Soziale Netzwerke

»Die Justiz wird immer öfter aktiv«

Bundesjustizminister Heiko Maas Foto: Gregor Zielke

Herr Minister, Sie haben in der vergangenen Woche den sozialen Netzwerken mit bis zu 50 Millionen Euro Strafe gedroht, wenn diese nicht konsequent gegen Hass vorgehen. Haben sich Facebook und Twitter schon bei Ihnen gemeldet?
Wir haben uns bisher mit den Unternehmen ausgetauscht, und werden das sicher auch weiterhin tun. Dabei ist eines aber ganz klar: Facebook und Twitter haben die Chance vertan, ihre Löschpraxis deutlich zu verbessern. Wir brauchen daher jetzt gesetzliche Regelungen, mit denen wir den Druck auf die sozialen Netzwerke erhöhen. Strafbare Inhalte, wie Bedrohungen, Verleumdungen oder auch antisemitische Hetze, müssen einfach raus aus dem Netz.

Facebook hat angekündigt, seine Beschwerdestelle bald auf mehr als 700 Mitarbeiter aufzustocken. Ist das ein Erfolg Ihrer Politik?
Es ist gut, wenn sich die sozialen Netzwerke zu ihrer Verantwortung bei der Bekämpfung von Hasskriminalität bekennen. Es darf aber nicht bei bloßen Ankündigungen bleiben. Am Ende ist entscheidend, dass die Unternehmen ihrer rechtlichen Verpflichtung, strafbare Hasskommentare zügig von ihren Plattformen zu entfernen, auch tatsächlich nachkommen. Da passiert immer noch zu wenig.

Bedienen Sie nicht das bei Antisemiten beliebte Vorurteil, man dürfe in Deutschland nicht alles sagen?
Nein, ganz und gar nicht. Die Meinungsfreiheit schützt in einer lebendigen Demokratie auch abstoßende und hässliche Äußerungen – sogar eine Lüge kann von der Meinungsfreiheit gedeckt sein. Aber es gibt eine Grenze des Erlaubten: unser Strafrecht. Beleidigung, Volksverhetzung, die Billigung oder Androhung von Straftaten – all das ist eben nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt, es ist strafbar, offline wie online.

Besteht nicht die Gefahr, dass Politik und Justiz ihre Zuständigkeit, bei strafbaren Delikten tätig zu werden, an einen Konzern übertragen, der dann beispielsweise entscheidet, was Antisemitismus ist?
Das sehe ich nicht. Ob sich jemand mit einer Äußerung im Netz strafbar gemacht hat, darüber entscheiden in Deutschland weiterhin allein die Strafgerichte. Es ist gut, dass die Justiz inzwischen immer öfter und schneller gegen verbale Hasskriminalität im Netz vorgeht. Das muss weiter allerhöchste Priorität haben.

Wie können Sie mit einem in Deutschland geltenden Gesetz Hassverbrechen, die auf ausländischen Servern stattfinden, in den Griff bekommen?
Die von uns vorgeschlagenen Regelungen gelten auch für soziale Netzwerke, die keinen Geschäftssitz in Deutschland haben. Bußgelder können grundsätzlich also auch gegen ausländische Unternehmen verhängt werden. Davon abgesehen können auch heute schon Personen strafrechtlich verfolgt werden, die von Deutschland aus strafbare Inhalte ins Netz stellen.

Die Fragen an den Bundesjustizminister stellte Martin Krauß.

Senat

Mehrere Berliner Abgeordnete verlassen Linkspartei

Wegen eines Antisemitismus-Streits kehren einige Politiker der Linkspartei den Rücken - auch der ehemalige Senator Klaus Lederer

 23.10.2024

Straßburg

Alle Klarheiten beseitigt

Der Streit über EU-Gelder für die Palästinenser und die UNRWA entzweit das Europäische Parlament

von Michael Thaidigsmann  23.10.2024

USA/Israel

FBI übernimmt Ermittlungen nach Geheimdienstleck

Dokumente über Israels Vorbereitungen für einen Angriff gegen den Iran gelangten an die Öffentlichkeit. Wer steckt dahinter?

 23.10.2024

Washington D.C.

Trump wollte »Militärs wie Hitlers Generäle«

Sein ehemaliger Stabschef John Kelly erinnert sich an höchst problematische Aussagen

 23.10.2024

Herta Müller

»Das Wort ›Märtyrer‹ verachtet das Leben schlechthin«

Die Literaturnobelpreisträgerin wurde mit dem Arik-Brauer-Publizistikpreis ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

von Herta Müller  23.10.2024

Dokumentation

»Eine Welt ohne Herta Müllers kompromisslose Literatur ist unvorstellbar«

Herta Müller ist mit dem Arik-Brauer-Publizistikpreis ausgezeichnet worden. Lesen Sie hier die Laudatio von Josef Joffe

von Josef Joffe  23.10.2024

Antisemitismus

Auch in Halle Stolpersteine gestohlen

In Halle wurden ebenfalls Stolpersteine aus dem Boden gebrochen

 22.10.2024

USA

Israelfeindliche Gruppen an Unis werden immer radikaler

Auch an der Columbia University ist die Situation alarmierend

von Imanuel Marcus  22.10.2024

Umfrage

Grüne am ehesten für Waffenexporte nach Israel

Die Mehrheit der Deutschen lehnt Waffenlieferungen an den jüdischen Staat jedoch ab

 22.10.2024