Meinung

Doppelpass unter Freunden

Das deutsch-israelische Verhältnis ist derzeit nicht das beste. Das haben die jüngsten Besuche von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und – mehr noch – von Außenminister Sigmar Gabriel in Israel gezeigt. Nun aber bemüht sich der Grünen-Politiker Volker Beck, ein wahrer und hochverdienter, wenn auch kritischer Freund Israels, gemeinsam mit seinem israelischen Pendant Nachman Shai um Schadensbegrenzung. Mit seiner Forderung nach der Ermöglichung gegenseitiger Mehrstaatlichkeit verlässt Beck das Spielfeld der Politik und Diplomatie und spielt seinen Doppelpass in das Spielfeld des Staatsbürgerschaftsrechts.

loyalität Wenn die beiden Staaten, Deutschland und Israel, gegenseitig ihren Bürgern erlauben würden, die jeweils eigene Staatsbürgerschaft bei einem bestehenden Anspruch auf Einbürgerung beizubehalten – wie Beck es fordert –, wäre das ein Durchbruch. Das gilt vor allem für das im deutschen Staatsbürgerschaftsrecht noch aus preußischen Zeiten stammende Loyalitätsprinzip, das derzeit von einigen Politikern heftig verteidigt wird. Bislang erlaubt die Bundesrepublik diesen Doppelpass nur bei EU-Staatsbürgern und solchen der Schweiz.

Nun mag man darüber streiten, ob die Bemühung des Staatsbürgerschaftsrechts zur Wahrung und Wiederherstellung einer temporär angespannten Beziehung zwischen zwei Staaten geeignet ist, oder ob denn nicht die beiden Akteure selbst im eigenen Strafraum ihr jeweiliges Foulspiel durch geeignete Gesten, bevorzugt durch ein unverzüglich neu anzuberaumendes Treffen zwischen Netanjahu und Gabriel, ad acta legen sollten.

wertegemeinschaft Betrachtet man hingegen die Wertegemeinschaften, die demokratischen und wirtschaftlichen Errungenschaften beider durch Krieg, Vertreibung und Teilung gebeutelten Staaten, insbesondere den signifikanten Anteil deutscher Einwanderer in Israel, so darf man ruhigen Gewissens den Ansatz von Beck und Shai noch um einen Schritt erweitern: Sinnvoll wäre die gegenseitige, auch aufenthaltsrechtliche Gleichstellung Deutscher und Israelis, die Bürgern beider Staaten ein unbürokratisches und uneingeschränktes Niederlassungsrecht gewährt.

Durch einen solchen Schritt würde die auf politischer Ebene permanent gepriesene, besondere Beziehung beider Staaten endlich auch die besondere Beziehung beider Völker ermöglichen. Die Zeit hierfür ist historisch, wirtschaftlich und auch politisch längst reif.

Der Autor ist Anwalt in Berlin.

Interview

»Die Genozid-Rhetorik hat eine unglaubliche Sprengkraft«

Der Terrorismusforscher Peter Neumann über die Bedrohungslage für Juden nach dem Massaker von Sydney und die potenziellen Auswirkungen extremer Israel-Kritik

von Michael Thaidigsmann  16.12.2025

Wirtschaft

Hightech-Land Israel: Reiche sieht Potenzial für Kooperation

Deutschland hat eine starke Industrie, Israel viele junge Start-ups. Wie lassen sich beide Seiten noch besser zusammenbringen? Darum geht es bei der Reise der Bundeswirtschaftsministerin

 16.12.2025

Meinung

Der Stolz der australischen Juden ist ungebrochen

Der Terroranschlag von Sydney hat die jüdische Gemeinschaft des Landes erschüttert, aber resigniert oder verbittert ist sie nicht. Es bleibt zu hoffen, dass die Regierung künftig mehr für ihren Schutz tut

von Daniel Botmann  16.12.2025

IS-Gruppen

Attentäter von Sydney sollen auf den Philippinen trainiert worden sein

Die Hintergründe

 16.12.2025

Hamburg

Mutmaßlicher Entführer: Mussten im Block-Hotel nichts zahlen

Der israelische Chef einer Sicherheitsfirma, der die Entführung der Block-Kinder organisiert haben soll, sagt im Gericht aus. Die Richterin will wissen: Wer zahlte für die Unterbringung im Luxushotel der Familie?

 16.12.2025

Interview

Holocaust-Überlebender Weintraub wird 100: »Ich habe etwas bewirkt«

Am 1. Januar wird Leon Weintraub 100 Jahre alt. Er ist einer der letzten Überlebenden des Holocaust. Nun warnt er vor Rechtsextremismus und der AfD sowie den Folgen KI-generierter Fotos aus Konzentrationslagern

von Norbert Demuth  16.12.2025

Magdeburg

Anschlag geplant? 21-Jähriger reiste legal ein

Mit einem Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem in Vorbereitungshaft genommenen Mann werden Details bekannt

 16.12.2025

Sydney

Jüdisches Ehepaar stirbt beim Versuch, einen der Angreifer zu stoppen

Boris und Sofia Gurman versuchten, das Massaker vom Bondi Beach zu verhindern, und bezahlten dafür mit ihrem Leben

 16.12.2025

Bundestag

Ramelow: Anschlag in Sydney war Mord »an uns allen«

Erstmals gab es in diesem Jahr eine Chanukka-Feier im Bundestag. Sie stand unter dem Eindruck des Anschlags auf eine Feier zum gleichen Anlass am Sonntag in Sydney

 16.12.2025