Italien

»Eine Schande, die unser Volk für immer prägen wird«

Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Ein neues Selbstbewusstsein in der EU, die Verteidigung der eigenen Interessen, eine Abwehr von Migranten und ein Bekenntnis zur Ukraine: Italiens neue Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat eine nationalistische Politik in dem Mittelmeerland angekündigt.

In ihrer ersten Regierungserklärung im Parlament sagte die Parteichefin der rechtsradikalen Fratelli d’Italia: »Wir wollen aus dieser Nation die besten Energien freisetzen und allen Italienern eine Zukunft mit mehr Freiheiten, Gerechtigkeit, Wohlstand und Sicherheit geben.«

Meloni hatte mit einer Rechtsallianz die Wahl gewonnen. Am 22. Oktober wurde sie als erste Regierungschefin des Landes vereidigt. Die 45-Jährige gedenkt, ihre teils radikalen Forderungen aus dem Wahlprogramm umzusetzen.

In Richtung Brüssel sagte die als EU-skeptisch geltende Meloni, dass sie sich Modifizierungen zentraler Regeln wünsche. Italien werde zwar alle aktuellen Vereinbarungen der Europäischen Union befolgen. Ihre Exekutive werde aber Vorschläge machen, »um jene Regeln zu ändern, die nicht funktioniert haben, beginnend bei der aktuellen Debatte über eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes«, sagte Meloni. Sie möchte auch mehr Gehör für Italien »in den europäischen Institutionen« finden.

Meloni unterstrich den Willen der Rechtskoalition, Migranten über das Mittelmeer von den Küsten Süditaliens fernzuhalten und deren Boote schon bei der Abfahrt aus Afrika zu blockieren. Dort sollten Zentren eingerichtet werden, in denen geprüft wird, wer übersetzen darf. Seenotretter kritisieren die Linie scharf. Laut Innenminister Matteo Piantedosi sind das deutsche Rettungsschiff »Humanity 1« sowie die unter norwegischer Flagge fahrende »Ocean Viking« nicht rechtmäßig im Einsatz. Die Flaggenstaaten sollten laut Nachrichtenagentur Ansa informiert werden. Die Schiffe haben mehr als 250 Migranten an Bord.

Der Ukraine sagte Meloni weiter die volle Unterstützung Italiens zu. »Und das nicht nur, weil wir keinen Angriffskrieg und die Verletzung der territorialen Einheit eines souveränen Staates akzeptieren können«, sagte Meloni. »Sondern auch, weil wir nur so bestmöglich unser nationales Interesse verteidigen können.« Der ukranische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der mit Meloni telefoniert hatte, äußerte sich in einem Zeitungsinterview optimistisch zur die Zusammenarbeit.

Meloni hatte mit ihrer Wahl als erster Ministerpräsidentin des Landes Geschichte geschrieben und gesagt, dass sie dadurch auch »Last auf ihren Schultern« spüre. Sie zählte einige Frauen der italienischen Historie auf, die dabei geholfen hatten, ihr den Weg zu ebnen.

Ebenfalls geschichtsträchtig ist, dass die ultrarechte Meloni 100 Jahre nach der Machtergreifung der Faschisten ihre Grundsatzrede hielt. Sie habe »niemals Sympathie oder Nähe für antidemokratische Regimes empfunden. Für kein Regime, auch nicht für den Faschismus«, sagte Meloni. Sie nannte die faschistischen »Rassengesetze von 1938«, auf deren Grundlage Juden in dem Land schikaniert, verfolgt und deportiert wurden, »den Tiefpunkt der italienischen Geschichte« und »eine Schande, die unser Volk für immer prägen wird.«

Der frühere Ministerpräsident Giuseppe Conte von den oppositionellen Fünf Sternen kritisierte Melonis Rede als »inhaltsleer« und voll von »demagogischen Slogans«. Debora Serracchiani von den Sozialdemokraten sprach von einem »mehr ideologischen denn programmatischen Manifest«.

Arlington (Virginia)

USA genehmigen Milliardenauftrag: Neue F-15-Kampfjets für Israel

Der Vertrag umfasst die Entwicklung, Integration, Erprobung, Produktion und Lieferung von zunächst 25 neuen Maschinen

 30.12.2025

Terror

Warum?

Die nichtjüdische Deutsche Carolin Bohl wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas brutal ermordet. Hier nimmt ihre Mutter Abschied von der geliebten Tochter

von Sonja Bohl-Dencker  30.12.2025

Einspruch

Solidarität mit Somaliland

Sabine Brandes findet Israels Anerkennung der Demokratie am Horn von Afrika nicht nur verblüffend, sondern erfrischend

von Sabine Brandes  30.12.2025

Meinung

Für mich ist es Nowy God – und warum ich ihn feiere

Das Neujahrsfest hat mit dem Judentum eigentlich nichts zu tun. Trotzdem habe ich warme Erinnerungen an diesen Feiertag

von Jan Feldmann  30.12.2025

London

Vorwurf gegen Facebook: Beiträge feiern Mord an Juden und bleiben online

»Die Beiträge, die den Anschlag von Bondi feiern, sind schlicht widerwärtig«, sagt Dave Rich von der jüdischen Organisation CST in England

 30.12.2025

Berlin

Tagung »Digitale Horizonte«: Wie sich Erinnerungskultur im digitalen Zeitalter wandelt

Wie verändert die Digitalisierung das kollektive Erinnern? Welche Chancen eröffnen neue Technologien – und wo liegen ihre Grenzen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Konferenz

 30.12.2025

Deutschland

Shahak Shapira »superverbittert« über Antisemitismus

Shahak Shapira spricht offen über seinen Frust angesichts von Antisemitismus in Deutschland – und wie er mit politischer Comedy darauf reagiert

 29.12.2025

Analyse

Warum die Anerkennung Somalilands so viel Aufsehen erregt

Das kleine Land am Horn von Afrika hat plötzlich eine große geopolitische Bedeutung. Dafür gibt es gute Gründe

von Ralf Balke  29.12.2025

Kommentar

Wer Glaubenssymbole angreift, will Gläubige angreifen

Egal ob abgerissene Mesusot, beschmierte Moscheen oder verwüstete Kirchen: Politik und Religion werden zurzeit wieder zu einem hochexplosiven Gemisch. Dabei sollte man beides streng trennen

 29.12.2025