Die Stadt Langenau in der Nähe von Ulm hat am Freitag nach dem körperlichen Angriff »propalästinensischer« Aktivisten auf Gottesdienstbesucher am vergangenen Sonntag Kundgebungen »im Umfeld von Gottesdiensten« vor der evangelischen Martinskirche vorerst untersagt.
Mit einer Allgemeinverfügung wolle die Kommune in Baden-Württemberg verhindern, dass israelfeindliche Proteste weiter eskalieren, hatte Langenaus Bürgermeisterin Daria Henning (CDU) bereits am Mittwochabend im Südwestrundfunk (SWR) angekündigt. Am Freitag teilte die Kommune mit, die Stadt Langenau habe mit sofortiger Wirkung die Allgemeinverfügung erlassen, um die Gottesdienste in der Martinskirche vor Störungen zu schützen.
Pöbeleien, Störaktionen, Gewalt
Bereits seit mehr als einem Jahr hatte Ortspfarrer Ralf Sedlak an die Stadt appelliert, ihn und seine Gemeinde schützen. Der Pfarrer war auch in seinem Wohnumfeld behelligt worden. Störer hatten unter anderem Aufkleber mit der Inschrift »Zionist, Faschist« am Gemeindehaus und am Pfarrhaus angebracht. Zudem wurden Gottesdienstbesucher angepöbelt und Plakate mit »Genozid«-Vorwürfen gegenüber dem Hauptausgang der Kirche platziert.
Am vergangenen Sonntag war es vor der Martinskirche zu einem körperlichen Angriff israelfeindlicher Demonstranten auf Gottesdienstbesucher gekommen. Nach Angaben des SWR laufen gegen den 75 Jahre alten Hauptorganisator der Proteste mehrere Verfahren, vorwiegend wegen Beleidigung.
Pfarrer Ralf Sedlak hatte am 15. Oktober 2023 in einem Gottesdienst nach dem Überfall der Terrororganisation Hamas vom 7. Oktober 2023 auf Israel Solidarität mit den israelischen Opfern zum Ausdruck gebracht. Bereits diese Predigt war lautstark gestört worden.
Die Stadt rechtfertigte das späte Eingreifen in ihrer Mitteilung von Freitag: « Als Verwaltungsbehörde sind wir an die
Rechtsstaatlichkeit und an das Gebot der Verhältnismäßigkeit gebunden. Zudem ist die Versammlungs- und Meinungsfreiheit grundgesetzlich geschützt. Deshalb konnten wir bislang nicht zum Mittel der Allgemeinverfügung greifen. Nach der Eskalation vom Sonntag
hat sich das geändert«, so Bürgermeisterin Henning. Der Gemeinderat, die Verwaltung und die Bürgermeisterin verurteilten Gewalt und Antisemitismus »aufs Schärfste«.
Es gehe darum, »dass Kundgebungen mit Plakaten und Ähnlichem verboten werden«, hatte Henning im Vorfeld gesagt. In der Vergangenheit habe es bei solchen Kundgebungen Beleidigungen, üble Nachrede sowie jüngst auch Angriffe und damit körperliche Auseinandersetzungen gegeben. Es gelte nun, »dem entgegenzuwirken und nicht mehr diesen Raum zu bieten, dass anlässlich dieser Kundgebungen Menschen zu Schaden kommen«, so die Bürgermeisterin.
Landesbischof: Stadt hat zu lange gewartet
Mit der Allgemeinverfügung zur Untersagung der antisemitisch motivierten Kundgebungen vor der Kirche entspricht die Stadt einer Forderung des württembergischen Landesbischofs Ernst-Wilhelm Gohl. Dieser hatte am Mittwoch in einer Pressekonferenz gesagt, jetzt sei »ein Punkt erreicht, wo man endlich diese untragbaren Zustände beenden muss«.
Bisher habe die Stadt »sehr lange zugewartet«. Eine Hand voll Aktivisten wolle jedoch »den Pfarrer und die Gemeinde zermürben«, warnte der Landesbischof und verwies auf das Grundrecht der freien Religionsausübung.
Die Stadt Langenau teilte am Freitag weiter mit, zwischenzeitlich hätten »Gespräche mit Veranstaltern« sowie ein von der Stadt angeordneter Standortwechsel der Proteste auf die gegenüberliegende Straßenseite für »Entspannung« gesorgt. Auch mehrere Aufenthaltsverbote seien durch die Stadtverwaltung ausgesprochen worden. Ein nachhaltiger Effekt sei jedoch ausgeblieben. Die Stadt habe die Entwicklung genau beobachtet, um zu prüfen, ob verschärfte Maßnahmen rechtlich möglich und sinnvoll seien.
Bereits im Januar 2025 will die Stadt Langenau nach eigener Darstellung gemeinsam mit dem Landesbeauftragten gegen Antisemitismus, der Polizei und Vertretern der Kirchen ein klares Zeichen gesetzt haben: »Hetze, Anfeindungen und volksverhetzende Parolen haben in Langenau keinen Platz.« Diese Haltung bleibe Maßstab für das weitere Handeln der Stadt. Eine entsprechende Resolution habe der Gemeinderat schon vor längerer Zeit beschlossen, so die Kommune.