Gaza

Palästinensischer Regierungschef will »Marshallplan«

Mohammed Schtaje, Ministerpräsident der Palästinensischen Autonomiegebiete Foto: picture alliance/dpa

Der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Schtaje hat die internationale Gemeinschaft zu einem Aufbauprogramm für den schwer zerstörten Gazastreifen aufgerufen. »Wir brauchen einen Marshallplan für den Gazastreifen«, sagte Schtaje der Deutschen Presse-Agentur am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz.

Dieser Plan müsse aus drei Komponenten bestehen: Nothilfe, Rekonstruktion und einer Wiederbelebung der Wirtschaft. »Wir wissen aus Satellitenaufnahmen, dass 45 Prozent des Gazastreifens zerstört sind. Das bedeutet 281.000 Wohneinheiten, die vollständig oder teilweise zerstört sind.« Eine Reparatur könne teils schon in Wochen oder Monaten möglich sein. Schtaje: »Das bedeutet, wir brauchen dafür viel Geld.« Mit den Vereinten Nationen laufe eine Untersuchung, wie man der größten Not begegnen könne.

Der Regierungschef, der mit seiner Autonomiebehörde (PA) im Westjordanland sitzt und keine faktische Kontrolle über den vielmehr von der palästinensischen Terrororganisation Hamas beherrschten Gazastreifen hat, warnte Israel erneut davor, die in den Süden des Küstenstreifens geflüchteten Palästinenser mit einer Militäroffensive nach Ägypten zu vertreiben. Dies hat Israel allerdings gar nicht vor.

Nahost und Ukraine

Stattdessen solle Israel die Menschen zurück in ihre Häuser lassen. Dafür müsse Israel Hilfslieferungen in den nördlichen Gazastreifen erlauben und Wasser und Strom wieder anschalten. »Die Leute zurück in ihre Häuser zu lassen, Israel will das vielleicht nicht machen. Aber darüber haben wir in München bei allen Treffen mit Washington, mit Deutschland, Großbritannien und anderen Staaten gesprochen«, sagte er.

Die PA unterstützt den Terror, indem sie Terroristen, die Israelis ermorden, Gehälter bezahlt. Dies gibt der vor 18 Jahren für vier Jahre gewählte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas offen zu.

Die Lage in Nahost war neben dem Krieg in der Ukraine ein Hauptthema auf der Münchner Sicherheitskonferenz, wo Regierungschefs, Minister, Militärexperten und Wissenschaftler bis Sonntag drei Tage lang mit internationalen Organisationen beraten hatten. Immer wieder ging es auch um Russland.

Gespräche in Moskau

Auf Einladung der russischen Regierung werden noch im Februar in Moskau auch erstmals wieder die Vertreter der unterschiedlichen palästinensischen Gruppierungen zusammenkommen. Dabei treffen die im Westjordanland dominierenden Fatah-Leute auf Vertreter der Hamas, die Israel am 7. Oktober aus dem Gazastreifen angegriffen und mit ihren Gräueltaten den Auftakt zu der Eskalation der Gewalt geliefert hatte. Beide Organisationen waren in den vergangenen Jahren erbitterte Rivalen.

»Nun, die Russen haben sich entschieden, alle palästinensischen Fraktionen einzuladen«, sagte Schtaje. »Und unsere Hoffnung ist: Wir brauchen Einigkeit, und die Hamas sollte Teil der palästinensischen politischen Arena sein.« Ziel sei es, sie auf gemeinsame Ziele unter dem Dach der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) zu verpflichten.

»Die Weisungen für unsere Delegation sind klar. Wir kommen aufgeschlossen. Unsere Herzen sind offen. Wir müssen diese Teilung nach klaren Spielregeln beenden«, sagte der Fatah-Mann Schtaje.

Hamas kein Partner

Allerdings ist absehbar, dass es in westlichen Regierungen viele gibt, die die Hamas nach den Angriffen auf Israel, der Verschleppung von Menschen, den Berichten über Mord und Vergewaltigung, nicht als Partner akzeptieren. Dagegen geht Schtaje davon aus, dass sich die internationale Gemeinschaft als Teil einer umfassenderen Lösung auf ein Szenario einlassen könnte, bei dem der Hamas noch eine Rolle habe.

Schtaje: »Wir müssen die ganze palästinensische Angelegenheit im Westjordanland, in Jerusalem und in Gaza für uns regeln, um den Konflikt zu beenden.« Ziel sei, dass sich ein Angriff wie am 7. Oktober nicht wiederhole. Weiterhin liefen mit Beteiligten Katars und Ägyptens auch die Gespräche über eine Freilassung der von der Hamas verschleppten Israelis. Weder die PA, noch die Fatah haben die Terrorattacke vom 7. Oktober bisher offiziell verurteilt.

Katastrophal sei die Situation in Rafah, im südlichen Gazastreifen an der Grenze zu Ägypten, wo viele Palästinenser Schutz gesucht haben. »Keine Nahrung, kein Wasser, kein Strom, der Lebensmittelnachschub ist sehr begrenzt. Nur acht Prozent des Bedarfs kommen über Rafah in den Gazastreifen«, sagte Schtaje. Die Menschen dort seien verängstigt und »extrem wütend«. Teile ihrer eigenen Führung, nämlich die Hamas, brachten sie in diese Lage. dpa/ja

Österreich

Hitler-Geburtsort Braunau benennt Straßennamen mit NS-Bezug um

Ausgerechnet in Adolf Hitlers Geburtsort gibt es bis dato nach Nationalsozialisten benannte Straßen. Das soll sich ändern - und trifft bei einigen Politikern auf Widerstand

 03.07.2025

Hamburg

Hamas-Anhänger tritt bei staatlich gefördertem Verein auf

Das Bündnis Islamischer Gemeinden in Norddeutschland wird durch das Programm »Demokratie leben« gefördert und lud einen Mann ein, der Sinwar als »Märtyrer« bezeichnet hat

 03.07.2025

«Stimme der verstummten Millionen»

Anita Lasker-Wallfisch blickt ernüchtert auf die Welt

Sie gehörte dem Mädchen-Orchester von Auschwitz an, überlebte das Lager und später das KZ Bergen-Belsen. Am 17. Juli wird die Cellistin Anita Lasker-Wallfisch 100. Und ist verzweifelt angesichts von Antisemitismus, Rechtsruck und Krieg, sagt ihre Tochter

von Karen Miether  03.07.2025

Janusz-Korczak-Preis

»Eine laute Stimme für Frieden und Gerechtigkeit in dieser Welt«

Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann wurde mit dem Janusz-Korczak-Preis für Menschlichkeit ausgezeichnet. Die Laudatio hielt der Professor für Internationale Politik und Konfliktexperte Carlo Masala. Die Rede im Wortlaut

von Carlo Masala  03.07.2025

Ravensbrück

KZ-Gedenkstätte erhält 207 Interviews mit Überlebenden

Grimme-Preisträgerin Loretta Walz führte über 30 Jahre Gespräche mit den Überlebenden, nun übergab sie den letzten Teil der Sammlung

von Daniel Zander  03.07.2025

Geschichte

Rechts und links: Wie die AfD ein falsches Goebbels-Zitat verbreitet

Ein Faktencheck

 02.07.2025

Reaktionen

Massive Kritik an Urteil über Charlotte Knoblochs Ex-Leibwächter

Der Mann bewachte die Präsidentin der IKG München, obwohl er sich privat judenfeindlich und rassistisch äußerte. Für das Verwaltungsgericht nicht genug, um ihn aus dem Polizeidienst zu entlassen

 02.07.2025

Kommentar

Justiz: Im Zweifel für Antisemitismus?

Ein Verwaltungsgerichtsurteil lässt große Zweifel aufkommen, dass es alle mit der Bekämpfung von Antisemitismus unter Beamten ernst meinen

von Michael Thaidigsmann  02.07.2025

Nach Skandal-Konzert

Keine Bühne bieten: Bob-Vylan-Auftritt in Köln gestrichen

Die Punkband hatte beim Glastonbury-Festival israelischen Soldaten den Tod gewünscht

 02.07.2025