US-Wahl

»Die beste Option«

Jubel nach dem Wahlsieg von Präsident Barack Obama Foto: Reuters

Über 70 Prozent der amerikanischen Juden haben Barack Obama gewählt. Damit hat der US-Präsident fast genauso viele jüdische Stimmen erhalten wie vor vier Jahren. Für das Gros der US-Juden ist es damit nach wie vor selbstverständlich, den Demokraten ihre Stimme zu geben. Wie aber denken in Deutschland lebende Juden aus Amerika über Obama und seinen Wahlsieg?

Für Cynthia Barcomi könnte die Antwort darauf deutlicher nicht sein. Die Unternehmerin lebt seit 1985 in Deutschland, besitzt aber nach wie vor die amerikanische Staatsbürgerschaft. Für sie war es eine Herzensangelegenheit, Obama zu wählen. »Er stellt die beste Option für das Land dar«, ist sie überzeugt. »Obama braucht die zweite Amtszeit, um seine Arbeit und das, was er für das Land geleistet hat, fortsetzen zu können.«

Dass Romney zu keiner Zeit eine ernst zu nehmende Alternative gewesen sei, davon ist Barcomi fest überzeugt. »Den Staat auf ein Minimum zu reduzieren und niedrige Steuern zu fordern, ist als Programm schlicht zu wenig.« Die Bürger hätten Romneys rückständige Konzepte mit dem Ergebnis und der hohen Wahlbeteiligung eindrücklich abgestraft.

wahlbeteiligung Rabbiner Yehuda Teichtal sieht in der hohen Beteiligung an den Abstimmungen ein positives Zeichen für die Demokratie. »Ich war sehr beeindruckt, dass sich so viele Menschen für und bei den Wahlen engagiert haben«, sagt der Rabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und Direktor des Jüdischen Bildungszentrums Berlin. »Selbst in New York und New Jersey, wo viele nach dem verheerenden Hurrikan doch eigentlich vor ganz anderen Herausforderungen stehen, war das so.« Das politische Engagement der Amerikaner entspreche der Idee des Judentums, sich einzubringen und zu beteiligen, so Teichtal.

Nun müsse Obama aber auch sein Wahlversprechen, ein besseres Amerika zu schaffen, einlösen. »Ich hoffe«, sagt Teichtal, »dass diese Ankündigung Realität wird, auch in Bezug auf die Sicherheit und die Jobs in den USA.« Mit Blick auf das Verhältnis Amerikas zum jüdischen Staat meint Teichtal: »Ich hoffe auf eine positive Entwicklung in den kommenden vier Jahren.«

daumen drücken Durchaus zufrieden mit Obamas Israel-Politik ist hingegen Susan Neiman, Direktorin des Einstein Forums Potsdam. Sie hat bis spät in die Nacht Obama die Daumen gedrückt und trägt seit einiger Zeit einen hebräischen »Vote-Obama«-Button. Sie wünsche sich allenfalls, »dass Obama jetzt mehr Druck auf Netanjahu ausübt, die Siedlungspolitik zu überdenken«. Die in Atlanta aufgewachsene Moralphilosophin glaubt zwar nicht, dass es tatsächlich dazu kommen werde. »Eine Wahl Romneys wäre für die Nahost-Politik der USA aber eine Katastrophe gewesen.« Zum Glück hätte das die Mehrheit der amerikanisch-jüdischen Wähler erkannt, so Neiman.

Die Untersuchungen des American Jewish Committee (AJC) Berlin indes zeigen, dass die Beziehung der USA zu Israel bei der Entscheidung diesmal nicht so stark im Vordergrund standen. »Die jüdischen Wähler in den USA interessiert vielmehr die Frage, wie das Land ökonomisch wieder zu alter Stärke gelangen kann«, erklärt Deidre Berger, Direktorin von AJC in Berlin.

vision Der Ausspruch Bill Clintons – »It’s the economy, stupid!« – gilt also auch bei dieser Wahl. Zwar bezweifelten viele Amerikaner, »ob Obama eine Vision hat, wie es mit der Ökonomie der USA weitergehen soll«, so Berger. Doch weil die Republikaner und die Tea-Party-Bewegung so stark polarisierten, entscheide die Mehrheit sich aus Mangel an Alternativen dann eben doch für den Demokraten. Zustimmung für Romney, sagt Berger, komme von jüdischer Seite vornehmlich von den Orthodoxen und den russischen Zuwanderern.

Alles andere als ein Romney-Enthusiast ist Rabbiner Joshua Spinner. »Ich bin in dritter Generation Demokrat. Ich freue mich sehr, dass Obama wiedergewählt wurde«, sagt der in Baltimore geborene und aufgewachsener Vizepräsident der Ronald S. Lauder Foundation. Die sozialen Werte der Demokraten lägen viel näher am Judentum und der Tora als das politische Programm von Romney. »Solidarität, Gerechtigkeit, Gemeinschaft – dafür steht Obama. Damit identifizieren wir Juden uns sehr stark.«

europa Kritisch sieht der Rabbiner allenfalls die Begeisterung der Europäer für Obama. »Mich freut es zwar, dass 90 Prozent der Deutschen Obama wählen würden«. Seinem Empfinden nach sind das »just words«. Spinner kann sich nicht vorstellen, dass in Deutschland ein Farbiger oder Türke Bundeskanzler werden könne.

Keinerlei Berührungsängste mit Romney und den Republikanern hat der Journalist Oliver Bradley. Bezüglich der Wirtschaftspolitik wäre Romney keine schlechte Wahl gewesen, findet der Wahl-Berliner. Romney werde oft schlechter und einfältiger dargestellt, als er in Wirklichkeit sei, ist Bradleys Eindruck.

Über Obamas Wahlsieg freut er sich dennoch – insbesondere für das amerikanisch-israelische Verhältnis sei Obama die bessere Wahl. »Wäre Romney gewählt worden, hätte es Krieg zwischen Israel und Iran gegeben«, sagt Bradley. »Romney hätte Netanjahu eine Carte blanche für einen Präventivschlag ausgestellt.« Ein Militärschlag gegen die iranischen Atomanlagen bleibt für Obama die Ultima Ratio, sagt Bradley – und fügt lachend hinzu: »Für Romney hingegen wären wohl eher Gespräche mit dem Iran Ultima Ratio gewesen.«

Georg M. Hafner

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