Meinung

Eine Fatwa gegen uns alle

Günter Wallraff Foto: imago

Shahin Najafi ist ein iranischer Künstler, der in Deutschland im Exil lebt. Gegen ihn und andere hat das Regime in Teheran eine Fatwa verhängt. Ein Todesurteil, für dessen Vollstreckung 100.000 Dollar ausgelobt sind. In dieser lebensgefährlichen Situation vermisse ich, dass sich deutsche Spitzenpolitiker zu Wort melden.

Die Bundeskanzlerin ist gefordert. Der Außenminister sollte den iranischen Botschafter einbestellen und in aller Deutlichkeit klarstellen, dass Najafi hier Gastrecht genießt: Ihn zu bedrohen, heißt auch, die hiesige Rechtsstaatlichkeit anzugreifen.

Interpol Während diese offizielle Hilfe ausbleibt, wird die Situation immer bedrohlicher: Mehrfach fanden vor der deutschen Botschaft in Teheran Demonstrationen gegen Najafi statt. Deutschland solle ihn ausweisen, hieß es da, und Interpol solle ihn der iranischen Justiz ausliefern. Die Irrationalität des Hasses geht so weit, dass vom Staat organisierte sogenannte »Mütter der Märtyrer« in Internetforen fordern, Söhnen die Shahin heißen, andere Vornamen zu geben.

Najafi ist nicht nur Rapper, er ist Poet und vor allem Satiriker. Genau diese Ironie empfinden Fundamentalisten und Islamisten, die sich im Besitz der absoluten Wahrheit wähnen, als Bedrohung und reagieren im Wortsinn todernst darauf.

Die Bedrohung, der Najafi ausgesetzt ist, erinnert an die Kampagne gegen Salman Rushdie. Doch die internationale Solidarität mit dem Schriftsteller, die damals sehr geholfen hat, fehlt gegenwärtig. Es ist wichtig, dass Najafi, der zurzeit an einem sicheren Ort untergebracht ist, wieder künstlerisch tätig werden kann. Er will ja auch auftreten.

Stipendium Angebote gibt es aus Schweden und den USA, wo man traditionell etwas mutiger ist. Aber auch deutsche Künstler sind gefordert, sich mit ihm auf die Bühne zu stellen und ihn in ihre Mitte zu nehmen. Ebenso würde ein Stipendium Najafi helfen, langfristig seine Arbeit fortzusetzen. Im Iran ist er bereits jetzt ein Hoffnungsträger der Jugend, Hundertausende hören seine verbotene Musik im Internet.

Die bisherige Solidaritätsarbeit für Shahin Najafi zeigt leider, dass viele Menschen sich wegducken: entweder aus Angst, Ignoranz oder bequemer Feigheit. Dabei hat gerade der Fall Rushdie gezeigt, dass Solidarität helfen kann.

Dabei geht es auch um uns. Wenn wir uns jetzt wegducken: Was geben wir damit alles gleichzeitig an Freizügigkeit und Freiheitswerten auf?!

Der Autor ist Journalist in Köln.

Zypern

Iraner sollen Anschlag auf Israelis geplant haben - Festnahme

In dem EU-Staat wurden zwei Iraner festgenommen

 10.12.2023

Antisemitismus an US-Unis

Uni-Präsidentin Liz Magill tritt zurück

Die Präsidentin der Pennsylvania University auf Fragen zu Judenhass auf dem Campus ausweichend geantwortet

 10.12.2023

Terror

Hamburg erlaubt wieder spontane Pro-Hamas-Kundgebungen

 09.12.2023

Debatte

Kultusministerkonferenz: Hochschulen müssen stärker gegen Antisemitismus vorgehen

Wissenschaftsminister sprechen sich für Antisemitismusbeauftragte aus

 08.12.2023

Berlin

Innenminister wollen Leugnung des Existenzrechts Israels bestrafen

Tests zur Einbürgerung sollten mit Fragen zur besonderen Verantwortung für jüdisches Leben ergänzt werden

 08.12.2023

Auswärtiges Amt

»Keine Gleichsetzung der Siedlerbewegung mit der Hamas«

Der Zentralrat der Juden in Deutschland kritisiert das Auswärtiges Amt für seinen Visa-Stopp für israelische Siedler

von Michael Thaidigsmann  08.12.2023

Dresden

AfD in Sachsen gesichert rechtsextremistisch

Es ist der dritte Landesverband mit einer solchen Einstufung

 08.12.2023

Berlin

Chanukka-Leuchter geschändet

Der Polizeiliche Staatsschutz ermittelt

 08.12.2023

Judenhass

Einreise aus Gaza verweigert: Deutsche Ortskräfte Sicherheitsrisiko

Innenministerium: Gaza-Mitarbeiter vielfach mit extremistisch-antisemitischer Gesinnung

 08.12.2023