Abraham-Abkommen

Eine Image-Frage

Historischer Schritt: feierliche Unterzeichnung des Abraham-Abkommens am 15. September 2020 im Weißen Haus in Washington Foto: Government Press Office

Es gilt als historischer Schritt: das durch die vorige US-Administration vermittelte Abraham-Abkommen, das im Sommer 2020 die Normalisierung der Beziehungen der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) mit Israel besiegelte. Die jüngste Eskalation zwischen Israelis und Palästinensern bringt die VAE jedoch in eine unbequeme Position. Denn die Nähe zu Israel führt in Zeiten erneuter Auseinandersetzungen im Nahostkonflikt zu einem Imageproblem.

Während die vorherigen Gewaltausbrüche den verdeckten Beziehungen zwischen Israel und den VAE nichts anhaben konnten, sehen sich die Emirate dieses Mal genötigt, öffentlich zwischen der traditionellen Unterstützung für die Palästinenser und der Beziehung zu Israel balancieren zu müssen.

waffenstillstand Am 20. Mai, elf Tage nach dem Beginn der Auseinandersetzungen, konnte ein Waffenstillstand herbeigeführt werden. Es stellt sich jedoch die Frage, wie viel Schaden das Abraham-Abkommen durch den erneuten Gewaltausbruch genommen hat.

Das Abraham-Abkommen wurde als ein Friedensabkommen ins Leben gerufen. Der Vertragstext selbst wie auch die begleitenden offiziellen Mitteilungen stellen die Normalisierung der Beziehungen in den Kontext besonderer Bemühungen, den Nahen Osten nachhaltig zu befrieden und religiöse und ethnische Koexistenz in der Region zu fördern. In Wirklichkeit konsolidierte das Abkommen vielmehr die bereits bestehende Zusammenarbeit in Sicherheitspolitik, Technologie und Wirtschaft und ergänzte sie durch offizielle diplomatische Beziehungen.

Dass der Friedensaspekt tatsächlich keine größere Rolle spielte, bemängelten insbesondere palästinensische Vertreter, die das Abkommen von Anfang an als Verrat brandmarkten. Sie sahen darin zu Recht die Abkehr von der bisherigen Position arabischer Staaten, Frieden mit Israel nur gegen Landzugeständnisse zugunsten eines palästinensischen Staates einzugehen.

status quo Im Nachgang des Abkommens ließ Israels Premier Benjamin Netanjahu verlautbaren, dass das langjährige Prinzip »Land for Peace« zugunsten von »Peace for Peace« überwunden werden konnte, was aus israelischer Perspektive ein stilles Einverständnis der arabischen Partner zum territorialen Status quo in Israel und Palästina bedeutete.

Dass Israel im Gegenzug auf die Annexion von großen Teilen des Westjordanlandes, die im Frühjahr zuvor angekündigt wurde, verzichtete, konnte weder Palästinenser noch die internationale Gemeinschaft darüber hinwegtäuschen, dass es sich dabei um ein illusorisches Zugeständnis handelte.

Die Hamas genießt in den VAE keine Sympathien.

Das Abraham-Abkommen wurde auf der Prämisse gebaut, dass die palästinensische Frage nicht mehr ganz oben auf der Agenda steht und der Nahostkonflikt keine so große Eruptionskraft mehr besitzt, als dass er für die arabischen Unterzeichner unbequem werden könnte.

KONFLIKTDYNAMIK Die letzten vergleichsweise ruhigen Jahre vermittelten den Eindruck, dass Israel die Situation unter Kontrolle habe. Zudem waren die VAE weder je in einen Krieg mit Israel involviert noch sind sie direkte Anrainer des Nahostkonflikts. Darüber hinaus genießt die Hamas im Gazastreifen, als Ableger der Muslimbruderschaft und Verbündeter des Iran, in den VAE keine Sympathien.

Die Eskalation im Mai ging jedoch über das antizipierte Maß an verträglicher Konfliktdynamik hinaus. Insbesondere die tagelang andauernden Auseinandersetzungen um Jerusalem, die drittheiligste Stadt für Muslime nach Mekka und Medina, erzürnten die »arabische Straße« derart, dass die VAE sich gezwungen sahen, Schadensbegrenzung in Bezug auf das eigene Image in der Region zu betreiben.

Die israelischen Sicherheitsabsperrungen vor dem Damaskustor während des Fastenmonats Ramadan und darauffolgende Zusammenstöße der palästinensischen Muslime mit der israelischen Polizei auf dem Tempelberg wurden regional und weltweit als eine religiöse Demütigung empfunden. Schnell nahm der Konflikt ein transterritoriales Ausmaß an und wurde unter anderem auch in den sozialen Medien ausgetragen.

LIGA Zu Beginn der Eskalation kamen nur zögerliche Reaktionen aus den VAE, die sowohl an Israel als auch an die Palästinenser appellierten. Bei der Entscheidung des Regionalgerichts von Jerusalem zur Zwangsräumung mehrerer palästinensischer Häuser im Stadtteil Sheikh Jarrah verwiesen die VAE auf das Völkerrecht, wonach die Räumung als illegal und als Menschenrechtsverletzung interpretiert würde und somit dem israelischen Narrativ eines Rechtsdisputs um Immobilien entgegenstehe.

Mit der israelischen Vorbereitung auf eine potenzielle Bodenoffensive in Gaza und damit einhergehender aufgewühlter medialer Aufmerksamkeit entschied man sich in Abu Dhabi, außerplanmäßig das sogenannte Arabische Parlament, ein politisches Organ der Arabischen Liga, einzuberufen, in dem die Solidarität mit den Palästinensern öffentlich und medienwirksam bekräftigt wurde.

Einerseits fußt das Abraham-Abkommen auf Interessen, die sich mit dem Ausbruch des Konflikts nicht verändert haben – das bedeutet, dass die realpolitische Zusammenarbeit voraussichtlich weiter fortgeführt und ausgebaut werden wird. Andererseits hat das Abkommen einiges von seiner friedensverheißenden Aura eingebüßt und wird aufgrund der mangelnden Popularität voraussichtlich nicht mehr so offen zelebriert werden wie zuvor.

Großbritannien

Israelfeindlicher Protest: Greta Thunberg festgenommen

In London treffen sich Mitglieder der verbotenen Gruppe Palestine Action zu einer Protestaktion. Auch die schwedische Aktivistin ist dabei. Die Polizei schreitet ein

 23.12.2025

Stockholm

Was bleibt von den Mahnungen der Überlebenden?

Der Schoa-Überlebende Leon Weintraub warnt vor der AfD und Fanatismus weltweit. Was für eine Zukunft hat die deutsche Erinnerungskultur?

von Michael Brandt  23.12.2025

Israel

Netanjahu warnt Türkei

Israel will die Zusammenarbeit mit Griechenland und Zypern stärken. Gleichzeitig richtet der Premier scharfe Worte an Ankara

 23.12.2025

New York

Mitglieder von Mamdanis Team haben Verbindungen zu »antizionistischen« Gruppen

Laut ADL haben mehr als 80 Nominierte entsprechende Kontakte oder eine dokumentierte Vorgeschichte mit israelfeindlichen Äußerungen

 23.12.2025

Düsseldorf

Reul: Bei einer Zusammenarbeit mit der AfD wäre ich weg aus der CDU

Die CDU hat jede koalitionsähnliche Zusammenarbeit mit der AfD strikt ausgeschlossen. Sollte sich daran jemals etwas ändern, will Nordrhein-Westfalens Innenminister persönliche Konsequenzen ziehen

 23.12.2025

Interview

»Diskrepanzen zwischen warmen Worten und konkreten Maßnahmen«

Nach dem Massaker von Sydney fragen sich nicht nur viele Juden: Wie kann es sein, dass es immer wieder zu Anschlägen kommt? Auch der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, sieht Defizite

von Leticia Witte  22.12.2025

Washington D.C.

Kritik an fehlenden Epstein-Dateien: Minister erklärt sich

Am Freitag begann das US-Justizministerium mit der Veröffentlichung von Epstein-Akten. Keine 24 Stunden später fehlen plötzlich mehrere Dateien - angeblich aus einem bestimmten Grund

von Khang Mischke  22.12.2025

Australien

Behörden entfernen Blumenmeer für die Opfer von Bondi Beach

Die Regierung von New South Wales erklärt, man habe sich vor dem Abtransport der Blumen eng mit der jüdischen Gemeinde abgestimmt

 22.12.2025

Sydney

Attentäter warfen Sprengsätze auf Teilnehmer der Chanukka-Feier

Die mutmaßlichen Attentäter Naveed und Sajid Akram bereiteten sich auf das Massaker vor. Ihre Bomben explodierten nicht

 22.12.2025