NSU

»Es gibt nach wie vor blinde Flecken«

Der Potsdamer Extremismusforscher Gideon Botsch Foto: imago images/Metodi Popow

Auch zehn Jahre nach dem Auffliegen der rechtsextremen Terrorzelle NSU sehen Kritiker der Aufarbeitung noch Verbesserungspotenzial bei den Behörden. Eine veränderte Einstellung der Polizei gegenüber rechtsmotivierten Straftaten vermag etwa die Nebenklage-Vertreterin aus dem NSU-Prozess, Seda Basay Yildiz, nicht zu erkennen.

»Damit sich etwas ändert, muss man erst mal einsehen, dass man Fehler gemacht hat«, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag). Diese Aufarbeitung habe bei der Polizei aber nie stattgefunden. »Die vielen rassistischen Chatgruppen in der Polizei haben gezeigt, dass Rassismus anscheinend als normal aufgefasst wird.«

RECHTSTERRORISMUS Ähnlich sieht es der Rechtsextremismusforscher Gideon Botsch vom Moses-Mendelsohn-Zentrum der Universität Potsdam. »Es gibt nach wie vor blinde Flecken bei der Polizei, auch einen strukturellen Rassismus«, sagte er der »Passauer Neuen Presse« (Donnerstag). Die Anerkennung bei den Ermittlungsbehörden, dass es Rechtsterrorismus gibt, sei zwar gestiegen. »Aber wir sind erst auf halbem Wege.«

Dagegen hatte der geschäftsführende Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) festgestellt, dass die notwendigen Konsequenzen aus dem damaligen Versagen der Behörden gezogen seien. Zwar sei es nicht möglich gewesen, alle Fragen restlos zu beantworten, hatte er der dpa gesagt. »Aber die Handlungsempfehlungen für die Bereiche Polizei, Justiz, Nachrichtendienste und Demokratieförderung sind weitestgehend umgesetzt.«

Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) war am 4. November 2011 aufgeflogen, mit dem Tod von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos. Erst dann stellte die Polizei fest, dass es Neonazis waren, die zwischen 2000 und 2007 neun Gewerbetreibende mit ausländischen Wurzeln und eine Polizistin getötet hatten. Nach den Attentaten war jahrelang in die falsche Richtung ermittelt worden.

POLITIKER Für Seehofer ist der Rechtsextremismus »die größte Gefahr für die Sicherheit in Deutschland«. Die geschäftsführende Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte: »Rechtsextremismus ist die größte Bedrohung für unsere freiheitliche Demokratie.«

Dem RND sagte sie weiter: »Wir müssen Betroffene rechtsextremistischer und rassistischer Gewalttaten besser schützen und unterstützen.« Das Bewusstsein für menschenverachtende Taten müsse weiter geschärft werden. Das bleibe eine Daueraufgabe in der Ausbildung in Polizei, Justiz und Sicherheitsbehörden. »Zugleich müssen wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken.« dpa

Verteidigung

Bundeswehr nimmt Raketenwehrsystem Arrow 3 in Betrieb

Deutschland baut als Reaktion auf die Bedrohung durch Russland die Luftverteidigung aus und hat ein System in Israel beschafft. Es soll feindliche Flugkörper schon in größter Höhe zerstören können

von Carsten Hoffmann  03.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  03.12.2025 Aktualisiert

Medien

»Antisemitische Narrative«: Vereine üben scharfe Kritik an Preis für Sophie von der Tann

Die Tel-Aviv-Korrespondentin der ARD soll mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt werden

 03.12.2025

Prozess

Opfer des Attentats am Holocaust-Mahnmal hörte »Allahu akbar«-Ruf

Dem spanischen Touristen Iker M. wurde im Februar von einem 19-jährigen Syrer beim Besuch des Berliner Holocaust-Mahnmals mit einem Messer in die Kehle geschnitten. Vor Gericht berichtete er von Angstzuständen, die er seitdem hat

 03.12.2025

Nach Eklats

Präsidentin der TU Berlin abgewählt

Sie war einst im Beraterkreis des damaligen Kanzlers Olaf Scholz und sorgte immer wieder für Kontroversen. Nun ist Geraldine Rauch als TU-Präsidentin abgewählt. Ihre Nachfolgerin ist keine Unbekannte

 03.12.2025

Ehrung

»Ahmad Mansour kämpft nicht gegen Symptome, sondern gegen Ursachen«

Der Islamismusexperte Ahmad Mansour wurde mit dem Hanns-Martin-Schleyer-Preis ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Wir dokumentieren die Rede

von Josef Schuster  03.12.2025

Analyse

Der Kanzler in Israel: Antritt mit Spannung

Friedrich Merz besucht am Samstag Israel. Die Beziehungen beider Länder sind so strapaziert wie selten zuvor. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an die Reise des Bundeskanzlers

von Joshua Schultheis  03.12.2025

Berlin

Prozess um Attentat am Holocaust-Mahnmal fortgesetzt

Das überlebende Opfer, der 31-jährige spanische Tourist Iker M., wollte am Mittwoch persönlich vor dem Kammergericht aussagen

 03.12.2025

Verteidigung

Merz und Pistorius nicht bei Einführung von »Arrow 3«

Die Bundesregierung hatte immer wieder betont, wie wichtig das israelische Raketenabwehrsystem für Deutschlands Sicherheit sei

 03.12.2025