Meinung

Der Lebensabend als Zuschussgeschäft

Stephan J. Kramer Foto: dpa

Meinung

Der Lebensabend als Zuschussgeschäft

Die Rentenpläne von Ursula von der Leyen haben mit der Würde alter Menschen nicht viel zu tun

von Stephan J. Kramer  27.03.2012 07:15 Uhr

Gut gemeint ist meistens nicht gut gemacht. Das gilt ganz besonders für Ursula von der Leyens neues Modell der Zuschussrente. Dabei ist die politische Absicht, die das Modell trägt, nämlich Altersarmut zu bekämpfen, sehr ehrenwert. Doch von der Leyens Lösungsvorschläge sind unausgegoren und realitätsfremd. Rund 400.000 Rentnerinnen und Rentner in diesem Land sind auf Alterssozialhilfe angewiesen.

Die meisten von ihnen erhalten diese Grundsicherung nach einem langen Arbeitsleben, in dem sie ein zu geringes Einkommen erzielten, oder nach Brüchen in der Arbeitsbiografie, die oft durch Krankheiten oder Schicksalsschläge bewirkt wurden. Besonders viele Frauen sind auf diese staatliche Unterstützung angewiesen.

Demütigung Auch jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion, deren Arbeitszeiten in der früheren Heimat nicht anerkannt werden, geraten in die Armutsfalle, selbst wenn sie in Deutschland sozialversicherungspflichtig arbeiten oder gearbeitet haben, aber nicht genügend Beitragszeiten erreichen. Diese Menschen, die oft ihr ganzes Leben in einem Beruf waren, werden die Zuschussrente nie erreichen. Diese demütigende Erfahrung teilen sie mit der Mehrzahl der deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die auf eine Grundsicherung angewiesen sind.

Armut im Alter ist nicht nur unwürdig, sie ist auch in einem Land wie der Bundesrepublik Deutschland unnötig: Unsere Gesellschaft kann es sich leisten, allen Bürgern einen würdigen Lebensabend zu gewährleisten. Lediglich der politische Wille fehlt. Stattdessen wird scheinheilig an die Bereitschaft zur Eigenvorsorge appelliert, obwohl doch klar ist, dass die niedrigen Gehälter in den unteren Lohngruppen für viele schon jetzt zum Leben kaum reichen, geschweige denn zur Alterssicherung.

Die Kommission Rentendialog, die von Frau von der Leyen einberufen wurde, war ein guter Ansatz, über parteipolitische Grenzen hinweg mit den Sozialpartnern und den Wohlfahrtsverbänden eine tragfähige und würdige Konzeption zu finden. Doch die Chance wurde leichtfertig vertan, und der Dialog ist nun beendet. Die Zuschussrente, die von der Leyen durchsetzen will, ist reine Schaufensterpolitik und eine Verhöhnung von Rentnern in Armut.

Der Autor ist Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Wien

EBU: Boykott hat keine Folgen für Finanzierung des ESC 2026

Der Gesangswettbewerb steht unter Druck. Die Boykott-Welle hat laut der Europäischen Rundfunkunion aber keine Auswirkungen auf dessen Finanzierung. Es werden aktuell rund 35 Staaten erwartet

 05.12.2025

Offenbach

Synagoge beschmiert, Kinder durch Graffiti eingeschüchtert

Rabbiner Mendel Gurewitz: »Ich war der Meinung, dass wir hier in Offenbach mehr Toleranz zwischen den unterschiedlichen Kulturen und Religionen haben als etwa in Frankfurt oder in anderen Städten.«

 05.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  05.12.2025

Washington D.C.

Trump plant Übergang in Phase II des Gaza-Abkommens

Der nächste große Schritt erfolgt dem Präsidenten zufolge schon bald. Ein »Friedensrat« soll noch vor Weihnachten präsentiert werden

 05.12.2025

Berlin

Linken-Chef empört über Merz-Reise zu Netanjahu

Jan van Aken regt sich darüber auf, dass er Bundeskanzler Ministerpräsident Netanjahu treffen wird

 05.12.2025

Köln

Trotz Kritik: Sophie von der Tann erhält Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis

»Keine Auszeichnung für Propaganda und Antisemitismus« steht während der Preisvergabe auf einem Transparent, das Demonstranten vor dem WDR-Funkhaus tragen

 05.12.2025

Genf

Entscheidung gefällt: Israel bleibt im Eurovision Song Contest

Eine Mehrheit der 56 Mitgliedsländer in der European Broadcasting Union stellte sich am Donnerstag gegen den Ausschluss Israels. Nun wollen Länder wie Irland, Spanien und die Niederlande den Musikwettbewerb boykottieren

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025

Medien

»Die Kritik trifft mich, entbehrt aber jeder Grundlage«

Sophie von der Tann wird heute mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt. Bislang schwieg sie zur scharfen Kritik an ihrer Arbeit. Doch jetzt antwortete die ARD-Journalistin ihren Kritikern

 04.12.2025

Karlsruhe/München

Mutmaßlicher Huthi-Terrorist angeklagt

Ein Mann soll für die Terrororganisation im Jemen gekämpft haben. Deutschlands oberste Anklagebehörde will ihn vor Gericht sehen

 04.12.2025