Reformationsjahr

»Mehrheit gegen Judenmission«

Margot Käßmann Foto: imago

Reformationsjahr

»Mehrheit gegen Judenmission«

Margot Käßmann über Martin Luthers Judenhass und evangelikale Bekehrungsversuche

von Ayala Goldmann  26.10.2016 13:47 Uhr

Frau Käßmann, am kommenden Montag beginnt das Festjahr zum 500. Jubiläum der Reformation – ein Jahrhundertereignis für die Evangelische Kirche. Welche Ausrichtung wünschen Sie sich?
Es wird kein deutsch-nationalistisches-konfessionalistisches Lutherfest geben. Es wird international sein, es hat einen ökumenischen Horizont, und es macht ganz klar, dass der Dialog der Religionen ein zentrales Thema für uns ist.

Wie populär ist denn Ihre Auseinandersetzung mit Luthers Judenfeindschaft?
Es gibt auch kritische Stimmen, und manche Leute schreiben mir in E-Mails und Briefen, ich solle aufhören, Martin Luther schlechtzumachen. Meine Antwort darauf ist, dass Luther selbst ein klares Menschenbild hatte: Der Mensch ist immer Gerechter und Sünder zugleich.

Anfang November tagt die Synode der EKD in Magdeburg. Auf der Tagesordnung steht eine Erklärung zur Ablehnung der Judenmission. Aber ist es für einen Christen, der das Evangelium verkünden will, nicht grundsätzlich ein Anliegen, es überall zu verbreiten – auch unter Juden?
Ich sehe die Judenmission nicht als Anliegen unserer Kirche. Für mich als Christin gilt das Wort von Jesus: Niemand kommt zum Vater denn durch mich. Aber Menschen jüdischen Glaubens sind doch schon längst bei Gott, den Jesus Vater nennt. Für mich macht Judenmission daher überhaupt keinen Sinn.

Glauben Sie, dass es in der EKD-Synode eine eindeutige Mehrheit für Ihre Position geben wird?
Natürlich gibt es bei uns evangelikale Kreise, die »messianisch-jüdische« Bewegungen unterstützen. Diese Meinungen werden bei der Synode durchaus zur Sprache kommen. Letztes Jahr gab es darüber heftige Debatten. Aber ich bin überzeugt, dass es eine Mehrheit für die klare Ablehnung der Judenmission geben wird.

Bei den Gedenkfeiern zur Pogromnacht am 9. November wird immer wieder an die Äußerung Luthers aus seiner Schrift »Von den Juden und ihren Lügen« erinnert, man solle Synagogen niederbrennen …

... ein anderes Beispiel für die Problematik ist die sogenannte »Judensau« an der Stadtkirche in Wittenberg. Viele Gemeindemitglieder sind nach einem Besuch in der Lutherstadt erschüttert und schreiben mir, das Relief müsse abgehauen werden.

Zentralratspräsident Josef Schuster hat vorgeschlagen, das antijüdische Motiv zu entfernen oder es um eine erklärende Tafel zu ergänzen. Was halten Sie für richtig?

Ich bin dafür, das Relief dort zu lassen, weil wir den Antijudaismus unserer Kirche nicht auslöschen können. Das Mahnmal, das die Wittenberger Gemeinde an derselben Stelle errichtet hat, halte ich für eine gute Form. Dazu wurde eine Zeder aus Israel gepflanzt. Man könnte aber sicherlich auch noch eine Tafel anbringen.

Mit der Botschafterin des Rats der EKD für das Reformationsjubiläum sprach Ayala Goldmann.

Niedersachsen

Moscheen in Hannover mit »Israel«-Schriftzügen besprüht

Unbekannte haben »Israel«-Schriftzüge auf mehrere Moscheen in Hannover geschmiert. Niedersachsens Antisemitismus-Beauftragter und die jüdische Gemeinde reagieren entsetzt

 11.12.2025

Berlin

Erstmals Chanukka-Feier im Bundestag

Zur Feier werden unter anderem der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein und Zentralrats-Geschäftsführer Daniel Botmann erwartet

 11.12.2025

Block-Prozess

Mutmaßlicher Entführer-Chef: Aussage gegen sicheres Geleit

Hat Christina Block den Auftrag erteilt, ihre Kinder aus Dänemark zu entführen? Der mutmaßliche Chef der Entführer äußert sich dazu als Zeuge vor Gericht

 11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von Janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025

Paris/Brüssel

EU-Gaza-Hilfe: Französischer Politiker hat »große Bedenken«

Benjamin Haddad, Frankreichs Staatssekretär für Europafragen, hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihre Zahlungen an NGOs, die im Gazastreifen operieren, besser zu überwachen

 10.12.2025