Augsburg

Marcel Reif zum AfD-Erfolg: »Mein Vater muss im Grab rotieren«

Marcel Reif Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress

Der Sportjournalist Marcel Reif (75) ist entsetzt über den Wahlerfolg der AfD. »Dieses Land ist dahin gekommen, dass ein Fünftel der Menschen glaubt, eine in Teilen gesichert neonazistische, faschistische und rassistische Partei könne die Antwort auf alle Fragen geben«, sagte der Sohn eines Holocaust-Überlebenden der »Augsburger Allgemeinen«: »Die Grenzen sind verschoben. Das ist so absurd. Mein Vater muss im Grab rotieren.«

Dass die Union ausgerechnet am Tag des Holocaust-Gedenkens im Bundestag einen Entschließungsantrag eingebracht hatte, der mit den Stimmen der AfD angenommen wurde, sei für die gesamte demokratische Mitte kein Ruhmesblatt gewesen, kritisierte der bekannte Sportkommentator weiter.

»Das war eine Wahlkampfveranstaltung. Jedenfalls waren alle Handelnden nicht in der Lage, diesem Gedenktag gerecht zu werden.« Dass die AfD-Abgeordneten dann auch noch »vor Vergnügen jaulend und jauchzend gefeiert haben«, habe diese und deren Gesinnung selbst entlarvt.

AfD thematisch stellen

Die anderen Parteien seien nun gefordert, die AfD-Wähler wieder zurückzugewinnen, forderte Reif weiter: »Du musst die AfD thematisch stellen. Das ist im Wahlkampf hin und wieder gelungen, Frau Weidel thematisch an einigen Punkten so zu stellen, dass sie, ich will mich nun im Ausdruck nicht vergreifen, aber dass sie jedenfalls ziemlich blank dastand.«

Lesen Sie auch

Reif sprach sich für einen differenzierten Blick auf Migrations- und Asylpolitik aus. Eine Ausweisung krimineller Migranten sei richtig, außerdem müsse der Staat wieder die Kontrolle zurückgewinnen: »Gelingt dies nicht, öffnet das die Wege und die Schleusen für die AfD und die Wähler, die denen aufs Glatteis laufen. Und anderseits: Asyl, Hilfe für wirklich Schutzbedürftige - das dürfen doch keine Schimpfwörter werden!«

Anschläge wie in Magdeburg, Aschaffenburg und München seien in diesem Zusammenhang eine Katastrophe, ergänzte der Journalist. Hier müsse der Staat natürlich für Recht und Ordnung sorgen und durchgreifen, aber »wenn sie dabei das Kind mit dem Bade ausschütten, und wenn wir alles an Wertekanon verlieren, was sich dieses Land zum Glück mühsam aufgebaut hat, dann ist das natürlich grauenvoll«.

Marcel Reifs Mutter war eine deutschstämmige Katholikin, sein Vater polnischer Jude, der den Holocaust überlebt hat. Viele Verwandte Reifs, unter anderem sein Großvater, wurden von den Nazis ermordet.

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von 
janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025

Paris/Brüssel

EU-Gaza-Hilfe: Französischer Politiker hat »große Bedenken«

Benjamin Haddad, Frankreichs Staatssekretär für Europafragen, hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihre Zahlungen an NGOs, die im Gazastreifen operieren, besser zu überwachen

 10.12.2025

Aufarbeitung

Französische Entnazifizierungs-Dokumente erstmals online abrufbar

Neue Hinweise zu Leni Riefenstahl und Martin Heidegger in der NS-Zeit: Künftig können Forscher online auf französische Akten zugreifen. Experten erwarten neue Erkenntnisse

von Volker Hasenauer  10.12.2025

Deutschland

Wegen Antisemitismus und AfD: Schauspiellegende Armin Mueller-Stahl (95) denkt ans auswandern

Armin Mueller-Stahl spricht offen über seine Gelassenheit gegenüber dem Tod – und warum aktuelle Entwicklungen ihn dazu bringen, übers Auswandern nachzudenken

 10.12.2025

Justiz

Mutmaßlicher Entführer: Chef eines israelischen Sicherheitsunternehmens packt aus

Die Hintergründe

 10.12.2025

Fußball

Sorge vor Maccabi-Spiel in Stuttgart

Tausende Polizisten, Metalldetektoren beim Einlass, Sorge vor Gewalt: Warum der Besuch von Maccabi Tel Aviv in der Europa League beim VfB aufgrund der politischen Lage kein sportlicher Alltag ist.

 10.12.2025