Einspruch

Der angepasste Antisemitismus

Die Juden nutzen die Erinnerung an den Holocaust heute für ihren eigenen Vorteil aus. Dieser Aussage stimmen in einer aktuellen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung 31,9 Prozent der Befragten zu. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass sich der alte antisemitische Hass in der deutschen Gegenwartskommunikation gewandelt hat und in neuer Form auftaucht, dann liefert diese Studie ihn.

Unterm Strich stellen die Autoren für das ganze Land eine Zunahme von Ausländerfeindlichkeit fest – der feste Bodensatz von rund neun Prozent Antisemiten liest sich da geradezu harmlos. Sieht man genauer hin, dann bestätigen sich all die Annahmen, die in den vergangenen Jahren Gegenstand der Debatten über Judenhass sowie die Grenzen von Antizionismus und Antisemitismus waren.

schmutzige tricks So gibt es keinerlei Hinweis darauf, dass Antisemitismus eine exklusiv rechtsextreme Haltung ist. Er ist auch unter Anhängern der SPD und der Linken verbreitet – im Osten ist fast jeder fünfte Befragte mit Grünen-Präferenz ein Antisemit. Zudem ist Antisemitismus in seiner mittelalterlichen Ausprägung, nach der Juden andersartig seien und sich ihren Erfolg mit schmutzigen Tricks erkaufen, ebenso wie die Verharmlosung des Nationalsozialismus unter muslimischen Befragten und unter Migranten laut der Studie besonders verbreitet.

Deutsche dagegen äußern, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund, häufiger Vorurteile der neuen Form – etwa über den jüdischen Einfluss. Interessant wäre an diesem Punkt gewesen, wenn die zwischen Juni und Juli organisierte Befragung einen Monat später begonnen und Fragen zum Thema Beschneidung enthalten hätte.

Fakt ist: Der angepasste Antisemit vermeidet Begriffe, die in der Öffentlichkeit zu Recht verpönt sind. Umso mehr käme es darauf an, die neuen Begriffe, die heute als bloße Israel- oder Kapitalismuskritik von Grass bis Occupy daherkommen, als das zu entlarven, was sie sind: alter Hass in neuen Schläuchen.

Der Autor ist Chef vom Dienst beim »Kölner Stadt-Anzeiger«.

Berlin

Zentralrat der Juden: Neuer Papst steht für Nächstenliebe und Frieden

Leo XIV. hat die Nachfolge von Papst Franziskus angetreten

 09.05.2025

Vatikan

Robert Francis Prevost ist neuer Papst

Er ist der erste Amerikaner in diesem Amt und hat sich den Namen Leo XIV. gegeben

von Philipp Znidar, Sabina Crisan  09.05.2025 Aktualisiert

Gedenken

Steinmeier: »Flüchten wir nicht aus unserer Geschichte«

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach bei der Gedenkstunde im Bundestag zum Ende des Zweiten Weltkriegs über Gefahren für die Demokratie

 08.05.2025

Gericht

AfD rechtsextrem? Verfassungsschutz gibt Stillhaltezusage ab

Damit können die Verfassungsschützer die AfD nicht beobachten, bis das Verwaltungsgericht Köln ein Urteil gefällt hat

 08.05.2025

Kommentar

Die Menschen in Gaza brauchen schnell Hilfe

Eine Demokratie wie Israel sollte sich nicht auf schmutzige Kriegstaktiken wie die Blockade von Hilfsgütern einlassen, auch wenn es sich bei der Hamas um skrupellose, abgrundtief böse Terroristen handelt

von Nils Kottmann  08.05.2025

Kommentar

Ulrike Eifler, die Linkspartei und die Auslöschung Israels

Ein hochrangiges Mitglied der Partei delegitimiert auf X Israel. Die Linke muss sich klar davon distanzieren, wenn sie glaubwürdig für Menschenrechte eintreten will

von Andreas Büttner  08.05.2025

Kommentar

Der Ukraine-Krieg überlagert die Pluralität der Erinnerungen

Die Auffassung, dass jeder nach seiner Fasson dem Zweiten Weltkrieg gedenkt, wurde durch Russlands Einmarsch in die Ukraine zerstört. Lenin- und Roter Stern-Orden jüdischer Veteranen und Veteraninnen und ihre »hundert Gramm« in Erinnerung an die gefallenen Kameraden wirken deplatziert

von Dmitrij Belkin  08.05.2025

Umfrage

80 Jahre Kriegsende – Jeder fünfte Deutsche will mehr Gedenken

Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht. Der Zweite Weltkrieg war vorüber. In Berlin und anderswo erinnern die Menschen an die Millionen Opfer. Jüdische Vertreter würdigen die Erinnerungskultur - und warnen zugleich

von Leticia Witte  08.05.2025

Debatte

Schuster: AfD-Regierung wäre für Juden das Signal zur Auswanderung

Die hohen Zustimmungswerte der AfD machen gerade Juden besorgt. Zentralratspräsident Josef Schuster erinnert an die 1930er Jahre: Auch in der NS-Zeit hätten viele Juden lange nicht für möglich gehalten, was dann folgte

von Christoph Schmidt  07.05.2025