Als Abiturient wurde er 1938 aus dem Dritten Reich ausgewiesen. Das Warschauer Ghetto überlebte er nur mit Glück. 1958 emigrierte er aus Polen dennoch in die Bundesrepublik, wo der Kritiker zum »Literaturpapst« wurde, mit Wirkung weit über das engere intellektuelle Milieu hinaus. Marcel Reich-Ranicki, Literaturchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, mit seiner ZDF-Sendung Das Literarische Quartett ein Fernsehstar und mit seinen Memoiren »Mein Leben« Bestsellerautor aus eigenem Recht, stirbt 93-jährig am 18. September 2013 in Frankfurt am Main.Foto: imago
Das Nachrichtenmagazin FOCUS enthüllt, dass die Staatsanwaltschaft bei Cornelius Gurlitt, dem in München-Schwabing lebenden Sohn des bekannten Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt, insgesamt 1280 Bilder und andere Arbeiten beschlagnahmt hat. Die Kunstwerke, von denen viele in der Nazizeit aus dem Besitz jüdischer Sammler in Deutschland und anderen Ländern geraubt worden waren, hatte Gurlitt junior von seinem verstorbenen Vater geerbt. 68 Jahre nach Kriegsende ist das Thema »arisierte« Kunst plötzlich hochaktuell. Deutsche Museen beginnen, ihre Bestände systematisch zu untersuchen. Erste Werke werden an die Erben der rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben.Foto: dpa
Workshops und Podiumsdiskussionen, Vorträge und Stadtführungen, Gottesdienste und Party: Rund 700 Mitglieder jüdischer Gemeinden aus ganz Deutschland treffen sich vier Tage lang zum Gemeindetag. Nach Hamburg 2012 findet das »Mini-Machane für Erwachsene«, wie Zentralratspräsident Dieter Graumann das Treffen bezeichnet, diesmal in der Hauptstadt statt. Alte und Junge, Zuwanderer und »Eingesessene«, Liberale, Orthodoxe und Säkulare nehmen teil und zeigen das Bild eines lebendigen, vielfältigen und pluralistischen neuen deutschen Judentums. Mit dabei als Ehrengast auch Bundespräsident Joachim Gauck, der lobt, dass hier »mit Mut etwas Neues probiert wird« und »Schalom und Mazel Tov« wünscht.Foto: Gregor Zielke
Wie kaum ein anderer verkörperte Ariel Scharon, geboren 1928, das zionistische Ideal des wehrhaften Juden. Als Offizier kämpfte er an vorderster Front in den Kriegen von 1948 bis 1973. In der Politik bewies der »Bulldozer« die gleiche Härte, so als Verteidigungsminister im Libanonkrieg 1982. Derselbe Ariel Scharon aber ließ als Ministerpräsident 2005 Gaza einseitig räumen und kündigte weitere Rückzüge an. Dazu kam es nicht mehr. 2006 erlitt Scharon eine Hirnblutung und fiel ins Koma, aus dem ihn nach acht Jahren am 11. Januar 2014 der Tod erlöste.Foto: dpa
Nach dem Sturz der mit Moskau verbündeten Regierung Janukowitsch durch die Maidan-Protestbewegung annektiert Russland die Krim-Halbinsel. Es ist der Beginn einer bis heute anhaltenden blutigen Auseinandersetzung zwischen der Regierung in Kiew und von Russland unterstützten bewaffneten Separatisten. Die Juden in beiden Ländern sind in der Ukrainefrage ebenso gespalten wie die in Deutschland, wo zahlreiche Zuwanderer aus Russland und der Ukraine leben.Foto: dpa
Der 29-jährige Franko-Algerier Mehdi Nemmouche dringt am 24. Mai in das jüdische Museum der belgischen Hauptstadt ein und erschießt drei Besucher, unter ihnen ein israelisches Ehepaar, sowie einen Angestellten des Museums. Der Mörder kann zunächst entkommen und wird nur per Zufall sechs Tage später in Marseille von der Polizei festgenommen, im Gepäck die Tatwaffe sowie eine Kamera, mit der er seine Tat gefilmt hatte. Nemmouche war aus Syrien nach Europa zurückgekehrt, wo er 2013 in der islamistischen Terrormiliz IS gekämpft hatte. Vertreter der jüdischen Gemeinschaft Belgiens sehen in dem Anschlag keinen Zufall; sie ordnen ihn in den seit Jahren wachsenden Judenhass in ihrem Land ein. Joel Rubenfeld von der belgischen Liga gegen Antisemitismus nennt die Morde von Brüssel »das unvermeidliche Ergebnis eines Klimas, in dem der Hass gedeiht«.Foto: dpa
Nach wochenlangem Beschuss Südisraels durch Raketen der Hamas aus Gaza greift die israelische Luftwaffe am 8. Juli Stellungen der islamistischen Terrorgruppe an. Die Hamas eskaliert den Konflikt und beschießt Haifa, Tel Aviv und Jerusalem mit Hunderten Raketen, die dank des Abwehrsystems »Iron Dome« jedoch keine größeren Schäden anrichten. Am 17. Juli beginnt Israel eine Bodenoffensive und zerstört Raketenstellungen und Tunnel der Hamas. Nach mehreren gescheiterten Anläufen vereinbaren beide Seiten am 26. August einen Waffenstillstand. Die Bilanz des Konflikts: mehr als 2000 Tote auf palästinensischer, 67 auf israelischer Seite.Foto: IDF
Nach antisemitischen Attacken während des Gaza-Kriegs, wie man sie in Deutschland seit 1945 so nicht mehr erlebt hat, versammeln sich am 14. September vor dem Brandenburger Tor mehrere Tausend Menschen zu einer Kundgebung des Zentralrats unter dem Motto: »Steh auf! Nie wieder Judenhass!«. Alle Bundestagsparteien, die großen Kirchen und Verbände sind mit ihren Spitzen vertreten. Zentralratspräsident Dieter Graumann sagt in seiner Rede: »Wer wegen Israel zum Antisemiten wird, der war längst schon einer.« Bundeskanzlerin Angela Merkel versichert den Teilnehmern: »Jüdische Freunde, Nachbarn und Kollegen – sie sind in Deutschland zu Hause.«Foto: Marco Limberg
Staffelübergabe im Jüdischen Museum Berlin: Nach 17 Jahren an der Spitze verlässt W. Michael Blumenthal das Haus, das unter seiner Ägide mit rund 700.000 Besuchern jährlich zu einem der meistbesuchten Museen Deutschlands und zu einem Touristenmagnet für Berlin wurde. An die Stelle des 1926 in Oranienburg geborenen ehemaligen US-Finanzministers tritt als neuer Direktor sein, wie Blumenthal sagt, »Wunschnachfolger« Peter Schäfer (71). Der nichtjüdische Judaist und frühere Lehrstuhlinhaber in Princeton will im Libeskind-Bau in Kreuzberg neue Akzente setzen. Als Erstes, kündigt Schäfer an, soll die 15 Jahre alte Dauerausstellung des Museums komplett neu konzipiert werden und im Museum insgesamt »die Religion etwas stärker zum Tragen kommen«.Foto: JMB
Abschiede, Krisen und Selbstbehauptung: Ein Rückblick auf 5774
19.09.2014 16:03 Uhr
Gemeindetag in Berlin, Jewrovision, der Fall Gurlitt oder #BringBackOurBoys – das jüdische Jahr 5774 im Überblick.