Wuligers Woche

Hasbara für Dummies

Foto: Getty Images

Die sagenumwobene »Hasbara«, die Öffentlichkeitsarbeit Israels im Ausland, ist für Antizionisten das, was George Soros für rechte Verschwörungstheoretiker darstellt: eine allumfassende, omnipräsente Macht, die aus dem Hintergrund ihre Marionetten einsetzt, um das Weltgeschehen zu manipulieren.

Ob Kritik an Roger-Waters-Auftritten, Einwände gegen die Nahostberichterstattung mancher Medien oder die Verweigerung kommunaler Räume für BDS-Spektakel: Sofort schreien die Betroffenen laut Hasbara, womit sie erstens ihre Gegner diskreditiert haben und sich zweitens die Opferrolle als aufrechte kleine Davids gegen den übermächtigen zionistischen Goliath sichern.

GEGNER Wie immer im Leben, ist die Wirklichkeit wesentlich banaler. Ja, es gibt pro-israelische PR. Nur ist sie nicht halb so raffiniert, wie die Gegner sich das ausmalen. Im Gegenteil. Ziemlich häufig schießt sie sich selbst ins Knie.

Die legendäre Hasbara scheint gelegentlich von den Narren von Chelm gesteuert zu werden.

Da läuft zum Beispiel eine Diskussion in Deutschland über das Jüdische Museum Berlin und seine Akademie. Debattiert wird, ob die große Jerusalem-Ausstellung des Museums den Ansprüchen an inhaltliche Vollständigkeit genügt oder ob sie nicht möglicherweise eine pro-arabische Schlagseite hat.

Gefragt wird auch, ob das Programm der Akademie nicht vielleicht vor lauter Kampf gegen Islamophobie den Antisemitismus etwas aus den Augen verliert. Die Diskussion hat gerade angefangen, Fahrt aufzunehmen, da taucht aus dem Büro des israelischen Ministerpräsidenten ein ominöses Papier auf, in dem gefordert wird, dem Museum deutsche Staatsgelder zu streichen. Und prompt verlagert sich die Diskussion auf eine andere Ebene. Darf der Staat, ein ausländischer zudem, in die Kunstfreiheit eingreifen? Antwort: natürlich nicht. Treffer. Versenkt. Dummerweise das eigene Schiff.

BDS Noch ein Beispiel gefällig? Bitte sehr. Dass die Bank für Sozialwirtschaft, die sich der Wohlfahrtspflege und anderen sozialen Ideen verpflichtet fühlt, Geschäftsbeziehungen ausgerechnet zu einer Organisation wie der »Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost« unterhält, die BDS unterstützt, hat einen etwas fragwürdigen Beigeschmack.

Wenn allerdings das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles daraus eines der zehn weltweit schlimmsten antisemitischen Ereignisse des Jahres 2018 macht, scheint das doch etwas übertrieben.

Verschwörungstheoretiker müssen sich ein anderes Beispiel für die raffinierte Macht der Juden suchen.

Alleine in Berlin fallen mir spontan zehn schlimmere Vorfälle ein, von Los Angeles ganz zu schweigen. Ergebnis jedenfalls ist, dass nicht mehr über die »Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost« und ihr Konto bei der »Sozialbank« gesprochen wird, sondern darüber, ob das Wiesenthal-Zentrum seine Prioritäten immer richtig setzt – Stichworte Kanonen und Spatzen.

Die legendäre Hasbara scheint gelegentlich nicht von den Weisen von Zion gesteuert zu werden, sondern von den Narren von Chelm, den jiddischen Cousins der deutschen Schildbürger. Ein Gutes hat das immerhin: Die Verschwörungstheoretiker müssen sich ein anderes Beispiel für die raffinierte Macht der Juden suchen. Notfalls bleibt immer noch George Soros.

Verteidigung

Bundeswehr nimmt Raketenwehrsystem Arrow 3 in Betrieb

Deutschland baut als Reaktion auf die Bedrohung durch Russland die Luftverteidigung aus und hat ein System in Israel beschafft. Es soll feindliche Flugkörper schon in größter Höhe zerstören können

von Carsten Hoffmann  03.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  03.12.2025 Aktualisiert

Medien

»Antisemitische Narrative«: Vereine üben scharfe Kritik an Preis für Sophie von der Tann

Die Tel-Aviv-Korrespondentin der ARD soll mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt werden

 03.12.2025

Prozess

Opfer des Attentats am Holocaust-Mahnmal hörte »Allahu akbar«-Ruf

Dem spanischen Touristen Iker M. wurde im Februar von einem 19-jährigen Syrer beim Besuch des Berliner Holocaust-Mahnmals mit einem Messer in die Kehle geschnitten. Vor Gericht berichtete er von Angstzuständen, die er seitdem hat

 03.12.2025

Nach Eklats

Präsidentin der TU Berlin abgewählt

Sie war einst im Beraterkreis des damaligen Kanzlers Olaf Scholz und sorgte immer wieder für Kontroversen. Nun ist Geraldine Rauch als TU-Präsidentin abgewählt. Ihre Nachfolgerin ist keine Unbekannte

 03.12.2025

Ehrung

»Ahmad Mansour kämpft nicht gegen Symptome, sondern gegen Ursachen«

Der Islamismusexperte Ahmad Mansour wurde mit dem Hanns-Martin-Schleyer-Preis ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Wir dokumentieren die Rede

von Josef Schuster  03.12.2025

Analyse

Der Kanzler in Israel: Antritt mit Spannung

Friedrich Merz besucht am Samstag Israel. Die Beziehungen beider Länder sind so strapaziert wie selten zuvor. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an die Reise des Bundeskanzlers

von Joshua Schultheis  03.12.2025

Berlin

Prozess um Attentat am Holocaust-Mahnmal fortgesetzt

Das überlebende Opfer, der 31-jährige spanische Tourist Iker M., wollte am Mittwoch persönlich vor dem Kammergericht aussagen

 03.12.2025

Verteidigung

Merz und Pistorius nicht bei Einführung von »Arrow 3«

Die Bundesregierung hatte immer wieder betont, wie wichtig das israelische Raketenabwehrsystem für Deutschlands Sicherheit sei

 03.12.2025