Antrittsbesuch

Merz reist nach Madrid: Differenzen in Haltung zu Israel

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sitzt am Mittwochabend beim Rosch-Haschana-Empfang zum 75. Jubiläum des Zentralrats der Juden in Deutschland im Jüdischen Museum. Foto: picture alliance/dpa

Bundeskanzler Friedrich Merz reist heute zu seinem Antrittsbesuch nach Madrid, um mit dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez über die bilateralen Beziehungen, europapolitische Themen und die Sicherheitspolitik zu sprechen. Auch wenn die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Spanien insgesamt als gut gilt, gibt es vor allem bei einem Thema aktuell deutliche Differenzen, nämlich der Haltung zu Israel.

Zwar kritisiert Merz wie Sánchez den israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen scharf. Während Deutschland bisher aber abgesehen von einer Einschränkung der Rüstungsexporte Sanktionen gegen Israel ablehnt, hat Spanien bereits früh konkrete Maßnahmen ergriffen. So schloss sich das Land schon 2024 als erstes EU-Mitglied der Völkermordklage Südafrikas gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) an.

Anfang September kündigte Sánchez dann ein komplettes Waffenembargo sowie ein Einreiseverbot »für all jene Personen, die sich direkt am Völkermord, an der Verletzung von Menschenrechten und an den Kriegsverbrechen in Gaza beteiligen«, an.

Gewalttätige Proteste bei Vuelta

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu betonte wiederholt, die israelische Armee gehe gegen die Hamas vor, nicht gegen die Zivilbevölkerung. Die Streitkräfte (IDF) haben im Verlauf des Krieges humanitäre Zonen und Fluchtrouten eingerichtet und Bewohner vor bevorstehenden Luftangriffen gewarnt. Die Hamas missbraucht palästinensische Zivilisten im Gazastreifen als menschliche Schutzschilde. Die Terroristen verstecken Waffen und Raketen in zivilen Einrichtungen und beschießen israelische Soldaten unter anderem aus Krankenhäusern und Schulen.

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Derweil wird in Spanien auch der Sport von der wachsenden Empörung über Israel in Mitleidenschaft gezogen. Bei der diesjährigen Spanien-Radrundfahrt Vuelta kam es immer wieder zu Problemen durch Proteste gegen die Teilnahme des israelischen Teams Israel-Premier Tech, das schließlich auf die Bezeichnung »Israel« auf den Trikots verzichtete.

Nur wenige Stunden bevor die Schlussetappe der Vuelta in Madrid am Sonntag wegen teils gewalttätiger israelfeindlicher Proteste und Straßenschlachten mit der Polizei vorzeitig abgebrochen werden musste, hatte Sánchez in einer Rede noch seine »Bewunderung« für die Demonstranten geäußert, die für eine »gerechte Sache« auf die Straße gegangen seien. Applaus bekam der Sozialist dafür von seinen Anhängern und dem linksalternativen Koalitionspartner Sumar, der eine noch schärfere Gangart gegen die Regierung von Benjamin Netanjahu fordert.

Sánchez gegen ESC-Teilnahme Israels

Spanien stemmt sich inzwischen auch gegen eine Teilnahme Israels am Eurovision Song Contest (ESC) 2026. Diese Woche drohte Spaniens Sender RTVE als einer der fünf wichtigsten Geldgeber mit Absage, sollte Israel einen Beitrag zum ESC 2026 entsenden. Das fordert auch Sánchez. Israel müsse genauso wie Russland behandelt werden, das nach seinem umfassenden Angriffskrieg gegen die Ukraine 2022 ausgeschlossen wurde.

EU-Kommission will Sanktionen gegen Israel

Der Besuch von Merz findet zu einem interessanten Zeitpunkt statt: Am Mittwoch hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihre Vorschläge für Sanktionen gegen Israel konkretisiert. Nach ihren Vorstellungen sollten unter anderem Freihandelsvorteile gestrichen und Strafmaßnahmen gegen extremistische israelische Minister und Siedler veranlasst werden. Aus Sicht der Kommission verstößt das Land mit seiner Militäroffensive gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht.

Merz hat sich zu den Vorschlägen noch nicht positioniert, versprach jedoch bei einem Empfang zum 75-jährigen Jubiläum des Zentralrates der Juden am Mittwochabend, weiterhin hinter dem jüdischen Staat zu stehen: «Das deutsche Bekenntnis zur Existenz und zur Sicherheit des Staates Israel ist unverhandelbarer Bestandteil der normativen Fundamente unseres Landes», so der Kanzler. dpa/ja

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