Antisemitismus

Neuer Labour-Chef wirft Corbyn-Vertraute raus

Rebecca Long-Bailey (hier mit Keir Starmer bei einer Podiumsdiskussion im Februar) gilt als enge Vertraute Jeremy Corbyns Foto: imago images/PA Images

Der neue Labour-Chef fackelte heute nicht lange: Nur wenige Stunden, nachdem Rebecca Long-Bailey einen Tweet abgesetzt hatte, warf Keir Starmer sie aus seinem Schattenkabinett und damit aus der Partei- und Fraktionsführung. Der Grund: Long-Bailey hatte am Vormittag mit lobenden Worten einen Artikel des »Independent« auf Twitter geteilt.

Darin behauptet die Schauspielerin Maxine Peake, die beim Tod von George Floyd in Minneapolis angewandte Polizeitaktik des Luftabdrückens mit dem Knie hätten die amerikanischen Polizisten von israelischen Geheimdienstleuten beigebracht bekommen. Eine ähnliche Behauptung hatte jüngst der Mitbegründer der Band Pink Floyd, Roger Waters, aufgestellt.

VERTRAUEN Rebecca Long-Bailey, die im Labour-Schattenkabinett für den Bereich Bildung zuständig war und im Frühjahr Starmer im Rennen um die Nachfolge des umstrittenen Jeremy Corbyn unterlegen war, pries in ihrem Tweet Peake als »einen absoluten Diamanten« und verlinkte zu dem »Independent«-Artikel.

Kurze Zeit später twitterte sie zur Klarstellung, ihr wohlwollender Tweet sei keine Billigung aller im Text gemachten Aussagen gewesen. Sie habe lediglich der Bemerkung Peakes zugestimmt, es sei es wert gewesen, Labour die Stange zu halten.

https://twitter.com/RLong_Bailey/status/1276078311215677440

Doch der Labour-Vorsitzende handelte sofort. »Heute Nachmittag hat Keir Starmer Rebecca Long-Bailey gebeten, aus dem Schattenkabinett auszuscheiden«, erklärte sein Sprecher gegen 15 Uhr Ortszeit. »Der Artikel, den Rebecca heute geteilt hat, enthält eine antisemitische Verschwörungstheorie. Als Chef der Labour Party hat Keir klargestellt, dass die Rückgewinnung des Vertrauens der jüdischen Gemeinschaft oberste Priorität hat. Antisemitismus manifestiert sich in vielen verschiedenen Formen, und es ist wichtig, dass wir hier wachsam bleiben«, fügte er hinzu.

KRITIK Zuvor hatte das Board of Deputies of British Jews Long-Baileys Tweet kritisiert und sie aufgefordert, sich zu entschuldigen. Die Präsidentin des jüdischen Dachverbands, Marie van der Zyl, sagte, man habe sich sofort nach Erscheinen des ersten Tweets von Long-Bailey an die Politikerin gewandt, um sie über die im Artikel enthaltene Verschwörungstheorie zu informieren, und sie gebeten, den Tweet zu löschen. Die nachgeschobene Klarstellung Long-Baileys sei »erbärmlich« gewesen, so van der Zyl, und werfe die Frage auf, ob sie überhaupt für eine politische Führungsrolle geeignet sei.

Die Politikerin aus Salford bei Manchester gilt als Linke und als eine der engsten Vertrauten Corbyns. Dessen viereinhalbjährige Amtszeit war von wiederholten, schweren Antisemitismusvorwürfen überschattet. Long-Bailey kam bei der Urwahl der Labour-Mitglieder im Frühjahr auf 28 Prozent der Stimmen, Starmer erzielte 56 Prozent.

Kommentar

Europa ist im Nahen Osten bedeutungsloser denn je

Während die USA unter Präsident Donald Trump keinen Zweifel darüber haben aufkommen lassen, wo es steht, hat Europa komplett versagt

von Daniel Neumann  13.10.2025

Gaza

Hamas kündigt Fortsetzung des Terrors gegen Israel an

Die Hamas will Israel weiterhin zerstören und einen islamischen Staat errichten

 13.10.2025 Aktualisiert

Berlin

Merz: »Der Krieg in Gaza ist zu Ende«

Der Kanzler würdigt den 13. Oktober als historischen Tag. Er hofft nun, dass von der Waffenruhe im Gazastreifen auch ein Signal in ein anderes Kriegsgebiet ausgeht

 13.10.2025

Nahost

Trumps Triumph in Nahost: wie ihm das gelang

Er versprach, schnell den Ukraine-Konflikt zu lösen - doch daran beißt sich US-Präsident Trump bislang die Zähne aus. Nun gelang ihm aber der Durchbruch im Gaza-Krieg. Wie hat Trump das gemacht?

von Andrej Sokolow, Anna Ringle  13.10.2025

Prognose

Beauftragter Klein erwartet nach Waffenruhe Rückgang von Judenhass

Hoffnung über Gaza hinaus: Der Antisemitismusbeauftragte des Bundes schätzt, dass mit der Waffenruhe auch der Judenhass in Deutschland abnimmt. Gleichzeitig brauche es Präventionsarbeit

 13.10.2025

Israel

Donald Trump vor der Knesset: Lob, Preis und Dank

Es war ein Empfang nach seinem Geschmack: Fast zeitgleich zur Freilassung der israelischen Geiseln in Gaza kam Donald Trump für ein paar Stunden nach Israel - und sprach zur Knesset

von Michael Thaidigsmann  13.10.2025

Stimmen

Erleichterung über Geisel-Freilassung - »Wechselbad der Gefühle«

Nach 738 Tagen sind die noch verbliebenen lebenden israelischen Geiseln von der Terrororganisation Hamas freigelassen worden. Unter die Freude über ihre Rückkehr mischt sich auch die Trauer um die Getöteten

von Niklas Hesselmann  13.10.2025

Meinung

Neues Semester, alter Antisemitismus?

Seit zwei Jahren sind deutsche Hochschulen keine sicheren Orte mehr für jüdische Studierende. Es wird viel Mühe kosten, diese Entwicklung zurückzudrehen

von Ron Dekel  13.10.2025

Nach Freilassung

Zentralrat der Juden: Geisel-Rückkehr Beginn eines Heilungsprozesses

Unter die Freude über die Freilassung der lebenden Geiseln mischt sich beim Präsidenten des Zentralrats auch die Trauer über die getöteten. Dieser Tag bedeute auch noch keine Rückkehr zur Normalität

von Niklas Hesselmann  13.10.2025