Nahost

»Keine Ahnung, aber eine starke Meinung«

Ohne die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt des Staates Israel kann es keine Lösung des Konflikts im Nahen Osten ge-ben. Das sagte der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, am Wo-chenende auf einer Veranstaltung der »Scholars for Peace in the Middle East« (SPME) in Berlin. »Die Entscheidung von US-Präsident Trump zur Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt hat entgegen der mehrheitlichen Wahrnehmung der Weltöffentlichkeit die Zweistaatenlösung nicht unmöglich gemacht«, sagte Issacharoff. Der Schritt sei vielmehr die längst überfällige Anerkennung der Realität gewesen.

Die SPME hatten aus Anlass ihres zehnjährigen Jubiläums zu einem Symposium geladen. Der Titel der zweitägigen Tagung lautete »Seit 150 Jahren aktuell: Antisemitismus, Nahost und kein Ende«. Zusammen mit Vertretern aus Politik und Medien dis-kutierten die Akademiker über die Lage im Nahen Osten und den Zustand der deutsch-israelischen Beziehungen. »Der israelbezogene Antisemitismus wird auch hierzulande immer stärker und gewalttätiger«, sagte Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats der Juden. Wenn Demonstranten antiisraelische Hass-Parolen riefen und auf offener Straße Israelfahren verbrennen, dürfe die Politik nicht wegschauen, sondern müsse konsequent Stellung beziehen, forderte Botmann weiter.

antisemitismus Am Wochenende war es in Berlin und anderen europäischen Städten zu antisemitischen Vorfällen gekommen. Bei Kundgebungen und Demonstrationen vor dem Brandenburger Tor und in Neukölln hatten Demonstranten antisemitische Parolen skandiert und Fahnen mit Davidstern verbrannt. »Hier springt uns ganz offen und ungeniert Antisemitismus entgegen«, sagte Botmann. Angesichts dieser bedenklichen Entwicklungen seien Organisationen wie die SPME mit ihrem Ansatz der Aufklärungsarbeit wichtiger denn je.

Die 2007 in Berlin gegründete deutsche Sektion der SPME setzt sich wie ihre Mutterorganisation für einen ausgewogenen Umgang mit Israel und gegen Antizionismus und Antisemitismus im Wissenschaftsbereich ein. Die Akademiker haben es sich dabei zu ihrer Aufgabe gemacht, israelfeindlichen Äußerungen an den Hochschulen und den an Universitäten verbreiteten Aktionen der sogenannten BDS-Kampagne durch Widerspruch und Information zu begegnen.

Dass ausgewogene Informationen das A und O für ein umfassendes Verständnis der komplexen Lage im Nahen Osten sind, be-fanden auch die Teilnehmer der Podiumsdiskussion zum Israelbild in den deutschen Medien, die im Rahmen des Symposiums stattfand.

mainstream »Das mediale Bild sowie der Umgang der deutschen Mainstream-Politik mit Israel ist mehr als einseitig«, sagte Simon Akstinat von der Jüdischen Rundschau. Von keinem einzigen deutschen Politiker habe er ein verständnisvolles, geschweige denn positives Statement zu Trumps Jerusalem-Entscheidung gehört. »Wenn die Freundschaft zu Israel deutsche Staatsräson ist, sollten politische Entscheidungen, die Israel unterstützen, auch von Deutschland unterstützt werden«, meinte Akstinat.

Michael Wuliger, langjähriger Redakteur der Jüdischen Allgemeinen, sagte, dass die Situation in Deutschland bei Weitem nicht so schlimm sei wie in anderen Ländern. »Die deutschen Medien und Rundfunkanstalten sind nicht explizit antiisraelisch«, sagte Wuliger. Gerade im Vergleich zu Nachbarländern seien hiesige Berichte bisweilen »gemäßigt«. Das Problem hierzulande sei oft einfach, dass die Journalisten schlecht über die Lage in Israel und dem Nahen Osten Bescheid wüssten.

Dem konnte Alexander Grau, Autor des Cicero, nur beipflichten: »Der Deutsche hat häufig keine Ahnung vom Nahen Osten, aber eine ganz starke Meinung dazu.«

Berlin

Antimuslimischer Rassismus trifft Frauen besonders stark

Übergriffe auf Menschen, die Muslime sind oder als solche wahrgenommen werden, haben nach Aussage von Mitarbeitern von Beratungsstellen ein alarmierendes Ausmaß erreicht

 17.06.2025

Washington D.C.

Trump will »echtes Ende« für iranisches Atomprogramm

Der Iran hätte den bisherigen Verhandlungsvorschlag annehmen sollen, schreibt der US-Präsident

 17.06.2025

Judenhass in Brandenburg

Hausverbot für Juden und Israelis

Die Polizei ermittelt Geschäften »Yörük I« und »Yörük II« in Brandenburg

 17.06.2025

Calgary/Washington D.C.

Trump offen für Putin als Vermittler in Israel-Iran-Krieg

Wladimir Putin führt seit 2022 einen Eroberungskrieg gegen die Ukraine. Nun bietet sich der Aggressor selbst als Friedensstifter im Konflikt zwischen Israel und dem Terrorsponsor Iran an. Einer hält die Idee für gut

 17.06.2025

Berlin

Deutsch-Israelische Literaturtage abgesagt

Der Krieg zwischen Israel und Iran erreicht das Berliner Kulturprogramm

 17.06.2025

Berlin

Leo Baeck Institut feiert 70-jähriges Bestehen

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält ein Grußwort und spricht darin auch über den zunehmenden Antisemitismus

 17.06.2025

Kananaskis (Kanada)

G7 einigt sich überraschend auf Erklärung zum Iran-Krieg

Beim G7-Gipfel sieht es zunächst so aus, als könnten sich die Teilnehmer bei wichtigen außenpolitischen Themen nicht auf eine gemeinsame Sprache verständigen. Nun gibt es doch eine Ausnahme.

 17.06.2025

Kanada

Trump verlässt G7-Gipfel - und kanzelt Macron wegen Israel ab

Nach nur einem Gipfeltag reist US-Präsident Trump vom G7-Treffen in den Rocky Mountains ab. Grund ist die Krise im Nahen Osten. Was werden die USA nun tun?

 17.06.2025

Meinung

Die »Staatsräson« mit neuem Leben füllen

Umfragen zeigen, dass Israel hierzulande alles andere als beliebt ist. Dabei sollte allen Deutschen das Schicksal des jüdischen Staates am Herzen liegen - gerade angesichts der Bedrohung aus dem Iran

von Nikolas Lelle  16.06.2025