Antisemitismus

Umfrage zeigt Bedrohung jüdischer Hochschullehrer

Im
Ende Mai hatten Aktivisten die Räume der Humboldt-Universität verwüstet. Der Fachschaftsrat warnte vor Angsträumen für Juden. Foto: picture alliance/dpa/dpa-POOL


Wegen Antisemitismus an Hochschulen seit dem 7. Oktober gibt es offenbar jüdische Hochschullehrende, die Personenschutz haben. In einer nicht repräsentativen Umfrage hätten rund 14 Prozent der Befragten angegeben, sie nähmen derzeit Personenschutz oder andere spezielle Schutzmaßnahmen in Anspruch, teilte das Netzwerk Jüdischer Hochschullehrender in Deutschland, Österreich und der Schweiz am Samstag mit. Es zeichnet verantwortlich für die Umfrage.

Zuvor hatte der »Tagesspiegel« über die Ergebnisse berichtet. Dem Netzwerk gehören den Angaben zufolge rund 130 Personen an, etwa die Hälfte beteiligte sich an der Befragung zum Geschehen an Hochschulen seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel.

Laut Umfrage stiegen 13 Prozent der Befragten wegen Anfeindungen auf Online-Lehre um. Rund 40 Prozent hätten Sicherheitsworkshops und Schulungen gefordert, jede dritte Person eine erhöhte Polizeipräsenz auf dem Campus. Jede und jeder Vierte wolle Zugangskontrollen zu Gebäuden. 75,9 Prozent seien der Ansicht, von ihrer Hochschule sei kein klares Sicherheitskonzept verabschiedet und an Mitarbeitende kommuniziert worden. Lediglich 7,4 hätten angegeben, dies sei bei ihnen der Fall gewesen.

Gut 40 Prozent der Befragten sagten der Umfrage zufolge, sie hätten seit dem 7. Oktober Online-Belästigung und Cybermobbing erfahren. Knapp 64 Prozent hätten von verbaler Belästigung im akademischen Umfeld und je 14 Prozent von physischen Bedrohungen beziehungsweise Sachbeschädigungen berichtet. Mehrere Befragte hätten von Bestrebungen erzählt, sie von Veranstaltungen oder Projekten auszuschließen.

Gewalt, Bedrohungen, Ausgrenzung

Julia Bernstein, Soziologie-Professorin und Initiatorin des Netzwerks, sagte dem »Tagesspiegel«: »Jüdische Hochschulangehörige sind in Deutschland in einer absoluten Minderheit. Ihre Stimmen und ihre Lage werden oft übersehen, überstimmt und auch überhört.« Die Erfahrungen von Jüdinnen und Juden würden häufig »per se als nicht objektiv abgetan und relativiert«. Bernstein betonte: »Es wäre zu Recht undenkbar zu sagen: ›Wir können die Sicherheit von Frauen auf dem Campus nicht gewährleisten.‹ Bei Juden passiert aber genau das. Es werden Dinge toleriert, die für sie ein normales Leben unmöglich machen: Gewalt, Bedrohungen, Ausgrenzung.»

Das Netzwerk erklärte, die Umfrage unterstreiche die Notwendigkeit einer verstärkten Sensibilisierung für Antisemitismus an Hochschulen und für Vorbeugungsmaßnahmen.

Porträt

Der Sinneswandler

Derviş Hizarcı ist Muslim und kämpft gegen Judenhass in der Community. Eine Begegnung in Berlin

von Canan Topçu  14.12.2024

Weiden

Muslimischer Prediger rief zur Tötung von Juden auf – Bewährungsstrafe

Neben der Freiheitsstrafe auf Bewährung wurde dem Mann eine Geldstrafe auferlegt

 13.12.2024

Israel

TV-Bericht: Netanjahu wurde vor dem 7. Oktober von zwei Seiten vor Angriff gewarnt

Im Krankenhaus soll der Ministerpräsident auf die Bedrohung angesprochen worden sein. Sein Büro spricht von »Verleumdung und Lügen«

 13.12.2024

Nahost

Acht Hamas-Mitglieder in Gaza getötet

Zu den Terroristen gehört ein Mann, der am Massaker vom 7. Oktober 2023 in Israel beteiligt war

 13.12.2024

Berlin/Jerusalem/Tel Aviv

60 Jahre diplomatische Beziehungen: Deutsch-israelischer Buchmesse-Pavillion abgesagt

Regierungsbeamte in Israel sind enttäuscht. Die Bundesregierung sieht die Sache anders

 13.12.2024 Aktualisiert

Meinung

Wenn Social Media zur Gefahr für die Demokratie wird

Politik und Plattformbetreiber müssen konsequent gegen Desinformation und Hetze vorgehen

von Anna Staroselski  12.12.2024

Berlin

Roth: Israelische Angriffe auf syrische Waffenlager verständlich

Israels Luftwaffe bombardiert seit dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad massiv militärische Einrichtungen in Syrien. Der SPD-Politiker zeigt dafür zum Teil Verständnis

 12.12.2024

Nach Eklat

Vatikan entfernt Jesus-Kind mit Keffiyeh

Nach tagelanger Kritik hat die katholische Kirche nun reagiert, auch wenn sie sich öffentlich nicht äußert

von Nils Kottmann  12.12.2024

Baden-Württemberg

Nach antisemitischen Anfeindungen: Innenminister will Pfarrer schützen

Ein evangelischer Pastor in Langenau bei Ulm wird seit Monaten wegen seiner Kritik an den Hamas-Massakern angefeindet

 12.12.2024