Frankfurt

Lufthansa: Juden vom Weiterflug ausgeschlossen

Nicht alle gebuchten Passagiere konnten vergangene Woche in Frankfurt den Anschlussflug nach Budapest antreten: Die Lufthansa sprach ein Flugverbot aus. Foto: imago images/NurPhoto

Wurden orthodoxe Juden von der Lufthansa wegen ihrer Religionszugehörigkeit von einem Flug ausgeschlossen? Dieser Vorwurf steht im Raum, seit die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« vor einigen Tagen über einen Vorfall vom Mittwoch vergangener Woche berichtete. Am Montag veröffentlichte »Bild-TV« ein von einem betroffenen Passagier aufgenommenes Handyvideo, auf dem eine Lufthansa-Mitarbeiterin den Vorwurf explizit bestätigt.

Die Lufthansa hatte gegen 127 Passagiere, die an diesem Tag aus New York-JFK kommend in Frankfurt am Main gelandet waren, ein Weiterflugverbot ausgesprochen. Rund zwei Dutzend bewaffnete Beamte der Bundespolizei seien dann laut Berichten der Bitte der Lufthansa gefolgt und hätten das Flugverbot durchgesetzt.

ANSCHLUSSFLUG Sie hatten ursprünglich geplant, in Frankfurt umzusteigen, um zum Grab von Rabbi Yeshaya Steiner von Kerestir (dem heutigen Bodrogkeresztúr) in Ungarn zu pilgern. Dazu kam es aber nicht. Man habe die Personen nicht befördert, so ein Sprecher der Fluglinie gegenüber der FAZ, weil es zuvor an Bord der Maschine aus New York nach Frankfurt »Vorfälle« gegeben habe im Hinblick auf die Nichteinhaltung der Maskenpflicht.

Auf der Webseite »Dan›s Deals« wurden einige Videos von empörten Passagieren veröffentlicht, die gegen ihren Ausschluss protestierten.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Auf einem Clip ist ein Lufthansa-Mitarbeiter zu sehen, der auf Englisch eine Durchsage macht: »Aufgrund betrieblicher Gründe auf dem Flug von New York müssen wir für alle Passagiere hier den Weiterflug streichen. Sie wissen, warum.«

ÄUSSERE MERKMALE Ein Passagier des betreffenden Fluges gab dagegen an, das Lufthansa-Personal in Frankfurt habe alle leicht als Juden erkennbaren Passagiere am Weiterflug nach Budapest gehindert, und nicht nur einige wenige. Sie seien wegen ihrer Hüte und Schläfenlocken als Juden leicht auszumachen gewesen. Es habe sich auch nicht um eine geschlossene Reisegruppe gehandelt.

Auf dem Video des Passagiers Itsy Helpern sagt eine Lufthansa-Mitarbeiterin auf die Frage hin, warum nur Juden vom Weiterflug ausgeschlossen worden seien: »Weil es Juden sind, die mit dem Flugzeug aus New York gekommen sind. Und weil es Juden waren, die für das Durcheinander gesorgt haben. Die haben die Probleme gemacht.« Auf Nachfrage sagte sie dann, der Ausschluss der Juden gelte »nur für diesen Flug«.

Von »Bild TV« nach seinen Eindrücken gefragt, sagte Helpern, an Bord der Maschine aus New York habe nur ein einziger der 150 jüdischen Passagiere sich geweigert, eine Maske zu tragen. Das habe zu dem Problem geführt. Er sei vergangene Woche erstmals in seinem Leben in Deutschland gelandet, so der Amerikaner, dessen Großeltern deutsche Juden waren. Einige jüdische Namen seien für den Weiterflug nach Budapest aufgerufen worden, aber Passagieren, deren Äußeres auf ihre Religionszugehörigkeit hinwies, sei dies vom Bodenpersonal verweigert worden.

Am Ende startete der Flieger mit nur 30 Personen an Bord Richtung Budapest. Die zurückgewiesenen Juden mussten dagegen am Frankfurter Flughafen ausharren, bevor die meisten wieder in die USA zurückflogen. Halpern sagte »Bild TV«, er sei via Wien zurückgekehrt und habe für den Flug mehr als 800 Dollar zusätzlich ausgegeben. Er sei nicht sicher, ob er jemals nach Deutschland zurückkehren werde.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Auch wenn noch einige Fragen ungeklärt sind, gab es in den sozialen Netzwerken bereits einige Reaktionen auf den Vorfall. Die grüne Bundestagsabgeordnete Marlene Schönberger twitterte am Montag: »Sollten sich die Berichte erhärten, muss das Konsequenzen haben. Jüdinnen*Juden von einem Flug auszuschließen, weil sie als jüdisch erkennbar waren, ist ein Skandal. Besonders deutschen Unternehmen erwarte ich ein Bewusstsein für Antisemitismus.«

UMGANG Ein Tweet des American Jewish Committee (AJC) bezeichnete den Vorfall als »ungeheuerlich« und wirke wie aus dem »Lehrbuch des Antisemitismus« entnommen. Das AJC kritisierte auch den Umgang der Fluglinie mit dem Fall; dieser sei »schockierend«.

Der Leiter für Öffentlichkeitsarbeit der israelischen Botschaft in Berlin, Yaki Lopez, schrieb auf Twitter an die Adresse der Lufthansa: »Sind das die offiziellen Vorschriften Ihrer Fluggesellschaft? Würde Ihr Unternehmen sich zu diesem Vorfall äußern?«

Die Lufthansa will den Vorfall jetzt intern genauer untersuchen lassen.

Meinung

Warum die UNRWA seit 77 Jahren den Frieden in Nahost blockiert

Das UN-Flüchtlingshilfswerk für die Palästinenser verursacht erhebliche Probleme. Daher gibt es nur einen Weg

von Jusek Adlersztejn  27.10.2025

Pogromnacht 1938

Wo die Synagogen schon zwei Tage vorher brannten

In Hessen und Sachsen-Anhalt begann die Gewalt gegen Juden schon bevor Goebbels dazu aufrief

 27.10.2025

Israel-Reise

Karin Prien will Yad Vashem besuchen

Die Bildungsministerin trifft auch ihren israelischen Amtskollegen Joav Kisch

 27.10.2025

Weimar

Gedenkstätte Buchenwald erinnert an homosexuelle NS-Opfer

In dem ehemaligen Konzentrationslager ist am Sonntag an die homosexuellen Männer erinnert worden, die während der NS-Diktatur dort eingesperrt und ermordet wurden. Auch nach der NS-Diktatur erlebten die Überlebenden in Deutschland Diskriminierung

 26.10.2025

Terrorismus

Mossad: Iranischer Kommandeur plante auch Anschläge in Berlin

Israels Auslandsgeheimdienst nennt einen ranghohen iranischen Kommandeur als mutmaßlichen Hintermann vereitelter Anschläge in mehreren Ländern - darunter auch Deutschland

 26.10.2025

Essay

Vorsichtig nach vorn blicken?

Zwei Jahre lang fühlte sich unsere Autorin, als lebte sie in einem Vakuum. Nun fragt sie sich, wie eine Annäherung an Menschen gelingen kann, die ihr fremd geworden sind

von Shelly Meyer  26.10.2025

Meinung

Die Kälte der »Sozialreform«

Für die Haushaltslücken lässt die Bundesregierung wieder einmal die Schwächsten der Gesellschaft büßen. Jüdische Rentnerinnen und Rentner werden besonders hart getroffen

von Günter Jek  26.10.2025

Zeitdokument

Erstmals Fotos von NS-Deportation aus Hamburg entdeckt

Bislang galten sie als Aufnahmen einer Bomben-Evakuierung. Nun ist klar: Drei historische Fotos zeigen eine NS-Deportation von mehr als 1.000 Juden aus Hamburg. Forscher haben sie erstmals eindeutig identifiziert

 26.10.2025

Wien

Österreichs Kanzler klar für Teilnahme Israels am ESC

Im Mai 2026 soll der 70. Eurovision Song Contest in Wien stattfinden. Doch einige Staaten wie Spanien, die Niederlande und Irland haben im Fall eines israelischen Auftritts mit Boykott gedroht. Was sagt Österreichs Kanzler?

 26.10.2025