Einwanderung

»Die Aufgabe unterschätzt«

Jens Spahn Foto: Gregor Zielke

Einwanderung

»Die Aufgabe unterschätzt«

Jens Spahn über Flüchtlinge, Integration, kulturelle Prägung und gesellschaftliche Werte

von Detlef David Kauschke  08.08.2016 22:24 Uhr

Herr Spahn, vor einem Jahr kamen täglich Tausende Flüchtlinge nach Deutschland. Wurde damals die Aufgabe der Integration richtig angegangen?
Mein Eindruck ist, dass wir die Größe der Aufgabe am Anfang unterschätzt haben. Viele der Flüchtlinge sind in Gesellschaften groß geworden, in denen die Frau weniger zählt als der Mann, in denen mit Juden, Schwulen, Lesben oder Andersgläubigen nicht gerade zimperlich umgegangen wird. Zudem ist das Wohlstandsgefälle riesig. Stellen Sie sich vor, Sie müssten in Zukunft in Afghanistan leben, das vermittelt die Kluft, die da zu überwinden ist. Diese lebenslange Prägung können die we-nigsten mit dem Grenzübertritt einfach so ablegen. Klar ist jedenfalls: Das ist nicht mit ein paar Wochen Sprachkurs erledigt.

Sondern?

Integration findet im Alltag statt, das kann man nicht per Gesetz verordnen. Sie muss im Hallenbad, in der Schule, auf der Arbeit gelebt werden. Das kann nur gelingen, wenn Menschen, die schon länger in Deutschland leben, auf Augenhöhe, aber selbstbewusst, mit denen zusammentreffen, die neu dazugekommen sind. Die eigentliche Frage ist doch, wie viele Menschen wir wirklich in kurzer Zeit in unsere Gesellschaft mit ihren Werten und Prinzipien integrieren können. Und jeder weiß, dass wir auf absehbare Zeit noch einmal eine so große Zahl von Flüchtlingen und Migranten gesellschaftlich nicht aushalten würden.

Sie haben eine härtere Gangart gegenüber integrationsunwilligen Flüchtlingen gefordert. Was meinen Sie damit?

Es geht auch um Migranten, die schon länger hier sind. Größere Probleme gibt es vor allem mit Zuwanderern aus dem arabischen Raum. Das gilt in Berlin-Neukölln, Duisburg und im Dortmunder Norden genau so wie in Rotterdam, Toulouse oder London. Wenn ein Mädchen nicht in der Schule erscheint, weil die Familie davon ausgeht, das schulische Bildung für Frauen nicht so wichtig ist, dann muss klar sein, dass nach wenigen Tagen das Kind notfalls zum Unterricht abgeholt wird oder dass Hartz-IV-Leistungen für die Familie gekürzt werden. Wir helfen und unterstützen, dafür darf die Gesellschaft auch etwas erwarten. Und diese Erwartungen müssen wir auch durchsetzen. Es wäre übrigens zum Wohl der Kinder.

Ist Ihre Position in der CDU mehrheitsfähig?

Klar, denn im Kern zitiere ich mit all diesen Punkten die Programmatik und Grundsätze der CDU. Aber ich denke, dass wir in diesen Fragen manchmal zu wenig klar kommunizieren.

Integration als Mammutaufgabe: Schaffen wir das?
Wenn wir es nicht schaffen würden, wäre das fatal für unser Land. Es muss gelingen. Doch es wird nur gelingen, wenn wir die Ressourcen dafür zur Verfügung stellen, und auch klare Regeln aufstellen. Wir müssen mit dem nötigen Selbstbewusstsein jedem, der kommt, sagen, dass das Leben in einer freien westlichen Gesellschaft etwas anderes ist, als das, was er von zu Hause kennt. Das ist etwas, was Deutschland gerade erst noch richtig lernen muss.

Mit dem Bundestagsabgeordneten und CDU-Präsidiumsmitglied sprach Detlef D. Kauschke.

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Einspruch

Niemals vergessen!

Eva Umlauf will nicht hinnehmen, dass immer mehr Deutsche einen Schlussstrich unter die NS-Zeit ziehen möchten

von Eva Umlauf  18.04.2025

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Berlin

Drei Jahre Haft für Mustafa A.

Der Prozess gegen den Angreifer von Lahav Shapira ist am Donnerstag zu Ende gegangen. Das Amtsgericht Tiergarten ging von einem antisemitischen Motiv aus und sprach den Täter der gefährlichen Körperverletzung schuldig

 17.04.2025

Berlin

100 Strafverfahren nach Besetzung der Humboldt-Universität

Die Polizei ermittelt unter anderem wegen Hausfriedensbruch und Volksverhetzung. Während der Besetzung sollen Aktivisten mutmaßlich Urin aus einem Fenster geschüttet haben

 17.04.2025

Analyse

Kleinster gemeinsamer Nenner

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD steht kaum Konkretes über Israel und den Kampf gegen Antisemitismus

von Michael Thaidigsmann  17.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Sebnitz

»Keine Hakennasen«: Jobanzeige eines Dachdeckers sorgt für Empörung

Die Stadtverwaltung der sächsischen Kreisstadt hat gegen den Urheber einer Anzeige im Amtsblatt Strafantrag gestellt

 17.04.2025 Aktualisiert