Diplomatie

»Im Gespräch bleiben«

Marcus Faber Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Herr Faber, welche Eindrücke haben Sie von Ihrer Israel-Reise mitgebracht?
Ich war überrascht, wie groß der Widerstand gegen die von der Regierung geplanten Reformen des Justizwesens ist. Er geht quer durch alle Bevölkerungsschichten hindurch, sogar Mitglieder der Streitkräfte protestieren. Ich habe noch nie erlebt, dass ein Land sich so breit gegen ein Reformvorhaben seiner frisch gewählten Regierung aufgestellt hätte. Fast überall sah man Demonstranten, die israelische Flaggen trugen und sich für den Rechtsstaat einsetzten. Das war schon beeindruckend.

Kann Deutschland durch Ratschläge von außen zur Justizdebatte beitragen?
Die Leute in Israel sprachen das Thema von sich aus an. Sie fragten mich, wie das alles in Deutschland wahrgenommen würde. Ich konnte so in ruhigem, freundschaftlichem Ton erklären, was für ein Verständnis von Demokratie wir hier haben, dass das die Gewaltenteilung beinhaltet und auch eine unabhängige Judikative, die ihre Entscheidungen autonom trifft. Schaum vor dem Mund oder der erhobene Zeigefinger sind aber weder angezeigt noch hilfreich.

Wird der Ruf Israels in Deutschland durch die Debatte Schaden nehmen?
Falls diese Vorhaben wie geplant verabschiedet werden, ist das schon möglich. Dann müsste man hinter Israels Rechtsstaatlichkeit ein Fragezeichen setzen. Aber das erscheint mir noch nicht ausgemacht. Es braucht ja nur vier Knessetabgeordnete, die sich dem Vorhaben verweigern – und auch im Likud gibt es Skeptiker. Vielleicht gibt es ja doch noch einen Kompromiss.

Wie sollte Berlin mit den Rechtsaußen­Politikern in der Netanjahu-Regierung umgehen? Sollte es wieder eine gemeinsame Kabinettssitzung geben?
Mit wem sich das Bundeskabinett trifft, muss es selbst entscheiden. Ich fände es richtig, dass man die Gespräche und Kontakte aufrechterhält und im bilateralen Austausch auf die gemeinsamen Grundwerte hinweist. Ich erwarte von jedem Minister – egal, welchen Staat er vertritt – ein klares Bekenntnis zum Gewaltverzicht und nicht Aufrufe an die eigenen Bürger, die Häuser anderer anzuzünden. Dennoch: Die Israelis entscheiden, wer in ihrer Regierung sitzt. Und wenn sich eine solche neu findet, sollte man den Gesprächsfaden mit ihr nicht gleich abreißen lassen.

Wird in Deutschland genug über den wachsenden Extremismus auf palästinensischer Seite diskutiert?
Es ist interessant, welche Dinge hier wahrgenommen werden und welche weniger. Als ich in Tel Aviv war, gab es erneut einen Terroranschlag. Darüber wurde in Deutschland kaum berichtet, ganz im Gegensatz zu den Protesten gegen die Regierung. Deswegen möchte ich die Menschen motivieren, das persönliche Gespräch zu suchen mit den Israelis und dort einmal hinzureisen.

Mit dem FDP-Bundestagsabgeordneten und Vizepräsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft sprach Michael Thaidigsmann.

Berlin

Merkel diskutiert mit Schülern über NS-Täter

Verbrechen und Verantwortung: Ex-Kanzlerin Merkel schaut gemeinsam mit Schülern eine Doku über junge Männer, die zu NS-Tätern wurden. Die Jugendlichen im Saal nimmt sie in die Pflicht

 22.01.2025

Meinung

Trump und Israel: Eine unbequeme Wahrheit

Der designierte 47. US-Präsident hat noch vor Amtsantritt mit seiner Nahostpolitik der maximalen Abschreckung und Härte mehr in Israel und Gaza erreicht als die Biden-Administration und die Europäer in den vergangenen 13 Monaten

von Philipp Peyman Engel  21.01.2025 Aktualisiert

Debatte

Scholz äußert sich zu Musks umstrittener Geste

Elon Musks Hitlergruß-ähnliche Geste bei einer Rede zu Trumps Amtseinführung sorgt für Irritationen. Auch beim Weltwirtschaftsforum in Davos ist sie Thema. Der Kanzler reagiert

 21.01.2025

Meinung

Wenn Freunde peinlich werden

Das Auswärtige Amt hat einem deutsch-israelischen Stand bei der Frankfurter Buchmesse eine Absage erteilt. Ein Armutszeugnis für Außenministerin Baerbock, findet unsere Redakteurin Ayala Goldmann

von Ayala Goldmann  21.01.2025 Aktualisiert

27. Januar

»Als ob es gestern wäre«: 80 Jahre nach Auschwitz

Das Grauen des Holocaust wirklich zu verstehen, fällt heute schwer. Aber wegsehen ist keine Option, findet nicht nur die Überlebende Margot Friedländer

 21.01.2025

Washington D.C./Berlin

Trump stoppt UNRWA-Finanzierung

Die USA waren der größte Beitragszahler der UNO-Unterorganisation. Dies gilt vorerst nicht mehr

von Imanuel Marcus  21.01.2025

Kommentar

Trump 2.0 wird den Nahen Osten erneut verändern

Carsten Ovens erläutert Chancen und Risiken der künftigen US-Außenpolitik

von Carsten Ovens  21.01.2025

USA

TV-Mann, Milliardär, Radikale: So soll Trumps Team aussehen

Bei der Wahl der Kandidaten für gewichtige Posten spielten für den neuen US-Präsidenten Trump Fernsehtauglichkeit, stramme Gefolgschaft und Geld eine Rolle. Wer hat in Washington bald das Sagen?

von Christiane Jacke  21.01.2025

Verfassungsschutz

AfD Sachsen bleibt »gesichert rechtsextrem«

Das sächsische Oberverwaltungsgericht wies eine Beschwerde der Partei zurück

 21.01.2025