat von Bear Stearns, und Lloyd Blankfein, Vorstandsvorsitzender von Goldman Sachs, vertrauten auf ihr jüdisches Sonderverhältnis zum Geld und gaben gegenüber der amerikanischen Öffentlichkeit die Parole ›alles koscher‹ aus.«

Januar 2010 Udo Pastörs: Hitlers Plan der »Vernichtung des jüdischen Bolschewismus« sei eine »gute Idee« gewesen.

Juni 2010 Holger Apfel beantragt im Sächsischen Landtag eine Debatte zum Thema: »Keine Zusammenarbeit mit ›Schurkenstaaten‹ – sächsisch-israelische Partnerschaft beenden«.

Sommer 2011 Anlässlich der Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus plakatierte die NPD Bilder ihres damaligen Vorsitzenden Udo Voigt mit dem Slogan »Gas geben!« – auch vor dem Jüdischen Museum.

Januar 2013: Die NPD in Sachsen nennt den damaligen Präsidenten des Zentralrats, Dieter Graumann, einen »frechen Chefhebräer« und eine Synagogengemeinde eine »raffgierige Religionskörperschaft«.

Österreich

Hitler-Geburtsort Braunau benennt Straßennamen mit NS-Bezug um

Ausgerechnet in Adolf Hitlers Geburtsort gibt es bis dato nach Nationalsozialisten benannte Straßen. Das soll sich ändern - und trifft bei einigen Politikern auf Widerstand

 03.07.2025

Hamburg

Hamas-Anhänger tritt bei staatlich gefördertem Verein auf

Das Bündnis Islamischer Gemeinden in Norddeutschland wird durch das Programm »Demokratie leben« gefördert und lud einen Mann ein, der Sinwar als »Märtyrer« bezeichnet hat

 03.07.2025

«Stimme der verstummten Millionen»

Anita Lasker-Wallfisch blickt ernüchtert auf die Welt

Sie gehörte dem Mädchen-Orchester von Auschwitz an, überlebte das Lager und später das KZ Bergen-Belsen. Am 17. Juli wird die Cellistin Anita Lasker-Wallfisch 100. Und ist verzweifelt angesichts von Antisemitismus, Rechtsruck und Krieg, sagt ihre Tochter

von Karen Miether  03.07.2025

Janusz-Korczak-Preis

»Eine laute Stimme für Frieden und Gerechtigkeit in dieser Welt«

Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann wurde mit dem Janusz-Korczak-Preis für Menschlichkeit ausgezeichnet. Die Laudatio hielt der Professor für Internationale Politik und Konfliktexperte Carlo Masala. Die Rede im Wortlaut

von Carlo Masala  03.07.2025

Ravensbrück

KZ-Gedenkstätte erhält 207 Interviews mit Überlebenden

Grimme-Preisträgerin Loretta Walz führte über 30 Jahre Gespräche mit den Überlebenden, nun übergab sie den letzten Teil der Sammlung

von Daniel Zander  03.07.2025

Geschichte

Rechts und links: Wie die AfD ein falsches Goebbels-Zitat verbreitet

Ein Faktencheck

 02.07.2025

Reaktionen

Massive Kritik an Urteil über Charlotte Knoblochs Ex-Leibwächter

Der Mann bewachte die Präsidentin der IKG München, obwohl er sich privat judenfeindlich und rassistisch äußerte. Für das Verwaltungsgericht nicht genug, um ihn aus dem Polizeidienst zu entlassen

 02.07.2025

Kommentar

Justiz: Im Zweifel für Antisemitismus?

Ein Verwaltungsgerichtsurteil lässt große Zweifel aufkommen, dass es alle mit der Bekämpfung von Antisemitismus unter Beamten ernst meinen

von Michael Thaidigsmann  02.07.2025

Nach Skandal-Konzert

Keine Bühne bieten: Bob-Vylan-Auftritt in Köln gestrichen

Die Punkband hatte beim Glastonbury-Festival israelischen Soldaten den Tod gewünscht

 02.07.2025