Einspruch

Dialog verträgt keine Mission

Rabbiner Andreas Nachama Foto: Gregor Zielke

Die Evangelische Kirche in Deutschland hat eine »Klarstellung« zur Judenmission angekündigt. Die ist auch nötig, denn ganz eindeutig hat sich die EKD auch 499 Jahre nach der Reformation noch nicht von ihr verabschiedet. Dass Luthers Schrift Von den Jüden und iren Lügen keine Bedeutung mehr haben darf, ist der Mehrheit der Protestanten klar, aber doch längst nicht allen.

Wir Juden in Deutschland warten auf diese Klarstellung. Nach der Schoa darf der Weg jüdischer Menschen zu Gott nicht in Frage gestellt oder vorgeschrieben werden.

Verletzungen
Zudem geschah die Judenmission der frühen Kirche vor einem anderen historischen Hintergrund: Später waren Kirche und Staat eine Symbiose eingegangen, es waren nicht mehr Glaubensgemeinschaften im Wettstreit, sondern die Kirche ging plötzlich als Staatsmacht mit Androhung von Todesstrafen gegen Juden vor. Die Judenmission hinterließ schon vor der Schoa eine jahrhundertelange Blutspur, und diese Verletzungen sind im kollektiven Gedächtnis der Juden noch immer präsent.

Auch theologisch ist eine Mission der Juden für Christen keineswegs geboten: Paulus erklärt im Römerbrief 9–11 des Neuen Testaments den Heilsplan Gottes so, dass das Nein der Juden zu Jesus Teil des göttlichen Weges sei, um auch die Heiden zu Gott zu führen, denn nur, weil die Juden dieses Nein sprechen, kommt das Wort Gottes zu den Heiden.

Gesprächspartner Auch dies sollte berücksichtigt werden: Nach der Schoa hat sich ein intensiver jüdisch-christlicher Dialog entwickelt. Das Wesen eines Dialogs ist, dass man dem Gesprächspartner auf Augenhöhe begegnet und nicht – wie oft bei der Missionsarbeit – offen oder hintenrum versucht, den anderen auf seine Seite zu ziehen.

Aus diesen Gründen erwarten Juden in Deutschland die offizielle Absage an die Judenmission durch die EKD. Wie schrieb Luther doch zu Recht: »Ecclesia est semper reformanda«, die Kirche ist immer zu reformieren. Also, was hindert’s?

Der Autor ist Rabbiner der Berliner Synagogengemeinde Sukkat Schalom.

Regierung

Mit Davidstern ins Kabinett

Karin Prien wird Deutschlands erste Bundesministerin mit jüdischen Wurzeln. Erst seit wenigen Jahren spricht die CDU-Politikerin öffentlich über ihre Familiengeschichte

von Michael Thaidigsmann  30.04.2025

Iran

Mullahs lassen angeblichen Mossad-Informanten hinrichten

Die Zahl der Hinrichtungen hat in den vergangenen Jahren drastisch zugelegt

 30.04.2025

Buenos Aires

Argentinien stellt Dokumente über geflohene Nazis online

Viele hochrangige Nationalsozialisten flohen nach dem Zweiten Weltkrieg vor Strafverfolgung – vor allem nach Südamerika. In Argentinien sind Dokumente zu den NS-Tätern nun digital zugänglich

 30.04.2025

Hanau

Antisemitisches Plakat an Schule: Staatsschutz ermittelt

In einem angrenzenden Park gab es eine Veranstaltung der Jüdischen Gemeinde. Besteht ein Zusammenhang?

 30.04.2025

Jom Hasikaron

Israel gedenkt der Terroropfer und Kriegstoten

Seit dem 7. Oktober 2023 sind 850 israelische Soldaten und 82 Sicherheitskräfte getötet worden

 30.04.2025

Josef Schuster

»Was bedeutet die Schoa heute noch für Deutschland?«

In seiner Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen reflektiert der Zentralratspräsident die Herausforderungen und Gefahren, vor denen die Erinnerung an die Schoa heute steht. Eine Dokumentation

von Josef Schuster  29.04.2025

Mauthausen

Überlebenswunderkind Eva Clarke: Geburt im KZ vor 80 Jahren

Es war eines der größten und gefürchtetsten Konzentrationslager der Nazizeit. Im Mai 1945 wurde es von US-Soldaten befreit. Unter den Überlebenden waren eine Mutter und ihr Neugeborenes

von Albert Otti  29.04.2025

Umfrage

Mehrheit hält AfD wegen deutscher Geschichte für unwählbar

Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes fragt die »Memo«-Studie Menschen in Deutschland nach dem Blick zurück

 29.04.2025

Potsdam

Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert besseren Schutz für Synagoge

Vermutlich wurde in Halle ein zweiter Anschlag auf die Synagoge verhindert. Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert deshalb dazu auf, auch die Potsdamer Synagoge besser zu schützen

 29.04.2025