Identität

Karin Prien und das Sprechverbot über ihre jüdische Familie

Schleswig-Holsteinische Bildungsministerium Prien Foto: imago images/Eibner

Die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Karin Prien (CDU), hat ihr langes Schweigen über ihre jüdische Herkunft erklärt. »Es gab eben dieses Verbot von zu Hause, also nicht in dem Sinne, du wirst bestraft, sondern im Sinne von: Mach das nicht, das ist gefährlich, denn hier sind immer noch Nazis«, so Prien im »Zeit«-Magazin (Donnerstag).

Ende der 1960er-Jahre sei die Familie aus Amsterdam, wo Prien 1965 zur Welt kam, nach Rheinland-Pfalz übergesiedelt. Damals sei »das Bekennen zum Jüdischsein nichts Selbstverständliches gewesen, und man tat es auch nicht ohne Beklommenheit«, erklärte die Politikerin. Insbesondere ihre Mutter habe ein offenes Bekenntnis gefürchtet: »Für sie lebten wir im Land der Täter. Und deshalb war es klar, dass man darüber nicht redete.«

Auch Deutsch habe sie auf Wunsch der Eltern erst spät gelernt, deutsche Staatsbürgerin sei sie erst mit 26 geworden, um in den Staatsdienst einsteigen zu können. »Das war für meine Mutter eine große Sache, dass ich Deutsche wurde, sie fand das nicht gut«, sagte Prien.

Prien (56) ist seit 2017 Bildungsministerin von Schleswig-Holstein und übernahm zum Jahresbeginn turnusmäßig den Vorsitz der Kultusministerkonferenz. Erst 2016 hatte sie ihre jüdische Herkunft erstmals öffentlich thematisiert.

Nach einem umstrittenen Tweet über Corona bei Kindern wurde die Bildungsministerin nach eigenen Angaben kürzlich auch mit Hinweis auf ihre Familiengeschichte stark öffentlich angegangen, so dass sie sich von Twitter zurückzog. Dies habe aber nichts mit ihrem Jüdischsein zu tun, »sondern mit einer in Teilen völlig entgleisten Debattenkultur«, so Prien.

»Man wird persönlich angegriffen, und zwar so böswillig, dass es in die eigene Wahrnehmung von mir als Feindbild passt. Und da werden eben alle Register der Schäbigkeit gezogen. Aussehen, Abstammung, Familie - da ist ein jüdischer Familienhintergrund keine Besonderheit.«

Gleichzeitig mahnte die Bildungsministerin ein besonnenes Vorgehen gegen aktuell aufflammendem Antisemitismus an. »Man muss die Mechanismen verstehen, um etwas dagegen zu unternehmen. Und ich glaube nicht, dass es nützt, sich hinzustellen und zu sagen: Ihr seid Antisemiten, und wir müssen euch das austreiben. Damit erreicht man nichts.« kna

Vatikan

Robert Francis Prevost ist neuer Papst

Er ist der erste Amerikaner in diesem Amt und hat sich den Namen Leo XIV. gegeben

von Philipp Znidar, Sabina Crisan  09.05.2025 Aktualisiert

Gedenken

Steinmeier: »Flüchten wir nicht aus unserer Geschichte«

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach bei der Gedenkstunde im Bundestag zum Ende des Zweiten Weltkriegs über Gefahren für die Demokratie

 08.05.2025

Gericht

AfD rechtsextrem? Verfassungsschutz gibt Stillhaltezusage ab

Damit können die Verfassungsschützer die AfD nicht beobachten, bis das Verwaltungsgericht Köln ein Urteil gefällt hat

 08.05.2025

Kommentar

Die Menschen in Gaza brauchen schnell Hilfe

Eine Demokratie wie Israel sollte sich nicht auf schmutzige Kriegstaktiken wie die Blockade von Hilfsgütern einlassen, auch wenn es sich bei der Hamas um skrupellose, abgrundtief böse Terroristen handelt

von Nils Kottmann  08.05.2025

Kommentar

Ulrike Eifler, die Linkspartei und die Auslöschung Israels

Ein hochrangiges Mitglied der Partei delegitimiert auf X Israel. Die Linke muss sich klar davon distanzieren, wenn sie glaubwürdig für Menschenrechte eintreten will

von Andreas Büttner  08.05.2025

Kommentar

Der Ukraine-Krieg überlagert die Pluralität der Erinnerungen

Die Auffassung, dass jeder nach seiner Fasson dem Zweiten Weltkrieg gedenkt, wurde durch Russlands Einmarsch in die Ukraine zerstört. Lenin- und Roter Stern-Orden jüdischer Veteranen und Veteraninnen und ihre »hundert Gramm« in Erinnerung an die gefallenen Kameraden wirken deplatziert

von Dmitrij Belkin  08.05.2025

Umfrage

80 Jahre Kriegsende – Jeder fünfte Deutsche will mehr Gedenken

Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht. Der Zweite Weltkrieg war vorüber. In Berlin und anderswo erinnern die Menschen an die Millionen Opfer. Jüdische Vertreter würdigen die Erinnerungskultur - und warnen zugleich

von Leticia Witte  08.05.2025

Debatte

Schuster: AfD-Regierung wäre für Juden das Signal zur Auswanderung

Die hohen Zustimmungswerte der AfD machen gerade Juden besorgt. Zentralratspräsident Josef Schuster erinnert an die 1930er Jahre: Auch in der NS-Zeit hätten viele Juden lange nicht für möglich gehalten, was dann folgte

von Christoph Schmidt  07.05.2025

Globaler Antisemitismus

J7 beklagen Staatsversagen beim Kampf gegen Judenhass

Ziele sind Einrichtungen wie Synagogen und Schulen - aber auch Menschen. Ein Bericht zeigt erschreckende Zahlen zu Antisemitismus in Deutschland, den USA, Argentinien, Großbritannien, Kanada, Frankreich und Australien

von Leticia Witte  07.05.2025