Meinung

Hetzen von Richters Gnaden

Geert Wilders ist ein freier Mann. Der Niederländer kann weiterhin vor den Gefahren einer »Islamisierung« warnen, darf den Koran auch in Zukunft mit Hitlers Mein Kampf vergleichen, und es steht ihm zu, einzelne Abschnitte der heiligen Schrift in einen direkten Zusammenhang mit dem Terror muslimischer Fanatiker zu stellen. Das sei – man höre und staune – vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt, bescheinigte ein Amsterdamer Richter dem Rechtspopulisten. Auch wenn viele Äußerungen Wilders’ »grob und herabwürdigend« seien, könne ihm dennoch Diskriminierung von Muslimen oder Anstiftung zum Rassenhass nicht nachgewiesen werden.

Fatales Zeichen Die Angriffe auf den Islam seien zulässig, weil man sie im Kontext der Debatte über Einwanderungspolitik betrachten und bewerten müsse. Also ein Freispruch erster Klasse. Wie auch sonst? Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Und das Gericht hat recht daran getan, es zu verteidigen. Trotz aller Bauchschmerzen. Aber das ist nur der juristische Aspekt des Falles Wilders. Gesellschaftspolitisch setzt das Unschulds-Urteil ein fatales Zeichen. Von Richters Gnaden darf der 47-Jährige weiter gegen den Islam und integrationsunwillige Muslime hetzen.

Ja, der selbst ernannte Freiheitskämpfer weiß jetzt sogar Justitia auf seiner Seite. Dem sozialen Klima wird das kaum bekommen, weder in den Niederlanden noch sonst wo in Europa. Klar, es gibt viele ernst zu nehmende Probleme: Der Antisemitismus unter Muslimen wächst ebenso wie die Gewaltbereitschaft gegenüber den »Schweinefressern« und »Schlampen«. Viele arabische und türkische Migranten leben in einer weitgehend abgeschotteten Parallelwelt, in der nur der Islam zählt. Doch die Inbrunst, mit der Wilders und Co. dagegen zu Felde ziehen, hat etwas Pathologisches. So wird Hass gegen Minderheiten geschürt. Juristisch mag das zulässig sein, politisch ist es verwerflich.

Gedenken

Bundespräsident Steinmeier fordert Widerstand gegen Rechtsextreme

Die Demokratie sieht der Bundespräsident so bedroht wie nie seit der Wiedervereinigung. Das Staatsoberhaupt erklärt, was nun aus seiner Sicht passieren muss

von Martina Herzog  10.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Wien

Österreichs Regierung mit neuer Strategie gegen Antisemitismus

KI-gestützte Systeme zum Aufspüren von Hate Speech, eine Erklärung für Integrationskurse, vielleicht auch Errichtung eines Holocaust-Museums: Mit 49 Maßnahmen bis zum Jahr 2030 will Wien gegen Antisemitismus vorgehen

 10.11.2025

Marbach am Neckar

Schillerrede: Soziologin Illouz vergleicht Trump mit »König Lear«

Statt Selbstbeweihräucherung empfiehlt die Soziologin Eva Illouz in der Schillerrede 2025 den Zweifel und das Zuhören - nur das helfe aus der eigenen Echokammer heraus

 10.11.2025

Berlin

»Besetzung gegen Antisemitismus« an TU Berlin

Nach pro-palästinensischen Universitätsbesetzungen in der Vergangenheit haben nun Studierende ein Gebäude an der TU Berlin besetzt, um gegen Antisemitismus zu protestieren. Sie machen dem Allgemeinen Studierendenausschuss Vorwürfe

 10.11.2025

Antisemitismus

Rabbinatsstudent am Berliner Hauptbahnhof beschimpft

Der angehende Rabbiner aus Deutschland war am 9. November auf dem Weg zu einer Gedenkveranstaltung für die Novemberpogrome. Sein Urgroßvater hat die Schoa überlebt

 10.11.2025

Hannover

Ministerium erinnert an 1938 zerstörte Synagoge

Die 1938 zerstörte Neue Synagoge war einst mit 1.100 Plätzen das Zentrum des jüdischen Lebens in Hannover. Heute befindet sich an dem Ort das niedersächsische Wissenschaftsministerium, das nun mit Stelen an die Geschichte des Ortes erinnert

 10.11.2025

Aufruf

Knobloch: Das Schweigen gegen Rechts muss ein Ende haben

Zum Jahrestag der Novemberpogrome von 1938 warnt Charlotte Knobloch eindringlich vor Rechtsextremismus. Auch ein Historiker mahnt zur Wachsamkeit

von Hannah Krewer  10.11.2025

9. November

Karin Prien gedenkt in Amsterdam der Novemberpogrome

Die Bildungsministerin, die selbst in der holländischen Hauptstadt geboren wurde, sprach in der Portugiesischen Synagoge auch über ihre jüdischen Wurzeln

 10.11.2025