Kurswechsel

David gegen Israel

Großbritanniens Premierminister Cameron geht auf Distanz zum jüdischen Staat

von Frank Diebel  10.08.2010 19:04 Uhr

Kehrt marsch! Premierminister David Cameron bei seinem Türkei-Besuch im Juli Foto: AP

Großbritanniens Premierminister Cameron geht auf Distanz zum jüdischen Staat

von Frank Diebel  10.08.2010 19:04 Uhr

Die Situation in Gaza müsse sich ändern. Gaza könne und dürfe kein Gefangenenlager bleiben. Starke Worte des neuen britischen Premierministers David Cameron, gesprochen während einer Stippvisite Ende Juli in der Türkei. Bevor der Staatschef, der seit knapp drei Monaten im Amt ist, in der Downing Street Nr. 10 residierte, klangen seine Äußerungen zu Israel und den Juden etwas verhaltener. »Ich bin ein großer Bewunderer des jüdischen Volkes und seiner außergewöhnlichen Leistungen«, lobte Cameron noch im April dieses Jahres in einer Rede vor Mitgliedern des britischen Movement for Reform Judaism. Doch von dieser Bewunderung ist derzeit nichts zu spüren. Was ist passiert? »Bis zu den Wahlen ging er in die richtige Richtung, was die Juden betraf«, erklärt der britische Jerusalem-Post- und Jewish-Chronicle-Korrespondent Richard Millett, »aber er hat sich nie zu Israel geäußert. Ich glaube, er versteht Israel nicht.« Kritik kam vom Oberrabbiner des Commonwealth, Lord Jonathan Sacks. Während eines Gottesdienstes am vergangenen Sonnabend in der Londoner St. John’s Wood Synagoge sagte Sacks, die jüdische Gemeinde sei über die Äußerungen des Premiers erschrocken. Er forderte, Cameron solle mehr Balance walten lassen, wenn er über den Nahen Osten rede.

Fettnäpfchen Große Sprüche sind inzwischen fast schon ein Markenzeichen des Premiers, der seit Amtsantritt außen- und innenpolitisch bereits in einige Fettnäpfchen getreten ist. Cameron entfesselte einen Sturm der Entrüstung mit seiner Behauptung, Pakistan unterhielte Verbindungen zu Gruppen, die den Export von Terror nach Afghanistan und Indien unterstützten. Dann erklärte er irrtümlich, Iran besäße eine Atombombe, und schließlich stieß er auch noch seine eigenen Landsleute vor den Kopf, indem er verkündete, dass Großbritannien im Zweiten Weltkrieg ein »Juniorpartner« der USA gewesen sei.

Es hat den Anschein, als ob der Brite es speziell auf Israel abgesehen hätte. Richard Millett findet: »Cameron zeigt jetzt sein wahres Gesicht. Er glaubt, Israel sei dafür verantwortlich, dass aus Gaza ein Gefangenenlager geworden ist, ohne die Rolle von Ägypten oder Hamas miteinzubeziehen. Er kritisiert Israels Angriff auf die Mavi Marmara, als ob britische Soldaten ein IRA-Schiff, das auf die britische Küste zusteuert, nicht geentert hätten.« Einige hatten diese Kursänderung des britischen Regierungschefs jedoch bereits vorausgeahnt. So warnte zum Beispiel Daniella Peled, Redakteurin des Institute for War and Peace Reporting, in der israelischen Zeitung Haaretz im April: »Es wäre falsch, zu glauben, dass die Konservativen automatisch die besten Freunde Israels sein werden, denn niemand weiß genau, wie die Außenpolitik der Tories aussieht. Wenn es um den Nahen Osten geht, wird die Sache noch unklarer.« Mit anderen Worten: Cameron ließ sich vor den Wahlen alle Türen offen. Ein typische Tory-Strategie, denn auch innenpolitisch hat der Oxford-Absolvent bereits einige überraschende Kehrtwendungen vollzogen.

Weltbühne Möchte man Camerons Verhalten Israel gegenüber verstehen, muss man einen Blick auf die Außenpolitik des früheren Labour-Premierministers Tony Blair werfen. Blair ist Camerons großes Vorbild – er hat aus diesem Grund bereits den Spitznamen »Tory Blair«. Wenn es um internationale Politik ging, hatte Blair zu allem und jedem eine Meinung, die er auch lautstark verkündete. Stets war er auf der politischen Weltbühne präsent – das Ziel: sich selbst in den Vordergrund zu rücken, was sich innenpolitisch gut machte und außerdem dafür sorgte, dass Blair auch nach seiner Zeit in der Downing Street noch erfolgreich ist. Offen ist, ob es sich bei Camerons kritischen Worten gegenüber Israel nur um ein kurzzeitiges Phänomen oder um eine grundlegende Kursänderun

Washington D.C./Jerusalem

USA liefern Bomben nach Israel

Der Deal hat einen Wert von 680 Millionen Dollar (646 Mio. Euro).

 03.12.2024

Berlin

Bundestagsabgeordnete gründen Makkabi-Fanclub

Bei der offiziellen Auftaktveranstaltung zur Fanclub-Gründung am Mittwochmorgen im Bundestag wird auch der Präsident von Makkabi Deutschland, Alon Meyer, erwartet

von Stefan Meetschen  03.12.2024

Leipzig

Nach Absage von Vortrag: Uni Leipzig betont Freiheit der Wissenschaft

Gleichzeitig wird die Universität von zahlreichen Organisationen kritisiert

 03.12.2024

Hanau/Frankfurt am Main

Kommt ein ehemaliger KZ-Wachmann (100) doch vor Gericht?

Gregor Formanek müsste sich wegen Beihilfe zum Mord in 3.300 Fällen verantworten

 03.12.2024

«eXit»

Antisemitismus: Dutzende Autoren verlassen das frühere Twitter

Der Kurznachrichtendienst sei »toxisch« geworden, heißt es in einem offenen Abschiedsbrief

 03.12.2024

Berlin

AfD will sich von »Junger Alternative« trennen

Eine neue Jugendorganisation soll die als rechtsextremistisch eingestufte, alte Gruppierung ablösen

 03.12.2024

Nahost

Trump fordert von Hamas Freilassung der Geiseln - und stellt ein Ultimatum

Gerade erst hat das israelische Militär den Tod einer weiteren Hamas-Geisel bekanntgegeben. Da greift der künftige US-Präsident Trump in die Tasten - und setzt der Terrororganisation eine Frist

von Julia Naue  02.12.2024

Meinung

Die Universität Leipzig kuscht vor BDS-Anhängern

Die Absage eines Vortrags des Historikers Benny Morris legitimiert die Erpresserlogik israelfeindlicher Gruppen

von Chris Schinke  02.12.2024

Essay

Frieden ist möglich

Als junger Mann war unser Gastautor Ahmad Mansour Islamist. Heute glaubt er an eine Aussöhnung in Nahost. Zugleich ist er überzeugt: Die Pro-Palästina-Bewegungen im Westen sind ein Hindernis auf dem Weg dorthin

von Ahmad Mansour  02.12.2024