9. November

»Der deutsche Tag schlechthin«

Bundespräsident erinnert an Ausrufung der Republik, Pogromnacht und Mauerfall. Zentralrat fordert Schoa-Gedenktag

von Eugen El  10.11.2021 14:47 Uhr

Frank-Walter Steinmeier und Margot Friedländer Foto: picture alliance/dpa

Bundespräsident erinnert an Ausrufung der Republik, Pogromnacht und Mauerfall. Zentralrat fordert Schoa-Gedenktag

von Eugen El  10.11.2021 14:47 Uhr

»Der 9. November ist ein ambivalenter Tag, ein heller und ein dunkler Tag«, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Dienstag im Schloss Bellevue. »Was kann, was darf ein Tag uns bedeuten, an dem Freude und Leid, Aufbruch und Abgrund so jäh aufeinandertreffen?«, fragte das Staatsoberhaupt. Steinmeier sprach anlässlich einer Gedenkveranstaltung, die an die Ausrufung der Republik 1918, die Pogromnacht 1938 und den Fall der Berliner Mauer 1989 erinnerte.

All das ereignete sich an einem 9. November. »Er lässt uns hoffen auf das Gute, das in unserem Land steckt, und er lässt uns verzweifeln im Angesicht seiner Abgründe«, sagte Steinmeier über diesen besonderen Tag. Er unterstrich: »In meinen Augen ist der 9. November der deutsche Tag schlechthin.«

zentrum Die Erinnerung an die Pogromnacht von 1938 stehe für die jüdische Gemeinschaft und auch für viele nichtjüdische Deutsche im Zentrum des Gedenkens am 9. November, hatte zuvor der Zentralrat der Juden erklärt. »Die Pogrome von 1938, die damals keine breiten Proteste der Bürger hervorriefen, sollten in Deutschland stets als Mahnung in Erinnerung bleiben«, betonte Zentralratspräsident Josef Schuster: »Daher stehen wir Forderungen skeptisch gegenüber, am 9. November mehreren historischen Ereignissen gleichzeitig zu gedenken. Der 9. November sollte ein nationaler Gedenktag für die Opfer der Schoa werden.«

Josef Schuster folgte der Einladung des Bundespräsidenten ins Schloss Bellevue ebenso wie sämtliche Verfassungsorgane: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), Bundesratspräsident Bodo Ramelow (Linke) und der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth. Auch der Präsident des Europäischen Rats, Charles Michel, nahm an der musikalisch und visuell untermalten Veranstaltung teil.

»Wir wussten, das ist der Anfang von viel Schlimmerem, was noch kommen wird.«

Margot Friedländer

Neben Frank-Walter Steinmeier sprachen die Grünen-Bundestagsabgeordnete Emilia Fester, Roland Jahn, ehemaliger Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde, sowie die Schoa-Überlebende Margot Friedländer.

gegenwart Fester, die im September 23-jährig in den Bundestag gewählt wurde, erinnerte an die Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann am 9. November 1918 und spannte zugleich einen Bogen zur Gegenwart: »Ein neuer Geist geht um im Parlament: Es ist der Geist der Jugend, der Erneuerung.«

»Der Fall der Mauer war für mich ein Symbol für das Ende der DDR-Diktatur und das Ende der deutschen Teilung«, erklärte Roland Jahn, der 1983 aus der DDR ausgebürgert und in die Bundesrepublik abgeschoben wurde.

Die wohl bewegendsten Worte sprach Margot Friedländer. Die Schoa-Überleben­de, die kürzlich ihren 100. Geburtstag beging, erinnerte sich an den Morgen des 10. November 1938, als sie durch Berlins Straßen lief und nach und nach begriff, welche Verwüstungen und Gewalt sich in der vorangegangenen Nacht ereignet hatten.

Ladengeschäfte von jüdischen Inhabern wurden zerstört und geplündert, Synagogen wurden angezündet und geschändet, Tausende Menschen wurden verschleppt. Als sie nach Hause kam, habe sie in den Augen ihrer Mutter und ihres Bruders, so Friedländer, »Angst und Verzweiflung« gesehen. »Wir wussten, das ist der Anfang von viel Schlimmerem, was noch kommen wird«, schloss sie ihre Rede.

Arrow 3

Gemeinsame Werte, gemeinsame Raketenabwehr

Zwei kleine Unterschriften mit großer historischer Bedeutung wurden heute in Berlin geleistet

von Imanuel Marcus  28.09.2023

berlin

Michael Wolffsohn wird mit Landesorden geehrt

Überreicht werden die Ehrungen am Sonntagvormittag im Festsaal des Roten Rathauses durch Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner

 28.09.2023

Kanada

Trudeau entschuldigt sich für Nazi-Skandal im Parlament

Der Premier sprach von einer schreckliche Verletzung des Andenkens an Holocaust-Opfer

 28.09.2023

Weckruf

Wir machen uns Sorgen um euch

Unser Autor lebt seit langer Zeit in den USA – und ist über die politische Entwicklung in Deutschland zutiefst beunruhigt. Ein Brief an die alte Heimat

von Hannes Stein  28.09.2023

Militär

Was kann das Raketenabwehrsystem Arrow 3?

Die Defensivwaffe wurde gemeinsam von Israel und den USA entwickelt

 28.09.2023

Herrenberg

Holocaust-Ausstellung mit Nazi-Symbolen geschändet

Es handelt sich um Bilder des deutsch-italienischen Fotografen Luigi Toscano

 27.09.2023

Obersalzberg

Helle Strahler gegen die Schatten der NS-Vergangenheit

Neue Dauerausstellung Obersalzberg zeigt Diskrepanz zwischen Idyll und Verbrechen

von Susanne Schröder  27.09.2023

Interview

Hält die Brandmauer, Frau Prien?

Die Vize-Chefin der CDU über Absprachen mit der AfD, rote Linien und Fehler ihrer Partei in der Asylpolitik

von Michael Thaidigsmann  27.09.2023

Brandenburg

Bau der Synagoge in Potsdam kommt voran

Der Neubau ist Teil einer Serie von Maßnahmen, die jüdisches Leben schützen sollen

 27.09.2023