Einspruch

Ist Justitia blind?

Gideon Botsch Foto: imago images/Metodi Popow

Im brandenburgischen Wittstock/Dosse führte die Kleinstpartei »Der III. Weg« vergangene Woche eine Demo durch. Keine zwei Wochen, nachdem ein fackelschwingender Mob die Gesundheitsministerin Sachsens vor ihrem Privathaus bedrohte, wollte die Polizei ein ähnlich beängstigendes Szenario verhindern und untersagte das Mitführen von Fackeln.

Doch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) wies diese Auflage zurück. Die Begründung ist nicht nachvollziehbar. Fackeln hätten für sich genommen keinen spezifisch nationalsozialistischen Symbolgehalt, betont das OVG. »Für sich genommen« – das hat niemand behauptet: Der III. Weg verherrlicht den Nationalsozialismus, und er ist ideologisch eng an dessen Gedankengut angelehnt.

verbotsverfügung Die Polizei stellte diesen offenkundigen Zusammenhang in ihrer Verbotsverfügung her, das OVG will ihn nicht sehen. Wenn es indes eine Partei gibt, auf die die juristischen Fachbegriffe »aggressiv-kämpferisch« und »Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus« zutreffen, ist es der III. Weg.

Nicht zufällig trugen am 15. Januar 2021 uniformähnlich gekleidete Protestierende ebenfalls in Wittstock die Parteiparole »National – revolutionär – sozialistisch« zur Schau. Auch frühere Aufmärsche des III. Wegs waren durch ihre Anlehnung an völkischen Radau-Antisemitismus und NS-Rassenpolitik geprägt.

rechtsprechung Wiederholt tat sich die unabhängige Rechtsprechung in Deutschland schwer, Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung angemessen zu begegnen. Weder im Studium und in Fortbildungen noch durch die juristische Fachliteratur werden Richter offenbar hinreichend darauf vorbereitet, diese Bedrohungen zu erkennen.

Justitia soll nur insofern blind sein, dass sie Recht für alle nach gleichem Maßstab spricht. Relevante Fakten darf sie dabei nicht ignorieren. Nach anderthalb Jahren offener und aggressiver antisemitischer Straßenagitation, Verschwörungsmystik und Coronaleugnung hätte es eines sehenden Auges bedurft.

Der Autor ist Extremismusforscher in Potsdam.

München

Friedman fordert Social-Media-Regulierung als Kinderschutz

Hass sei keine Meinung, sondern pure Gewalt, sagt der Publizist. Er plädiert für strengere Regeln

 10.10.2025

Waffenruhe

»Wir werden neu anfangen, egal, wie schwer es ist«

Im Gazastreifen feiern die Menschen die Aussicht auf ein Ende des Krieges

 09.10.2025

Perspektive

Wir lassen uns nicht brechen – Am Israel Chai! 

Ein Zwischenruf zum 7. Oktober

von Daniel Neumann  06.10.2025

Berlin

Preis für Zivilcourage für Brandenburger Bürgermeisterin

Christine Herntier wird für ihr Engagement gegen Rechtsextremismus vom »Denkmal für die ermordeten Juden Europas« und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin ausgezeichnet

 01.10.2025

Terror

»Das Einfühlungsvermögen für Juden ist aufgebraucht«

Die Berliner Psychologin Marina Chernivsky zieht eine bittere Bilanz nach dem 7. Oktober

von Franziska Hein  30.09.2025

Nahost

Die Knackpunkte in Trumps Friedensplan

Netanjahu stellt sich hinter Trumps Plan für ein Ende des Gaza-Kriegs. Doch darin gibt es noch viele unklare Stellen

von Anna Ringle, Cindy Riechau  30.09.2025

Gaza/Jerusalem

Hamas fordert Feuerpause - Leben zweier Geiseln bedroht

Laut Kassam-Brigaden sei der Kontakt zu den beiden abgebrochen

 28.09.2025

New York/Teheran

Iran-Sanktionen wieder in Kraft

DIG und iranische Oppositionelle im Exil begrüßen die Entscheidung

 28.09.2025

New York

Zohran Mamdani an Jom Kippur nicht willkommen

Manhattans Synagoge B’nai Jeshurun will den demokratischen Kandidaten für das Bürgermeisteramt nicht empfangen

 28.09.2025