Berlin

»Es sind alle gefordert«

Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung Foto: dpa

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat sich für die Einrichtung entsprechender Anlaufstellen in allen Bundesländern ausgesprochen. Etwa 80 Prozent der möglichen Maßnahmen im Kampf gegen Judenhass fielen in die Zuständigkeit der Länder, sagte Klein am Montag nach einem ersten Koordinierungstreffen mit seinen schon berufenen Länderkollegen in Berlin. Als Beispiele nannte er die Bereiche Bildung, Erziehung, Sicherheit jüdischer Einrichtungen oder erinnerungspolitische Fragen.

»Antisemitismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, kein jüdisches Problem. Es sind alle gefordert«, sagte Klein. Wünschenswert sei deshalb, »dass möglichst jedes Bundesland einen Beauftragten zum Kampf gegen Antisemitismus ernennt«. Dies würde die Arbeit und die Verzahnung zwischen Bund und Ländern erleichtern.

BESCHLUSS Zugleich begrüßte Klein, dass bereits sieben Bundesländer einen entsprechenden Beauftragten ernannt haben. Das sind Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Sachsen-Anhalt. Auch Sachsen hatte kürzlich beschlossen, eine entsprechende Stelle einzurichten. Klein kündigte ganz konkret an, bald an die Ministerpräsidenten der Länder einen Brief schreiben zu wollen, um sie zur Einrichtung solcher Stellen zu ermuntern.

Die Antisemitismusbeauftragten sollen die Arbeit zwischen Bund und Ländern erleichtern, betonte Felix Klein.

Am Montag fand in Berlin das erste Koordinierungstreffen von Klein und den bisherigen Antisemitismusbeauftragten der Länder statt. Auch Vertreter verschiedener jüdischer Organisationen nahmen daran teil: der Zentralrat der Juden in Deutschland, die Zentralwohlfahrtsstelle (ZWST), das American Jewish Committee (AJC) und das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA). Bei diesem ersten Treffen sei es unter anderem um den Austausch über gute Formate der Erinnerungspolitik gegangen, etwa zum 80. Jahrestag der Novemberpogrome, oder um eine Meldepflicht von antisemitischen Vorfällen an Schulen, wie bislang von Baden-Württemberg praktiziert.

Zwischen Bund und Ländern sei zudem angedacht, ein Forschungsprojekt zu Altersradikalisierung zu starten. »Viele Menschen werden erst im Alter zu Antisemiten aus Gründen, die noch nicht richtig erforscht sind«, sagte Klein. Das liege möglicherweise daran, dass Hemmschwellen mit zunehmenden Alter sinken würden, aber das solle noch genauer erforscht werden.

ISRAEL Auch israelbezogener Antisemitismus an Schulen sei Thema des Treffens gewesen. »Viele Lehrer sind nicht in der Lage, mit Antisemitismus adäquat umzugehen – vor allem, wenn er sich auf Israel bezieht, und auch, wenn er von muslimischen Schülern ausgeht«, sagte Klein. Der Geschäftsführer des Zentralrats der Juden, Daniel Botmann, sagte, man habe es gegenwärtig mit einem sehr »facettenreichen Antisemitismus« zu tun: sowohl von links als auch von rechts, von Muslimen sowie aus der gesellschaftlichen und politischen Mitte. Botmann beklagte eine »Enthemmung der Sprache«, die er beobachten müsse.

Zentralratsgeschäftsführer Daniel Botmann sprach sich für die Einrichtung einer jüdischen Militärseelsorge aus.

Felix Klein kündigte als Ergebnis des Arbeitstreffens zudem für das Jahr 2021 ein Erinnerungsjahr an, mit dem »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland sichtbarer gemacht« werden sollen. Dabei wolle man sich an den Erfahrungen des 500-jährigen Reformationsjubiläums in Deutschland 2017 orientieren. So sollen unter anderem bundesweit jüdische Kulturinitiativen vernetzt werden.

BUNDESWEHR Zentralratsgeschäftsführer Botmann betonte, es sei wichtig, dass die Antisemitismusbeauftragten auf Bundes- und Länderebene in enger Abstimmung mit der jüdischen Gemeinschaft agierten. Das ergebe sich schon daraus, dass es nicht nur um die Bekämpfung des Antisemitismus geht, sondern auch um die Förderung jüdischen Lebens. Ganz konkret sprach sich Botmann für die Einrichtung einer jüdischen Militärseelsorge aus. Zum einen, weil es jüdische Soldaten in der Bundeswehr gibt, zum anderen aber auch, weil nicht-jüdische Soldaten über den Unterricht eines Militärrabbiners mit dem Judentum in Kontakt kommen könnten.

Ein zweites Koordinierungstreffen der Antisemitismusbeauftragten von Bund und Ländern ist im Februar 2019 in Heidelberg geplant, hieß es weiter.  epd/ja

Frankfurt

Unibibliothek besitzt rund 7.500 mutmaßlich geraubte Bücher

Die Goethe-Universität hatte die Herkunft von insgesamt rund 79.000 Bänden geprüft, die zwischen 1942 und 1945 in den Bestand aufgenommen worden waren

 01.07.2025

Spionage-Skandal

Außenminister Wadephul bestellt iranischen Botschafter ein

Der CDU-Politiker rief außerdem zum Schutz von Juden in Deutschland auf

 01.07.2025 Aktualisiert

Berlin

Ausstellung »Die Nazis waren ja nicht einfach weg« startet

Die Aufarbeitung der NS-Zeit hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Wendungen genommen. Eine neue Ausstellung in Berlin schaut mit dem Blick junger Menschen darauf zurück

von Lukas Philippi  01.07.2025

Kirchen

Theologe Staffa kritisiert Apartheidsbeschluss des Weltkirchenrates

Der Apartheidsvorwurf sei einfach falsch, sagte der christliche Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christen und Juden beim Deutschen Evangelischen Kirchentag

von Stephan Cezanne  01.07.2025

Berlin

Schuster: Vernichtungsfantasien des Mullah-Regimes gegen Israel und Juden nicht mehr kleinreden

In Dänemark wurde ein Spion festgenommen, der für den Iran jüdische und pro-israelische Ziele ausspioniert haben soll - darunter auch den Zentralrat der Juden

 01.07.2025

Festnahme

Spion soll für Iran jüdische Einrichtungen in Deutschland ausgespäht haben

Der Tatverdächtige wurde in Dänemark festgenommen

von Nils Kottmann  01.07.2025 Aktualisiert

USA

82-Jährige stirbt nach Angriff von Boulder

Die Frau erlag ihren schweren Verletzungen. Die Anklage gegen den Täter soll nun erweitert werden

 01.07.2025

Nahost

Israel: Wir stehen kurz vor Abschluss des Einsatzes in Gaza

US-Präsident Donald Trump sagte jüngst, dass es bald im Gaza-Krieg eine Waffenruhe geben könnte. Auch Israels Verteidigungsminister Katz äußert sich nun optimistisch

 30.06.2025

Debatte

Anti-Israel-Parolen: USA entziehen britischer Band Visa

Ein britischer Festivalauftritt mit israelfeindlichen Parolen wird live von der BBC übertragen. Der Sender steht unter Druck – und die USA kündigen an, der Band die Einreise zu verweigern

 30.06.2025