München

Kundgebung gegen Judenhass: Zeichen der Solidarität

Josef Schuster, Präsident des Zentralrat der Juden in Deutschland, spricht bei der Kundgebung »DACH gegen Hass«. Foto: picture alliance/dpa

Begleitet von einem großen Polizeiaufgebot haben am Sonntag mehrere hundert Menschen auf dem Münchner Königsplatz gegen Judenhass demonstriert. Dabei verurteilten die Kirchen Antisemitismus als unvereinbar mit dem christlichen Glauben.

Die Kundgebung »DACH gegen Hass« fand unter der Schirmherrschaft der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, und von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) statt. Dieser versicherte allen Jüdinnen und Juden, der Freistaat werde alles dafür tun, nicht nur das Generalkonsulat des Staates Israel und solche Demonstrationen zu schützen, sondern an erster Stelle das jüdische Leben hierzulande.

»Wir sind für Frieden. Aber Frieden kann es nur geben, wenn jüdisches Leben auch in Deutschland und in der Welt akzeptiert wird«, betonte Söder. Mit Blick auf den vorliegenden Friedensplan für den Nahen Osten appellierte er an die Hamas, endlich die Geiseln frei zu lassen. Weiter gab er zu bedenken: »Wenn die Hamas die Waffen abgibt, dann ist Frieden. Würde Israel heute die Waffen abgeben, dann wäre ein weiterer Überfall der nächste Schritt.«

»Urform der Menschenverachtung«

Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) verwies darauf, dass sich Judenfeindlichkeit derzeit immer weiter ausbreite in der Gesellschaft. Sie warnte all jene, die meinten, nicht betroffen zu sein: »Antisemitismus ist die Ur-Form der Menschenverachtung. Wo er vorkommt, ist früher oder später jeder der nächste!«

Auch ihr seien manche Entscheidungen der israelischen Regierung total fremd, räumte die Landtagspräsidentin ein: »Bei aller Solidarität - die Bilder aus Gaza sind natürlich auch schwer zu ertragen.« Aber gar nichts rechtfertige, jüdische Menschen kollektiv zu bedrohen, auszugrenzen oder sie gar anzugreifen: »Das ist kein Kampf für die palästinensische Sache. Das ist Judenhass - und sonst gar nichts!«

In Gaza geht Israel gegen die Hamas vor. Diese Terrororganisation verübte vor zwei Jahren die Massaker vom 7. Oktober in Israel und hat weiterhin 48 Geiseln in ihrer Gewalt. Die Verschleppten werden gefoltert, ausgehungert und ermordet. Dies geht aus Berichten früherer Geiseln hervor sowie aus Videos, die die Hamas selbst veröffentlichte.

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Entschlossenerer Kampf gegen Judenhass

Nach den Worten des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, ist Antisemitismus seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel lauter und sichtbarer geworden. Das gelte nicht nur für Deutschland, sondern auch für Österreich und die Schweiz. Es sei ein starkes Signal, dass er mit den Amtskollegen aus den beiden Nachbarländern gemeinsam auftrete. Damit werde deutlich: Man stehe als Gemeinschaft über Grenzen hinweg zusammen und lasse sich nicht spalten.

Der Kampf gegen den Antisemitismus müsse in allen drei Ländern entschlossener geführt werden, forderte Schuster. Es reiche nicht aus, auf Taten zu reagieren. Nötig sei unter anderem, konsequent die Bildung zu stärken, damit junge Menschen verstehen lernten, was Antisemitismus bedeute. Zugleich werde eine Politik benötigt, die jüdisches Leben wirksam schützte. Denn bedroht würden nicht nur Juden, sondern bedroht werde letztlich die offene Gesellschaft in ihrer ganzen Breite, so der Zentralratspräsident.

Die Vertreter der beiden großen Kirchen in Bayern betonten, jede Form von Antisemitismus sei mit dem christlichen Glauben unvereinbar. Der evangelische Landesbischof erklärte in der gemeinsamen Rede: »Jüdinnen und Juden sind unsere Nachbarn, Kolleginnen und Freunde. Wer sie angreift, greift uns alle an.«

Mehr Zivilcourage

Der Stellvertreter des katholischen Erzbischofs von München und Freising, Generalvikar Christoph Klingan, forderte, jeder Form von Antisemitismus, der sich »offen und verdeckt, auf der Straße, im Netz, in Schulen, Universitäten und Behörden« zeige, entschieden entgegenzutreten. Es gelte, mehr Zivilcourage zu zeigen. Der Hass auf Jüdinnen und Juden bedrohe die gesamte Gesellschaft und die Demokratie.

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer bezeichnete es als unerträglich, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland wieder Angst hätten. Der Antisemitismus sei in den Straßen, in den Schulen und auch im Kulturbetrieb zu finden. Kultur aber dürfe niemals Werkzeug der Ausgrenzung werden, warnte Weimer: »Kultur ist das Fenster in die Welt des anderen.« Gerade jüdische Künstlerinnen und Künstler erlebten aktuell Hetze, Verleumdung und Boykott. Sein Appell: »Wir dürfen nicht zulassen, dass die Schlinge der Intoleranz sich weiter zuzieht.«

Die von dem Münchner Hochschulprofessor Guy Katz initiierte Kundgebung »DACH gegen Hass« vereint nach eigenen Angaben ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Zu den Unterstützern zählen rund 200 jüdische Organisationen, die Deutsch-Israelische Gesellschaft sowie zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Gesellschaft. (mit ja)

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