Nachruf

Nahostkorrespondent und so vieles mehr

Seine Berichterstattung wird man schmerzlich vermissen: Ulrich Sahm (1950–2024) Foto: privat

Einen würdigen Nachruf auf einen Menschen zu verfassen, ist generell schon sehr schwer. Wenn es sich bei diesem Menschen um jemanden handelt, den man als engen Freund, Kollegen und Mitarbeiter geschätzt hat; jemanden den man deutlich über 20 Jahre als Teil seines Lebens betrachtet hat und mit dem man regelmäßig in Verbindung stand, ist dies noch wesentlich schwerer.

Schon sehr bald, nachdem wir Honestly Concerned gegründet hatten und anfingen uns mit der Nahostberichterstattung deutscher Medien zu befassen, bin ich über den Namen Ulrich Sahm gestolpert. Ulrich war damals für eine Reihe deutscher Medien als Korrespondent in Israel aktiv, unter anderem als Nahostkorrespondent für n-tv, APA, die KNA, wie auch eine Vielzahl deutscher Printmedien. Das Besondere an Ulrich war dabei, dass es ihm in seiner Berichterstattung immer um Wahrhaftigkeit ging. Und dies war genau das, was ihn von vielen anderen Korrespondenten unterschieden hat, deren Berichterstattung viel zu oft Stimmungen und Tendenzen gegen Israel aufgegriffen haben, wie dies auch heute noch zu oft der Fall ist. Darüber hinaus, war er nahbar, reagierte auf Leserbriefe und scheute auch nicht persönliche Gespräche; Gespräche aus denen unsere spätere Freundschaft resultierte.

Ulrich Wilhelm Hermann Heinrich Sahm wurde am 21. April 1950 in Bonn geboren. Er ist am 7. Februar 2024 in Bremen verstorben. Ulrich war deutscher Staatsbürger – bis 2022 mit Wohnsitz in Jerusalem. Er war nie israelische Staatsbürger, hat nie in Israel eine Parteizugehörigkeit gehabt, wie er dies auch in Deutschland wohlgemerkt nie hatte. Er war während seinem berufstätigen Leben bis zuletzt mit einem Arbeitsvisum als Journalist in Jerusalem wohnhaft und obwohl er, in den 50 Jahren, in denen er in Israel gelebt hat, viele Möglichkeiten gehabt hatte, Staatsbürger zu werden, tat er dies nicht. Ihm war es wichtig, seine Neutralität als deutscher Nahostkorrespondent zu behalten und in der Lage zu sein, genauso die Mukata in Ramallah zu besuchen, wie die Knesset in Jerusalem. Und es war genau diese Unabhängigkeit, gepaart mit einer enormen Herzlichkeit, weitreichendem Wissen, einem gesunden Maß an journalistischer Neugierde, sowie stetig mehr werdender Belesenheit und Erfahrung, die Ulrich zu so einem besonderen Menschen gemacht haben.

Und obwohl Ulrich als Sohn eines deutschen Diplomaten geboren worden war und von der Dynastie des Barons von Münchhausen abstammt, worüber er gerne Anekdoten erzählte, war Ulrich immer ein sehr bescheidener, zugänglicher und offener Mensch, der sich auch - von zum Teil schweren - Herausforderungen in seinem Leben niemals hat unterkriegen lassen. Aufgewachsen war Ulrich u.a. in London, Paris und Deutschland, wo er auch sein Abitur machte und sein Studium der evangelischen Theologie, Judaistik und Linguistik begann; fortgesetzt mit einem Studium der Hebräischen Literatur an der Hebräischen Universität in Jerusalem - der entscheidenden Weichenstellung für sein späteres Leben, was dann natürlich auch Familie, Freunde, usw. beinhaltete.

Die Liste der gemeinsamen Erlebnisse ist extrem lang, wie ich natürlich auch weiß, dass nahezu jeder, der Ulrich je getroffen hat, eigene Anekdoten hat, die er erzählen könnte. Wir haben so viel in der gemeinsamen Arbeit, wie aber auch bei gemeinsamen Ausflügen durch Israel und die Palästinensischen Gebiete erlebt, dass allein diese ein Buch füllen könnten. Das, was ich hierbei durch Ulrich gelernt habe, macht mich zutiefst dankbar - vor allem auch in Bezug auf das kritische Hinterfragen von Dingen, die einem oft als Fakten suggeriert werden. Aber auch als Lektor meiner Texte, die Ulrich normalerweise rigoros für mich kürzte, fehlt er schon jetzt, wie man nicht zuletzt an diesem Nachruf sieht.

Egal, ob es um seine Texte in diversen Print- oder Online-Medien geht; egal, ob es um seine Bücher, Buchbeiträge, sonstigen Veröffentlichungen, oder Kochabende bei ihm zu Hause geht - bei denen er zu jedem Gericht eine eigene Geschichte erzählen konnte; seine vielen Führungen für diverse Reisegruppen durch Israel; seine Vortragsreisen; oder in Bezug auf die vielen anderen Begegnungen, bei denen Ulrich Menschen in Deutschland und Israel erreicht hat, überall hat Ulrich bei seinem Gegenüber einen sehr persönlichen und bleibenden Eindruck hinterlassen. Und wer Ulrich etwas besser kennenlernen durfte, wusste seine manchmal bewusst provokativen Aussagen richtig zu verstehen und einzuordnen und es ist unbestreitbar, dass Ulrich dabei durch seine Offenheit und sein Bedürfnis, sein Wissen über Israel und die Region mit anderen zu teilen, nicht nur mein Leben enorm bereichert hat, sondern das Leben sehr vieler. Dazu zählt übrigens auch, dass es Ulrich zu verdanken ist, dass sich die Originaldokumente von Schindlers Liste heute in Yad Vashem befinden.

Traurigerweise, wussten nicht immer alle seine Arbeitgeber zu schätzen, was für ein Juwel sie mit Ulrich in ihren Redaktionen hatten und verkannten in diesem Mann, mit einem manchmal struppigen Bart und nicht immer gestriegeltem Haarschopf, seinen weißen Socken, den Sandalen und der schwarzen Fotografenjacke, den besonderen Nahostexperten, der er tatsächlich war. Dabei spielte es durchaus eine große Rolle, dass sich Ulrich weigerte, automatisch mit dem Mainstream mitzuziehen, wenn es darum ging, Israel pauschal zu verurteilen, was ihn wiederum zunehmend zu einem Dorn im Auge mancher Redakteure machte und so leider die Liste der Institutionen, für die er tätig war, über die Jahre immer kürzer wurde. Doch auch dadurch ließ sich Ulrich nicht unterkriegen und nahm andere Aufgaben hinzu, einschließlich der Redaktion der wöchentlichen ILI News, obgleich wir als gemeinnütziger Verein kaum das angemessene Gehalt für ein so einen erfahrenen Mann bezahlen konnten. In den letzten Jahren seines Lebens, wurde Ulrich von seiner treuen Freundin Elisabeth begleitet, die ihn nicht nur bei den vielen Arztbesuchen, soweit sie konnte, unterstützte, sondern auch bei seinem Umzug zurück nach Deutschland. Es war gut, sie an seiner Seite zu wissen und wir wünschen Elisabeth, wie auch Ulrichs anderen Hinterbliebenen, viel Kraft in dieser schweren Zeit. Ulrich hinterlässt eine große Lücke in unser aller Leben und er wird schon jetzt vermisst.

Der Autor ist Chefredakteur von »Honestly Concerned«.

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