Jom Haschoa

Gedenken in »Station Z«

Am Dienstagmorgen hielt ganz Israel inne. Am Jom Haschoa, dem nationalen Gedenktag, erklang landesweit ein Sirenenton. Eine jährliche Tradition, bei der die Menschen in zwei Schweigeminuten verharren. Mit diesem Sirenenton begann am Vormittag auch eine Gedenkveranstaltung der Israelischen Botschaft in Deutschland. In der Gedenkstätte Sachsenhausen bei Oranienburg wurde an die Opfer und Überlebenden der Schoa erinnert.

Diplomaten und Mitarbeiter der Botschaft trugen dabei Texte zur Erinnerung an den Warschauer Ghetto-Aufstand vor. Sechs Kerzen für die sechs Millionen Opfer der Schoa wurden entzündet. Der Berliner Gemeinderabbiner Yitshak Ehrenberg sprach das Kaddisch. Und die israelische Musikerlegende Shlomi Shabat sang seine berührenden Lieder »Ima« und »Biglal Haruach«.

Kranzniederlegung An der Zeremonie am Gedenkort der »Station Z« des ehemaligen Konzentrationslagers nahmen Botschafter Ron Prosor und Bundesjustizminister Marco Buschmann teil. Die beiden legten Kränze nieder.

»Sie erwarten von uns, dass wir sie nicht vergessen.«

Botschafter Ron Prosor

Justizminister Buschmann sagte bei der Zeremonie: »Deutsche planten die Schoa, Deutsche organisierten sie, Deutsche führten sie aus. Die Gräueltaten des Nationalsozialismus sind nicht in Worte zu fassen. Die Scham werden wir ewig empfinden.«

Er sei demütig und dankbar, dass es ihm möglich sei, gemeinsam mit Jüdinnen und Juden der Opfer zu gedenken. Buschmann nahm auch Bezug auf eine Palästinenser-Demonstration in Berlin vor rund zehn Tagen, bei der laut Videoaufnahmen israelfeindliche und antisemitische Parolen gerufen worden waren.

Es könne niemals akzeptiert werden, wenn sich Juden in Deutschland nicht sicher fühlen könnten, sagte der Bundesjustizminister. Antisemitismus gelte es zu benennen und zu bekämpfen. »Die Aufarbeitung der deutschen Geschichte ist auch deshalb so wichtig. Nur wenn wir uns unsere eigene Geschichte vor Augen halten, können wir die notwendigen Schlüsse daraus ziehen und gemeinsam für ein ›Nie wieder‹ eintreten.«

Schicksal Botschafter Ron Prosor betonte, dass der Jom Haschoa ein Tag des Gedenkens, des Innehaltens und der Erinnerung an die Tragödie der Schoa, ihrer Opfer und Überlebenden sei. Und jedes Jahr, an dem man aus diesem Anlass zusammenkomme, werde bewusst, dass es immer weniger Überlebende gebe. »Sie erwarten von uns, dass wir sie nicht vergessen. Sie verdienen es, dass man sich ihrer als Individuen erinnert. Jedes Individuum ist eine Geschichte für sich«, sagte Prosor.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Dann mahnte der Botschafter, daran zu arbeiten, »aus dem einzigen Staat des jüdischen Volkes einen vorbildlichen Staat zu machen«. Er rief dazu auf, dass Jüdinnen und Juden geeint zusammenstehen müssten. »Der Nationalstaat des jüdischen Volkes ist die Verkörperung der jüdischen Unabhängigkeit. Er ist die Verkörperung unserer Fähigkeit, unser eigenes Schicksal zu bestimmen, ohne uns auf andere zu verlassen«, sagte er.

Gäste Unter den Gästen der Gedenkveranstaltung waren auch die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Katja Keul, und der Geschäftsführer des Zentralrats der Juden, Daniel Botmann. Ehrengast war Kurt Hillmann, der gemeinsam mit einem israe­lischen Marineoffizier eine Gedenkfackel bei der Zeremonie entzündete. Der 1933 in Berlin geborene Schoa-Überlebende berichtet noch heute als Zeitzeuge in Schulen vom Naziterror. Sein Onkel, Otto Hillmann, wurde im KZ Sachsenhausen ermordet.

In Sachsenhausen waren von 1936 bis 1945 mehr als 200.000 Menschen inhaftiert, viele wurden dort systematisch ermordet. Als »Station Z« war der Bereich innerhalb des Konzentrationslagers bezeichnet worden, in dem sich Krematorium, Genickschussanlage und Gaskammer befanden.
Über den Fundamenten wurde ein Gedenkort eingerichtet. Am Dienstagmittag erklang an dieser Stelle zum Ende der einstündigen Zeremonie die israelische Nationalhymne. Shlomi Shabat trug die »Hatikwa« vor, viele sangen mit. Dann verabschiedete er sich mit den Worten: »Vielen Dank. Das hat mich tief bewegt.« ddk/dpa

Geschichte

Rechts und links: Wie die AfD ein falsches Goebbels-Zitat verbreitet

Ein Faktencheck

 02.07.2025

Reaktionen

Massive Kritik an Urteil über Charlotte Knoblochs Ex-Leibwächter

Der Mann bewachte die Präsidentin der IKG München, obwohl er sich privat judenfeindlich und rassistisch äußerte. Für das Verwaltungsgericht nicht genug, um ihn aus dem Polizeidienst zu entlassen

 02.07.2025

Kommentar

Justiz: Im Zweifel für Antisemitismus?

Ein Verwaltungsgerichtsurteil lässt große Zweifel aufkommen, dass es alle mit der Bekämpfung von Antisemitismus unter Beamten ernst meinen

von Michael Thaidigsmann  02.07.2025

Australien

Zwei Krankenpfleger, die damit drohten, jüdische Patienten zu töten, haben Arbeitsverbot

Im Februar sorgte ein TikTok-Video für Abscheu und Empörung, in dem zwei Krankenpfleger ihrem blanken Judenhass freien Lauf ließen. Nun stehen sie vor Gericht

 02.07.2025

Nach Skandal-Konzert

Keine Bühne bieten: Bob-Vylan-Auftritt in Köln gestrichen

Die Punkband hatte beim Glastonbury-Festival israelischen Soldaten den Tod gewünscht

 02.07.2025

Statistik

Deutlich mehr antisemitische Vorfälle in Brandenburg

Der aktuelle Monitoringbericht der Fachstelle Antisemitismus für 2024 dokumentiere einen Anstieg um mehr als 28 Prozent auf insgesamt 484 Fälle

 02.07.2025

Pro & Contra

Sollte der Krieg in Gaza beendet werden?

Zwei Meinungen zur Debatte

von Dan Schueftan, Sabine Brandes  02.07.2025

Einspruch

Wir müssen gegen den Iran wehrhaft sein

Die deutsche Politik braucht eine entschlossene Haltung gegen die terroristische Bedrohung aus Teheran. Die jüdischen Gemeinden machen es vor: Sie investieren in Sicherheit und mentale Standhaftigkeit

von Josef Schuster  02.07.2025

Berlin

»BILD«: Hinweis auf Ausspähung von deutschen Juden durch den Iran kam vom Mossad

Die Hintergründe

 01.07.2025