Nach dem Angriff auf einen 24-jährigen Aserbaidschaner am Freitag in einer Erfurter Straßenbahn verdichten sich Hinweise auf ein antisemitisches Motiv. Der weiterhin flüchtige Täter habe dem jungen Mann nicht nur seine Halskette mit Davidstern geraubt, sondern ihn auch als Juden beschimpft, teilte der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm, am Montagabend nach einem Treffen mit dem Opfer in Erfurt mit. Das Schmuckstück seiner Mutter, das der Student seit seiner Kindheit getragen habe, sei verloren.
Schramm sagte, der Vorfall bestätige jüdische Ängste vor eskalierendem Hass. Viele europäische Politiker und Teile der Gesellschaft förderten eine Täter-Opfer-Umkehr im Gaza-Krieg, ignorierten das Hamas-Pogrom vom 7. Oktober 2023 als Kriegsursache und stellten das Verteidigungsrecht Israels infrage. Die Folgen für Juden in und außerhalb Israels, auch in Deutschland, sind laut Schramm deutlich spürbar geworden. Sie würden als Täter behandelt, die man auf der Straße, an Universitäten, in Kulturbereichen und im Sportleben beschimpfe, verängstige, boykottiere, ausgrenze, schlage und selbst im Alltag misshandele.
Die Jüdische Landesgemeinde dankte der Thüringer Landesregierung und dem Erfurter Stadtrat für die schnelle Verurteilung des Angriffs. Die Landesgemeinde wolle mit dem Antisemitismus-Beauftragten des Freistaats, Michael Panse, Maßnahmen beraten, um Täter rascher zu bestrafen, Opfer zu stärken und Antisemitismus einzudämmen. »Wir bleiben Teil der Gesellschaft und verteidigen die Demokratie«, sagte Schramm. epd