USA

Kürt Kamala Harris einen jüdischen Gouverneur zum Running Mate?

Kamala Harris Foto: picture alliance / abaca

Kamala Harris geht nach dem Abschluss der internen Abstimmung der US-Demokraten mit vollem Rückhalt in die Präsidentschaftswahl im November. Sie kam bei dem Votum auf 99 Prozent der rund 4500 abgegebenen Delegiertenstimmen, wie die Demokratische Partei mitteilte. Die Schwelle zur notwendigen Mehrheit für die Kandidatur hatte sie bereits vergangene Woche überschritten. Harris war bei dem digitalen Votum die einzige Anwärterin - ihre Nominierung muss jetzt noch von den Führungsgremien der Partei formal besiegelt werden.

Die 59-Jährige dürfte nun sehr bald mitteilen, mit welchem Vize sie ins Rennen um das Weiße Haus gegen den Republikaner Donald Trump gehen wird. Denn bereits am Dienstagabend (Ortszeit) ist der erste gemeinsame Auftritt mit dem aktuell noch unbenannten Kandidaten an ihrer Seite geplant - bei einer Wahlkampfveranstaltung in Philadelphia im wichtigen Swing State Pennsylvania. Danach will das Demokraten-Duo eine Blitz-Wahlkampftour durch die politisch ebenfalls besonders umkämpften Bundesstaaten Wisconsin, Michigan, North Carolina, Georgia, Arizona und Nevada antreten.

Josh Shapiro ist seit Januar 2023 Gouverneur von PennsylvaniaFoto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Die Auswahl des Vizepräsidentschaftskandidaten im US-Wahlkampf ist üblicherweise ein komplizierter Prozess, der jetzt im Eiltempo ablaufen muss - denn Harris rückte durch den lange nicht für möglich gehaltenen Ausstieg von US-Präsident Joe Biden extrem kurzfristig als Kandidatin nach.

Fällt die Wahl auf Josh Shapiro?

Im Gespräch für den Vize-Posten sind neben Senator Mark Kelly aus Arizona, Gouverneur Tim Walz aus Minnesota und Gouverneur Josh Shapiro aus Pennsylvania auch Gouverneur J.B. Pritzker aus Illinois, Gouverneur Andy Beshear aus Kentucky und Verkehrsminister Pete Buttigieg. Laut US-Medien sprach Harris am Wochenende mit Kelly, Walz und Shapiro.

Besonders letzterem werden große Chancen eingeräumt - er wird schon seit längerem für höhere Ämter gehandelt. Als Gouverneur von Pennsylvania wird Shapiro in jedem Fall bei Harris‹ Kundgebung in Philadelphia mit dabei sein. Der 51-Jährige ist relativ neu auf der nationalen politischen Bühne, aber sehr populär. Vor seiner Zeit als Gouverneur war er Generalstaatsanwalt in Pennsylvania. Demokraten im linken Flügel der Partei ist er in wichtigen Fragen zu konservativ. Viele von ihnen halten Tim Walz für die bessere Wahl als Vizepräsidentschaftskandidat.

Vorgezogene Online-Abstimmung

Die Spannung ist also groß mit Blick auf die Frage, welchen Kräften in ihrer Partei sich Harris bei der Entscheidung zuwenden und welche sie möglicherweise verprellen wird. Dabei geht es auch darum, welchen Ton Harris im Wahlkampf zu setzen gedenkt und mit welchen Themen sie bei den Wählern punkten will.

Harris war in einer dramatischen Wende zur Frontfrau der Demokraten aufgestiegen, nachdem Biden sich aus dem Rennen zurückgezogen hatte. Der 81-Jährige war wegen seines Alters und Zweifeln an seiner mentalen Fitness in den eigenen Reihen zunehmend unter Druck geraten und verkündete schließlich seinen Rückzug.

Schon bei der Verkündung seines Ausstiegs schlug Biden seine Vizepräsidentin als Ersatzkandidatin vor. Die Partei versammelte sich innerhalb weniger Tage hinter Harris, die sich seither in den Umfragen besser schlägt als zuvor Biden.

Eigentlich hätte die Kandidatenkür erst beim Parteitag der Demokraten in Chicago vom 19. bis 22. August stattfinden sollen. Sie wurde jedoch wegen Fristen für den Druck von Wahlzetteln in einigen Bundesstaaten vorgezogen. Über eine Online-Plattform konnten die Parteitagsdelegierten aus allen Bundesstaaten seit Donnerstag ihre Stimme abgeben. Die Abstimmung lief bis Montagabend (18.00 Uhr Ortszeit; Mitternacht deutscher Zeit).

Essay

Ausweg Palästina

Große Teile der Linken sind mit der Komplexität der Gegenwart überfordert. Orientierung suchen sie ausgerechnet im Hass auf den jüdischen Staat. Mit progressiver Politik hat das wenig zu tun

von Jessica Ramczik, Monty Ott  13.09.2025

Sachsenhausen

120 Minuten Holocaust

Angesichts des grassierenden Antisemitismus sollen Schüler zum Besuch einer NS-Gedenkstätte verpflichtet werden. Doch was kann eine Führung vor Ort tatsächlich bewirken?

von Mascha Malburg  13.09.2025

Brüssel

»Gegen EU-Grundwerte«: Kommission verurteilt Festival

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission hat den Boykott der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani in die Nähe von Antisemitismus gerückt und scharf verurteilt

von Michael Thaidigsmann  12.09.2025

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Berlin

Humboldt-Universität will gegen Antisemitismus vorgehen

Präsidentin Julia von Blumenthal sieht ihre Hochschule für künftige Auseinandersetzungen rund um den Nahost-Konflikt gut vorbereitet

von Lukas Philippi  12.09.2025

Kommentar

Die Genozid-Lüge

Wie die Hamas nach dem 7. Oktober vom Täter zum Opfer wurde – und Israel zur Verkörperung des Bösen schlechthin

von Stephan Lehnstaedt  12.09.2025

Nachkriegsjustiz

Verhandlung über Massenmord: Vor 80 Jahren begann der Belsen-Prozess

Fünf Monate nach der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen erhob ein britisches Militärgericht in Lüneburg Anklage gegen die Täter. In einer Turnhalle begann damit vor 80 Jahren der erste große NS-Kriegsverbrecherprozess in Deutschland

von Karen Miether  12.09.2025

Belgien

Deutsche Botschaft beendet Partnerschaft mit Gent-Festival

Die Deutsche Botschaft in Brüssel hat nach der Ausladung der Münchner Philharmoniker ihre Zusammenarbeit mit dem Flandern-Festival in Gent eingestellt

von Michael Thaidigsmann  11.09.2025

Debatte

Zentralrat: Ausladung Shanis ist »fatales Signal«

Wer einen Künstler aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder seiner jüdischen Religion ausgrenzt und diskreditiert, trete die Demokratie mit Füßen

 11.09.2025