Interview

»Gut, dass wir dabei sind«

Schaul Ladany Foto: Christian Rudnik

Interview

»Gut, dass wir dabei sind«

Schaul Ladany über London 2012 und das Gedenken an die ermordeten Athleten von München 1972

von Detlef David Kauschke  31.07.2012 11:35 Uhr

Herr Ladany, Sie waren als israelischer Athlet bei den Olympischen Spielen 1972 in München, haben das Massaker überlebt. Verfolgen Sie jetzt die Spiele in London?
Ja, aber ich sitze nicht 24 Stunden am Tag vor dem Fernseher. Mit besonderem Interesse warte ich auf die Leichtathletik-Ereignisse und natürlich die Wettbewerbe in meiner eigenen Disziplin, dem Gehen. Gleichwohl habe ich mir die Übertragung der Eröffnungsfeier am Freitag angeschaut.

Haben Sie dabei eine Gedenkminute für die Opfer des Massakers von München 1972 vermisst?
Ja, eine offizielle Gedenkminute wäre eine passende Geste gewesen. Aber ich wusste schon vorher, dass das IOC, das Internationale Olympische Komitee, dies ablehnen würde. Nur hoffte ich insgeheim, dass sich die Zuschauer der Eröffnungsfeier zu einem inoffiziellen Gedenken von ihren Plätzen erheben würden. Das ist leider nicht geschehen.

Wie erklären Sie sich die ablehnende Haltung des IOC?
Seit 40 Jahren will das IOC das Angedenken der elf ermordeten Athleten nicht offiziell ehren. Sicherlich gab es dafür unterschiedliche Gründe. 1972 war es IOC-Präsident Avery Brundage, der wenig Sympathien für Israel und die Juden hatte. Danach hieß es, das IOC fürchte den Boykott der muslimischen Nationen. Ich denke, es sollte nicht von elf israelischen Opfern, sondern von elf Märtyrern der olympischen Bewegung gesprochen werden. Schließlich waren unter den Ermordeten nicht nur Sportler, sondern auch Schiedsrichter, die vom Organisationskomitee zu den Spielen eingeladen wurden.

Hätte die israelische Delegation die Eröffnungsfeier boykottieren sollen?
Nein. Ich bin froh, dass die Sportler bei der Eröffnung dabei waren. Sie trugen als Zeichen der Trauer während dieser Zeremonie schwarze Tücher. Das war ein wundervolles Signal. Ich war übrigens schon vor 40 Jahren einer der wenigen israelischen Vertreter, die gegen den Abbruch der Spiele und gegen die vorzeitige Abreise unserer Mannschaft aus München waren.

Walther Tröger, 1972 Bürgermeister des Olympischen Dorfes, kritisierte den »Hype« um das Thema als »unnötig«.
Ich kenne diese Aussage nicht. Wenn sie wirklich von ihm stammen würde, wäre ich sehr enttäuscht.

Am 5. September wird es eine zentrale Gedenkfeier in Fürstenfeldbruck geben. Werden Sie mit dabei sein?
Ja, ich werde der Einladung folgen. Ich betrachte das als eine moralische Verpflichtung. Aber ich weiß auch, dass diese Zeremonie – zeitlich weit entfernt von den Olympischen Spielen in London – von der Öffentlichkeit und den Medien wohl kaum wahrgenommen werden wird. Meines Wissens wird auch kein offizieller Repräsentant des Internationalen Olympischen Komitees teilnehmen.

Mit dem Überlebenden der Schoa und des Olympia-Massakers von München 1972 sprach Detlef David Kauschke.

Israel

Ein zarter Neuanfang

Bei seinem Antrittsbesuch in Jerusalem wollte Bundeskanzler Friedrich Merz das zuletzt stark belastete Verhältnis zum jüdischen Staat kitten. Ist es ihm gelungen? Eine Analyse

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 07.12.2025 Aktualisiert

Israel

Berichte: Netanjahu traf Blair heimlich zu Gaza-Zukunft

Bei einem Treffen zwischen Netanjahu und Blair soll es um Pläne für die Zukunft des Gazastreifens gegangen sein. Für Blair ist eine Rolle in Trumps »Friedensrat« vorgesehen

 07.12.2025

Justiz

Gericht bestätigt Verbot der Parole »From the river to the sea«

Ein von der Stadt Bremen erlassenes Verbot sei rechtmäßig, entschied nun das Verwaltungsgericht Bremen

 07.12.2025

Yad Vashem

Merz: »Wir werden die Erinnerung lebendig halten«

Es ist einer der wichtigsten Antrittsbesuche für Kanzler Merz. Der zweite Tag in Israel beginnt für ihn mit dem Besuch eines besonderen Ortes

 07.12.2025

Umfrage

KAS-Studie: Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine neue Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft vorgelegt. Dabei wurden auch Einstellungen zu Juden abgefragt

 07.12.2025

Simi Valley

»Vorbildliche Verbündete«: Hegseth nennt Israel und Deutschland

Die Signale, die jüngst aus den USA in Richtung Europa drangen, waren alles andere als positiv. Der US-Verteidigungsminister findet nun allerdings nicht nur Lob für den jüdischen Staat, sondern auch für einige EU-Staaten

 07.12.2025

Soziale Medien

Musk nach Millionenstrafe gegen X: EU abschaffen

Beim Kurznachrichtendienst X fehlt es an Transparenz, befand die EU-Kommission - und verhängte eine Strafe gegen das Unternehmen von Elon Musk. Der reagiert auf seine Weise

 07.12.2025

Jerusalem

Merz: Deutschland wird immer an der Seite Israels stehen

Der Bundeskanzler bekräftigt bei seiner Israel-Reise die enge Partnerschaft. Am Sonntag besucht er die Yad Vashem und trifft Premierminister Netanjahu

von Sara Lemel  07.12.2025 Aktualisiert