Jerusalem

»Mission erfüllt«

Alter und neuer Regierungschef: Benjamin Netanjahu Foto: Flash 90

Die Geburtswehen der neuen Regierungskoalition in Israel dauerten lange, doch nun ist der Koalitionsvertrag unter Dach und Fach. Der alte und neue Regierungschef Benjamin Netanjahu konnte am Samstagabend Staatspräsident Schimon Peres verkünden: »Ich habe die Mission erfüllt«. Die beteiligten Parteien – Likud, Israel Beiteinu, Jüdisches Haus und Zukunftspartei – haben sich über eine neue Koalitionsregierung geeinigt.

ultraorthodoxe
Erstmals werden in der künftigen Regierung keine ultraorthodoxen Parteien vertreten sein. Für die Siedlungspolitik hat das keine Bedeutung, denn ausgerechnet die Ultraorthodoxen standen bei diesem Thema eher »links« und haben in der Vergangenheit für den Rückzug aus Sinai und dem Gazastreifen mitsamt einer Aufgabe von Siedlungen gestimmt.

Deren Fehlen am Kabinettstisch wird vor allem soziale und finanzielle Folgen haben, sobald sie keine Möglichkeit mehr haben, viel Geld in ihr separates Erziehungssystem zu lotsen. Zudem drohen dem orthodoxen Bevölkerungssektor schmerzhafte Kürzungen, sollten Netanjahus Koalitionspartner ihre Wahlversprechen zu »sozialer Gerechtigkeit« und »gleiche Pflichten für alle« durchsetzen, also auch Militärdienst für die bisher freigestellten Ultra-Frommen.

Kurs Die künftige Regierungsmannschaft wird ziemlich bunt gewürfelt sein, sodass sich nur schwer ein klarer Kurs ablesen lässt. Die verbreiteten Klischees vom »Hardliner« oder »extrem-nationalistisch« helfen da nicht weiter, wenn zum Beispiel der als »rechts« eingestufte Naftali Bennett das Religionsministerium und das unpolitische Handels- und Industrieministerium übernimmt. Die von vielen als gemäßigt dargestellte künftige Justizministerin Zipi Livni wurde zwar mit den Friedensverhandlungen betraut. Doch da sie nur ein kleiner Koalitionspartner ist, wird sie keine eigenen Wege gehen können.

Ein klassischer rechtsgerichteter Hardliner wäre Uzi Landau. Doch der soll Tourismusminister werden und dürfte nur geringen Einfluss auf die große Politik haben, darunter Herausforderungen wie Irans Atomprogramm, das zerfallende Syrien, die Palästinenser oder Ägypten. Der künftige Verteidigungsminister wird Moshe Yaalon. Sein ehemaliger Amtsvorgänger, Amir Peretz, wird als künftiger Umweltminister nicht viel mitreden können.

Posten Das Außenamt wird vorläufig der Ministerpräsident betreuen. Denn dieses Amt soll für Avigdor Lieberman reseviert werden, bis der seinen Korruptionsprozess mit einem Freispruch überwunden hat. Sollte das Gericht Lieberman schuldig sprechen, müsste dieser Posten neu verhandelt werden.

Der wichtigste und mächtigste Posten neben dem Ministerpräsidenten fiel an Yair Lapid, dessen Zukunfts-Partei ohne klares Konzept bei den Wahlen fast so gut abgeschlossen hat wie das Bündnis von Netanjahu und Lieberman. Doch Lapid ist ein Neuling in der Politik und deshalb ein unbeschriebenes Blatt. Gleichwohl wird er künftig mitentscheiden, wohin die knappen Gelder fließen.

Mehr Sicherheit bedeutet weniger Geld für Soziales. Mehr Straßen oder Wohnungen in Israel wie in den besetzten Gebieten bedeuten weniger Gesundheit und Wissenschaftsförderung. Offen ist, wo Lapid die Schwergewichte setzen will. Davon wird aber ganz entscheidend auch die Zukunft Israels abhängen. Denn Israels Probleme lassen sich nicht nur auf Siedlungen oder »Palästina« reduzieren. Ohne funktionierende Wirtschaft lässt sich auch kein Frieden schaffen.

Hanau

Antisemitisches Plakat an Schule: Staatsschutz ermittelt

In einem angrenzenden Park gab es eine Veranstaltung der Jüdischen Gemeinde. Besteht ein Zusammenhang?

 30.04.2025

Jom Hasikaron

Israel gedenkt der Terroropfer und Kriegstoten

Seit dem 7. Oktober 2023 sind 850 israelische Soldaten und 82 Sicherheitskräfte getötet worden

 30.04.2025

Josef Schuster

»Was bedeutet die Schoa heute noch für Deutschland?«

In seiner Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen reflektiert der Zentralratspräsident die Herausforderungen und Gefahren, vor denen die Erinnerung an die Schoa heute steht. Eine Dokumentation

von Josef Schuster  29.04.2025

Mauthausen

Überlebenswunderkind Eva Clarke: Geburt im KZ vor 80 Jahren

Es war eines der größten und gefürchtetsten Konzentrationslager der Nazizeit. Im Mai 1945 wurde es von US-Soldaten befreit. Unter den Überlebenden waren eine Mutter und ihr Neugeborenes

von Albert Otti  29.04.2025

Umfrage

Mehrheit hält AfD wegen deutscher Geschichte für unwählbar

Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes fragt die »Memo«-Studie Menschen in Deutschland nach dem Blick zurück

 29.04.2025

Potsdam

Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert besseren Schutz für Synagoge

Vermutlich wurde in Halle ein zweiter Anschlag auf die Synagoge verhindert. Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert deshalb dazu auf, auch die Potsdamer Synagoge besser zu schützen

 29.04.2025

Menschenrechte

Immer schriller: Amnesty zeigt erneut mit dem Finger auf Israel

Im neuesten Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation wirft sie Israel vor, einen »live übertragenen Völkermord« zu begehen

von Michael Thaidigsmann  29.04.2025

Berlin

Streit um geforderte Yad-Vashem-Straße

Zwischen dem Freundeskreis Yad Vashem und dem Roten Rathaus herrscht Unmut

von Imanuel Marcus  29.04.2025

Den Haag

Strafgerichtshof verpflichtet Chefankläger zur Vertraulichkeit

Karim Khan, der unter anderem gegen Benjamin Netanjahu einen Haftbefehl erwirkt hat, darf einem Bericht des »Guardian« zufolge künftig nicht mehr öffentlich dazu Stellung nehmen

 29.04.2025