»Corona-Manifest«

»Jeder Kommentar erübrigt sich«

Rabbiner Jehoschua Ahrens Foto: privat

»Corona-Manifest«

»Jeder Kommentar erübrigt sich«

Erzbischof Viganò hat auf die Kritik von Jehoschua Ahrens mit einem Brief reagiert. Der Rabbiner will dazu nicht Stellung nehmen

von Ayala Goldmann  27.05.2020 11:33 Uhr

Nach seinem Manifest gegen eine sogenannte Weltregierung in Corona-Zeiten hat sich Erzbischof Carlo Maria Viganò nun erneut mit einem Brief an den orthodoxen deutschen Rabbiner Jehoschua Ahrens ins Gespräch gebracht. Damit reagierte Viganò auf ein Interview der »Jüdischen Allgemeinen« mit Ahrens vom 19. Mai, in dem der Rabbiner das Manifest als »Schock« bezeichnete.

Anfang Mai hatte eine Gruppe um Viganò ein Schreiben veröffentlicht, in dem es hieß, Covid-19 solle genutzt werden, um eine Weltregierung zu schaffen, »die sich jeder Kontrolle entzieht«. Zudem wurde angeführt, die Pandemie diene als Vorwand, um »Grundfreiheiten unverhältnismäßig und ungerechtfertigt« einzuschränken. Zu den prominentesten Unterzeichnern des Aufrufs gehörte Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller. Die Deutsche Bischofskonferenz ging auf Distanz.

Rabbiner Ahrens hatte der Jüdischen Allgemeinen in dem Interview dazu gesagt, es sei ein »Riesenproblem«, dass sich Verschwörungstheorien auch in Kirchenkreisen ausbreiteten. »Wir wissen schon seit einiger Zeit, dass es Menschen auch innerhalb der Kirchen gibt, die solchen Theorien anhängen. Aber jetzt trauen sie sich, diese Meinungen noch offener zu äußern«, so Ahrens in dem Interview.

In seinem Schreiben an Rabbiner Ahrens, das Viganò Anfang dieser Woche der Jüdischen Allgemeinen und der Website katholisch.de zukommen ließ, legte der Erzbischof nun nach: Er rückte die Arbeit von Medien und Ärzten in der Corona-Pandemie sowie die Kritik an dem Manifest in die Nähe des Nationalsozialismus und schrieb, die Aussagen des Rabbiners hätten ihn erstaunt.

Einen »Ausdruck von Besorgnis – noch dazu vorgetragen von angesehenen Persönlichkeiten – schlicht als ›Verschwörungstheorien‹ abzutun, scheint mir keine konstruktive Herangehensweise zu sein«, befindet Viganò. In seinem Brief vergleicht der Erzbischof sowohl die Arbeit von Medien und Ärzten in der Corona-Pandemie als auch die Kritik an dem Aufruf mit den Verhältnissen im Nationalsozialismus.

Es habe eine Zeit gegeben, in der sich »unter dem Gehorsam der Massen eine höllische Diktatur mit einem verabscheuungswürdigen Verbrechen befleckte, indem sie schuldig wurde an der Deportation und Ermordung von Millionen unschuldiger Menschen nur aufgrund ihres Glaubens und ihrer Abstammung.«

Weiter schrieb Viganò: »Schon damals priesen die Massen- oder Mainstream-Medien die Mächtigen und schwiegen zu ihren Verbrechen; schon damals stellten Ärzte und Wissenschaftler ihr Wirken in den Dienst eines wahnhaften Herrschaftsplans; schon damals wurde, wer es wagte, die Stimme zu erheben, bezichtigt, ›Verschwörungstheorien‹ zu verbreiten. Es musste erst das Ende des Zweiten Weltkriegs abgewartet werden, um mit Entsetzen die Wahrheit zu entdecken, die viele bis dahin verschwiegen hatten.«

Rabbiner Jehoschua Ahrens sagte dazu an diesem Mittwoch im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen: »Wenn jemand die Corona-Beschränkungen mit der NS-Diktatur vergleicht, erübrigt sich jeder weitere Kommentar.«

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