USA

QAnon und Joe Bidens Amtsantritt

Foto: Getty Images/iStockphoto

Dieser Mittwoch muss für überzeugte »QAnon«-Anhänger ein ganz harter Tag gewesen sein. Legionen von Verschwörungsideologen hatten seit Jahren darauf gewartet und sich gegenseitig bestärkt, auf »den Plan zu vertrauen«, dass Donald Trump Massenverhaftungen befehlen, Militärgerichte ins Leben rufen und die Hinrichtung seiner satanischen, kinderschändenden Feinde organisieren werde.

Doch dann schied ihr Held einfach aus dem Präsidentenamt und Joe Biden wurde als sein Nachfolger vereidigt. Kein »Sturm«, keine apokalyptische Abrechnung mit prominenten Demokraten und Trumps Feinden aus dem angeblichen »tiefen Staat«, wie sie die »QAnon«-Gemeinde gläubig erwartet hatte.

Anhänger reagierten enttäuscht, verwirrt und zornig. Mancher fiel sogar vom Glauben ab wie ein hier nicht namentlich erwähnter QAnon-Befürworter, der irre Wahlfälschungstheorien verbreitet hatte. »Wir haben alles gegeben«, schrieb er, Minuten nachdem Biden seinen Eid abgelegt hatte, auf Telegram. »Jetzt müssen wir die Ohren steif halten und in unser Leben zurückkehren, so gut wie wir können.«

Doch es sei noch zu früh, um sagen zu können, ob der 20. Januar ein Wendepunkt für »QAnon« gewesen ist, sagt »QAnon«-Experte Mike Rothschild, der Autor des Buches »Der Sturm ist über uns«, das in Kürze erscheinen soll. »Ich denke, diese Leute haben zu viel aufgegeben und in ihren Familien und ihrem persönlichen Leben zu viel geopfert«, schätzt Rothschild. »Sie haben so vollständig daran geglaubt, dass die meisten von ihnen jetzt nicht einfach so fortgehen und ins Reich der Wirklichkeit zurückkehren können.«

Daran ändern auch die Trolle und Scherzbolde nichts, die sich in einschlägigen »QAnon«-Foren amüsierten, kaum dass Biden das Präsidentenamt übernommen hatte. Einige langjährige »QAnon«-Aktivisten im Internet kündigten als Konsequenz an, die Sozialen Medien zu meiden - wenn auch nur für einige Zeit. »Trump hat gesagt: «Das Beste kommt erst noch.» - Ich gebe nicht auf«, versicherte Telegram-Nutzer Qtah seinen 30.000 Abonnenten, bevor er sich in eine selbst auferlegte Sendepause zurückzog.

Konkurrierende Gruppen aus dem rechten Spektrum versuchten, die Gunst der Stunde zu nutzen, um desillusionierte »QAnon«-Jünger für die rassistische Ideologie einer Vorherrschaft der Weißen zu rekrutieren.

»QAnon« war 2017 zunächst in eher abseitigen Online-Diensten aufgetaucht und später auf Mainstream-Plattformen wie Twitter und Facebook weiter gewandert. Dort fanden die Verschwörungsmythen Tausende Anhänger, bis die großen Plattformen nach dem Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol Anfang Januar Zehntausende Nutzerkonten sperrten.

Einige besonders eifrige Verschwörungsideologen wichen danach auf kleinere Soziale Medien wie MeWe oder die Messaging-App Telegram aus. Andere blieben auf Facebook und Twitter aktiv und schworen ihre Anhänger auf die Hoffnung ein, dass Trump Mittel und Wege finden würde, im Amt zu bleiben und den »tiefen Staat« bloßzustellen, der nach ihrer Ansicht ein Netzwerk hoher Regierungsbeamter ist, die einen Kinderschänderring betreiben.

»Diese Amtseinführung, die wir kommen sehen werden ... ich sage Euch, das wird das größte Ding, das wir je in der Geschichte der Vereinigten Staaten gesehen haben«, prophezeite ein Sänger, der »QAnon«-Verschwörungsmythen verbreitet. Sein Video wurde seit Montag auf Facebook mehr als 350.000 Mal abgerufen.

Doch Joe Bidens Amtseinführung am Mittwoch kam und der demokratische Machtwechsel erwies sich als unspektakulär. Viele »QAnon«-Anhänger versuchten, das Geschehene irgendwie mit ihren Verschwörungsmythen in Einklang zu bringen. Trump werde in Bidens Amtszeit »Schattenpräsident« sein, schrieben einige im Internet. Andere verbreiteten die Idee, die Vereidigungszeremonie sei nur eine Computeranimation oder bei Biden selbst handle es sich um den geheimnisvollen Regierungsinsider »Q«, der durch kryptische Andeutungen über eine Verschwörung die »QAnon«-Theorie angestoßen haben soll.

Andere Teile der »QAnon«-Gemeinde verbrachten den Mittwoch damit, Biden einen unrechtmäßigen Präsidenten zu nennen und seinen Demokraten wieder einmal Wahlbetrug vorzuwerfen. Die republikanische Kongressabgeordnete Marjorie Taylor Green verlangte auf Twitter Facebook und Telegram ein Amtsenthebungsverfahren gegen Biden.

Es gab sogar Verschwörungsmythiker, die noch am Mittwoch Belege für die Richtigkeit ihrer Prophezeiungen entdeckten. Trump habe seine Abschiedsrede am Morgen vor genau 17 US-Flaggen gehalten, stellten diverse Nutzer in Sozialen Medien fest. Das sei ein wichtiges Zeichen, denn Q, das Erkennungszeichen von »QAnon«, ist der 17. Buchstabe im Alphabet. »Ich glaube, das Spiel läuft noch. Das ist noch nicht vorbei«, zeigte sich ein »QAnon«-Nutzer auf Telegram vor seinen 26.000 Followern überzeugt. dpa

Deutschland

»Das ist Verrat am Vaterland«

Unionsfraktionschef Jens Spahn äußert sich einmal mehr klar zur AfD

 17.11.2025

Auszeichnung

»Fair auf Israel blicken, ohne Schaum vor dem Mund«

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat den Augsburger Friedenspreis erhalten. In seiner Dankesrede warb er für einen unvoreingenommenen Blick auf den jüdischen Staat

 17.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  17.11.2025

Berlin

Bundesregierung hebt Stopp der Rüstungsexporte nach Israel wieder auf

Die Waffenruhe in Gaza hält seit mehr als fünf Wochen. Die Bundesregierung nimmt das zum Anlass, ihre massiv kritisierte Entscheidung aus dem Sommer rückgängig zu machen

von Michael Fischer  17.11.2025

USA

Kehrtwende? Trump empfiehlt Abstimmung über Epstein-Akten

Der Fall des Sexualstraftäters lässt den US-Präsidenten nicht los. Vor einer Abstimmung im Repräsentantenhaus gibt er einen überraschenden Rat an seine Partei

von Anna Ringle  17.11.2025

Extremismus

Beobachtungsstelle: Tausende christenfeindliche Straftaten in Europa

Europa gilt immer noch als christlicher Kontinent. Doch Experten warnen: Christen sind von einem Klima wachsender Intoleranz bedroht. Auch in Deutschland muss die Lage Besorgnis erregen

 17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Deutschland

Auktion von Besitztümern von NS-Opfern abgesagt

Im Online-Katalog waren unter anderem Dokumente und Post von NS-Verfolgten aus Konzentrationslagern sowie Täterpost zu finden

 16.11.2025 Aktualisiert

Meinung

Mit Martin Hikel geht einer, der Tacheles redet

Der Neuköllner Bürgermeister will nicht erneut antreten, nachdem ihm die Parteilinke die Unterstützung entzogen hat. Eine fatale Nachricht für alle, die sich gegen Islamismus und Antisemitismus im Bezirk einsetzen

von Joshua Schultheis  16.11.2025