Interview

»Ohne Scheuklappen«

Zentralratspräsident Josef Schuster Foto: Marco Limberg / Zentralrat der Juden in Deutschland

Herr Schuster, vergangene Woche hat die Konrad-Adenauer-Stiftung eine viel beachtete Studie veröffentlicht, wonach Antisemitismus unter Muslimen in Deutschland stärker verbreitet ist als im Rest der Bevölkerung. Überrascht Sie das Ergebnis?
Leider nicht wirklich, aber ich möchte hier differenzieren: Verbale und körperliche Übergriffe gegen Juden im öffentlichen Raum kommen meiner Wahrnehmung nach großenteils aus dem muslimisch geprägten Milieu. Dies hat teils schwerwiegende Folgen für die Betroffenen. Wenn es aber um schwere Gewalt und Terror geht, ist der Rechtsextremismus eine größere Gefahr.

Tun die demokratischen Parteien genug gegen den Judenhass in der muslimischen Community, oder ist dieses Thema immer noch ein Stück weit tabuisiert?
Es herrschen doch einige Berührungsängste bei dem Thema. Dabei ist es eine Pflicht liberaler und demokratischer Parteien, auch das Problem des muslimisch geprägten Antisemitismus in unserer Gesellschaft zu benennen und zu bekämpfen, zum Beispiel durch gezielte Bildungsangebote. Wichtig ist mir aber, dass hierbei keine fremdenfeindlichen und antimuslimischen Narrative bedient werden. Andernfalls überlässt man genau diesen Denkmustern die Hoheit im Diskurs, obwohl der Großteil der Muslime überhaupt nicht antisemitisch ist.

Sie sprechen von der AfD?
Ja. Der AfD wird hier ein Freiraum gelassen, den diese mit spalterischer Rhetorik und Verschwörungsideologien füllt. Wir müssen offen und ohne Scheuklappen über das Problem des muslimisch geprägten Antisemitismus sprechen; ohne Demagogie oder Angst vor Vereinnahmung.

Vor einigen Jahren hat Ihre Aussage, es gebe in Deutschland für Juden No-go-Areas, für viel Kritik gesorgt. Dabei spiegelte sie bloß die Lebensrealität der allermeisten Juden wider. Würden Sie die Aussage heute wiederholen?
Ja.

Engagiert sich die muslimische Community ausreichend gegen Hass auf Juden in den eigenen Reihen?
Zahlreiche Akteure der muslimischen Community sind sehr engagiert im Kampf gegen Antisemitismus und leisten hierbei wichtige Arbeit, zum Beispiel in Begegnungsprojekten. Weder der Islam noch die muslimische Kultur ist zwangsläufig antisemitisch. Es handelt sich um ein radikales Milieu, das leider sehr lautstark und bedrohlich auftritt und oftmals insbesondere auf muslimisch geprägte Jugendliche großen Einfluss ausübt.

Laut der erwähnten Studie stoßen judenfeindliche Aussagen auch innerhalb der AfD-Anhänger auf große Zustimmung. Sind sich beide Milieus in diesem Punkt vielleicht ähnlicher, als ihnen lieb ist?
Dieser Teil der Studie ist entlarvend. Beide verachten die offene Gesellschaft.

Mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden sprach Philipp Peyman Engel.

Paris

Wegen Brief zu Antisemitismus: Frankreich bestellt US-Botschafter ein

Weil er den französischen Behörden Versäumnisse im Vorgehen gegen Judenhass vorgeworfen habe, soll der Diplomat heute im Außenministerium erscheinen

 25.08.2025

Detschland

Zentralrat der Juden: »Bedrohliche Stimmung« gegen Israel-Verteidiger

An zwei aufeinanderfolgenden Tagen kommt es in deutschen Städten zu Angriffen gegen Personen, die sich solidarisch mit Israel zeigen. Der Spitzenvertreter der jüdischen Gemeinschaft ist besorgt

von Burkhard Jürgens  24.08.2025

Berlin

FDP-Politikerin Preisler erneut auf Demo angegriffen

»Propalästinensische« Demonstrantinnen hatten die Aktivistin und FDP-Politikerin später bis in die U Bahn verfolgt

 24.08.2025

Ankara

Emine Erdoğan schreibt Brief an Melania Trump

Die Frau des türkischen Präsidenten hat einen Brief an die First Lady der USA geschrieben, in dem sie auf das Schicksal der Kinder in Gaza aufmerksam macht. Ihr Mann fällt immer wieder mit perfiden Aussagen zu Israel und seiner Nähe zur Hamas auf

 24.08.2025

Israel

Rabbiner verhindert Anschlag auf Generalstaatsanwältin

Ein Mann hatte den früheren Oberrabbiner Jitzchak Josef um dessen religiöse Zustimmung zur »Tötung eines Aggressors« ersucht. Die Hintergründe

 24.08.2025

Hessen

»Pro-palästinensische« Demonstranten attackieren jüdische Aktivisten

Bei den Angegriffenen handelt es um Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Frankfurt

 23.08.2025

Vorwürfe

»Es gibt keine Hungersnot in Gaza. Es gibt keine Politik des Aushungerns«

Israel weist die Erklärung einer Hungersnot in Teilen des Gazastreifens zurück. Regierungschef Netanjahu bezeichnet gegenteilige Berichte als Lüge

von Eva Krafczyk  22.08.2025

Auschwitz-Prozess

Kein einziges menschliches Wort

Vor 60 Jahren fiel das Urteil gegen 20 NS-Verbrecher in Frankfurt. Sie zeigten keine Reue

von Christoph Arens, Mascha Malburg  22.08.2025

Meinung

Embargo gegen Israel: Merz´ gefährliche Botschaft

Die Bundesregierung hat ein Exportverbot für Waffen an Israel verhängt und sendet damit fatale Signale: An Israel, an die Hamas und deren Unterstützer - und an die Juden in Deutschland

von Remko Leemhuis  22.08.2025