Vereinte Nationen

Großbritannien will Israel mit Anerkennung Palästinas drohen

Der britische Premierminister Keir Starmer, hier bei einem Treffen mit dem indischen Premierminister Narendra Modi am Donnerstag in Chequers, England. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

 Wie Frankreich könnte auch Großbritannien Palästina als Staat anerkennen. Man werde den Staat Palästina Ende September vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen anerkennen, sofern die israelische Regierung nicht wesentliche Schritte unternehme, um die entsetzliche Situation im Gazastreifen zu beenden und sich zu einem langfristigen, nachhaltigen Frieden bekenne, teilte der britische Premier Keir Starmer nach einer Dringlichkeitssitzung seines Kabinetts mit. 

Zu diesen Schritten zähle unter anderem, den Vereinten Nationen zu gestatten, die Versorgung der Bevölkerung im Gazastreifen mit humanitärer Hilfe zur Beendigung des Hungers unverzüglich wiederaufzunehmen, hieß es in einer Mitteilung aus der Downing Street. Außerdem müsse Israel einer Waffenruhe zustimmen und klarstellen, dass es keine Annexionen im Westjordanland geben werde.

Israel: Anerkennung Palästinas wäre »Belohnung für die Hamas«

Israels Außenministerium kritisierte den Vorstoß Starmers scharf. Die Anerkennung Palästinas als Staat wäre eine »Belohnung für die Hamas« und würde die Bemühungen um eine Waffenruhe im Gazastreifen sowie die Freilassung der noch immer von der Hamas und anderen Extremisten festgehaltenen Geiseln beeinträchtigen, hieß es in einer Mitteilung.

Die israelische Regierung betont, dass genug Hilfsgüter in den Gazastreifen eingeführt würden. Die Lage sei angespannt, aber es gebe keine Hungersnot. Das Problem sei, dass die UN die humanitäre Hilfe nicht schnell genug verteile. Die Vereinten Nationen weisen die Anschuldigungen zurück.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas begrüßte die geplante Anerkennung. In einem Telefonat mit Starmer bedankte sich Abbas für den Vorstoß und bezeichnete diesen als »mutige Haltung«, wie die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa meldete. Abbas forderte demnach die Länder, die Palästina als Staat noch nicht anerkannt haben, auf, dies zu tun.

Scharfe Rede in New York

Währenddessen wiederholte der britische Außenminister David Lammy die Drohung an Israel bei einer Rede in New York und übte scharfe Kritik an der Regierung von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Sofern Israel das Leiden nicht beende, werde die britische Regierung »mit der Hand der Geschichte auf unseren Schultern« Palästina als Staat anerkennen, sagte er. 

»Die Ablehnung einer Zweistaatenlösung durch die Netanjahu-Regierung ist falsch. Sie ist moralisch und strategisch falsch. Sie schadet den Interessen des israelischen Volkes und versperrt den einzigen Weg zur Anpassung und zu dauerhaftem Frieden«, sagte Lammy in einer energetischen Rede in der großen Halle der Vollversammlung der Vereinten Nationen.

Mit der sogenannten Zweistaatenlösung ist die Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates gemeint, der friedlich Seite an Seite mit Israel existieren soll. Sie gilt völkerrechtlich und auf diplomatischer Ebene als das international anerkannte Ziel für eine Lösung des Nahost-Konflikts. In New York findet derzeit eine UN-Konferenz zur Verwirklichung der Zweistaatenlösung statt – ohne Israel und die USA.

Gleichzeitig betonte der britische Chefdiplomat, es gebe keine Rechtfertigung für das Leid im Gazastreifen, sondern nur die klare Pflicht, dieses zu beenden. »Die Kinder hungern, und Israels tröpfchenweise Hilfe hat die Welt entsetzt. Dies ist ein Verstoß gegen die Werte der Charta der Vereinten Nationen.« Internationale Experten für Ernährungssicherheit hatten jüngst vor einer rapiden Verschlechterung der humanitären Situation in dem abgeriegelten Küstengebiet gewarnt.

Forderungen auch an die Hamas

Zugleich sagte Premier Starmer in der Kabinettssitzung, dass die Forderungen an die islamistische Hamas bestehen blieben: Die Hamas müsse alle Geiseln freilassen, ebenfalls einer Waffenruhe zustimmen, akzeptieren, dass sie keine Rolle beim Regieren des Gazastreifens spielen werde und ihre Waffen niederlegen.

Im Vorfeld der UN-Generalversammlung werde man dann beurteilen, inwieweit die Parteien die Schritte umgesetzt hätten, sagte Starmer. Danach werde man eine finale Entscheidung treffen. Zugleich machte die Downing Street aber auch deutlich, dass eine Anerkennung eines Staates Palästina allein die Situation vor Ort nicht ändern werde.

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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte vergangene Woche die Anerkennung Palästinas als Staat angekündigt und damit scharfe Kritik Israels und der USA auf sich gezogen.

Fast 150 UN-Mitgliedstaaten erkennen Palästina als Staat an. Wichtige westliche Länder wie etwa die UN-Vetomacht USA gehören aber nicht dazu. Auch Deutschland erkennt Palästina nicht als Staat an. Israel wird etwa von Saudi-Arabien, dem Irak und Syrien nicht anerkannt. dpa/ja

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