Hildesheim

Ministerin unter Druck

Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic Foto: imago

Die Empörungswellen über ein Seminar mit antisemitischen Inhalten an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) haben inzwischen die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover erreicht. Mehr und mehr steht dabei die Rolle der grünen Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic im Zentrum der Kritik.

Sie war seit Mitte 2015 über die Verwendung antisemitischen Materials in dem Seminar »Die soziale Lage der Jugendlichen in Palästina« informiert. In zwei Schreiben, eines von Juli, das andere vom Dezember des Vorjahres, hatte der Zentralrat der Juden in Deutschland Gabriele Heinen-Kljajic auf die obskuren Seminarmaterialien an der HAWK aufmerksam gemacht.

seminar
Zwar hatte sich die Ministerin von der HAWK informieren lassen, sich jedoch mit der Auskunft zufrieden gegeben, neben dem kritisierten Seminar gebe es eine damit gekoppelte Veranstaltung über das Judentum. Was die Ministerin nicht wusste, wie sie am vergangenen Donnerstag vor dem niedersächsischen Landtag erklärte, war, dass das Ko-Seminar zum Judentum aus Krankheitsgründen gar nicht stattfand. Inzwischen ist jedoch klar: Das Ministerium wusste davon, aber aufgrund eines »Bürofehlers« sei dies nicht kommuniziert worden.

Kritik an der Ministerin gibt es vor allem aus den Reihen der oppositionellen CDU. Die hatte den »Fall HAWK« vor den Landtag und in dessen Kulturausschuss gebracht. »Der Respekt vor der Freiheit von Forschung und Lehre bedeutet nicht, bei bekannten Problemen einfach wegzuschauen«, kritisierte CDU-Fraktionsvize Jörg Hillmer die Ministerin.

vorwürfe Nach der Sitzung des Kulturausschusses am Montag sieht sich Hillmer in seiner Auffassung bestätigt, dass das Ministerium sich »unverständlicherweise« mit halbherzigen Lösungsvorschlägen der HAWK zufrieden gegeben habe. Vorwürfe macht Hillmer der grünen Ministerin vor allem auch deshalb, weil sie den Zentralrat nicht weiter über die Entwicklung rund um das Seminar in der HAWK und das Ergebnis einer Ethikkommission der Hochschule unterrichtet habe. Hätte das Ministerium bereits im Mai reagiert, müsste es sich jetzt nicht vorwerfen lassen, »halbherzig« agiert zu haben, sagt Hillmer.

Inzwischen wurde das strittige Seminar von der Vorlesungsliste gestrichen, und das Ministerium hat beim Zentrum für Antisemitismusforschung in Berlin ein Gutachten über die Inhalte bestellt. Das wird von der Leiterin des Zentrums, der Historikerin Stefanie Schüler-Springorum, persönlich erstellt und soll zur Grundlage für eine Neukonzeption des Vorlesungsprogramms der HAWK werden. Ein anderes Gutachten der Amadeu Antonio Stiftung liegt dem Wissenschaftsministerium dagegen schon seit fast einem dreiviertel Jahr vor.

Interview

»Die Genozid-Rhetorik hat eine unglaubliche Sprengkraft«

Der Terrorismusforscher Peter Neumann über die Bedrohungslage für Juden nach dem Massaker von Sydney und die potenziellen Auswirkungen extremer Israel-Kritik

von Michael Thaidigsmann  16.12.2025

Wirtschaft

Hightech-Land Israel: Reiche sieht Potenzial für Kooperation

Deutschland hat eine starke Industrie, Israel viele junge Start-ups. Wie lassen sich beide Seiten noch besser zusammenbringen? Darum geht es bei der Reise der Bundeswirtschaftsministerin

 16.12.2025

Meinung

Der Stolz der australischen Juden ist ungebrochen

Der Terroranschlag von Sydney hat die jüdische Gemeinschaft des Landes erschüttert, aber resigniert oder verbittert ist sie nicht. Es bleibt zu hoffen, dass die Regierung künftig mehr für ihren Schutz tut

von Daniel Botmann  16.12.2025

IS-Gruppen

Attentäter von Sydney sollen auf den Philippinen trainiert worden sein

Die Hintergründe

 16.12.2025

Hamburg

Mutmaßlicher Entführer: Mussten im Block-Hotel nichts zahlen

Der israelische Chef einer Sicherheitsfirma, der die Entführung der Block-Kinder organisiert haben soll, sagt im Gericht aus. Die Richterin will wissen: Wer zahlte für die Unterbringung im Luxushotel der Familie?

 16.12.2025

Interview

Holocaust-Überlebender Weintraub wird 100: »Ich habe etwas bewirkt«

Am 1. Januar wird Leon Weintraub 100 Jahre alt. Er ist einer der letzten Überlebenden des Holocaust. Nun warnt er vor Rechtsextremismus und der AfD sowie den Folgen KI-generierter Fotos aus Konzentrationslagern

von Norbert Demuth  16.12.2025

Magdeburg

Anschlag geplant? 21-Jähriger reiste legal ein

Mit einem Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem in Vorbereitungshaft genommenen Mann werden Details bekannt

 16.12.2025

Sydney

Jüdisches Ehepaar stirbt beim Versuch, einen der Angreifer zu stoppen

Boris und Sofia Gurman versuchten, das Massaker vom Bondi Beach zu verhindern, und bezahlten dafür mit ihrem Leben

 16.12.2025

Bundestag

Ramelow: Anschlag in Sydney war Mord »an uns allen«

Erstmals gab es in diesem Jahr eine Chanukka-Feier im Bundestag. Sie stand unter dem Eindruck des Anschlags auf eine Feier zum gleichen Anlass am Sonntag in Sydney

 16.12.2025