Interview

»Das sind andere Deutsche«

Der Historiker Yehuda Bauer über die Schoa und deutsch-israelische Beziehungen

von Katharina Schmidt-Hirschfelder  04.05.2015 20:39 Uhr

Yehuda Bauer Foto: Uwe Steinert

Der Historiker Yehuda Bauer über die Schoa und deutsch-israelische Beziehungen

von Katharina Schmidt-Hirschfelder  04.05.2015 20:39 Uhr

Herr Bauer, als 13-Jähriger sind Sie aus Europa geflüchtet. Heute ist gerade Deutschland bei jungen Israelis beliebt. Was hat sich verändert?
Diese Art von Normalisierung hätte ich mir damals nicht vorstellen können. Die Einstellung der jungen Israelis zu den Deutschen ist völlig verschieden von der ihrer Großeltern. Für sie ist Deutschland – zu Recht – ein liberales, demokratisches Land, in dem man sich frei bewegen kann. Man weiß auch, dass es heute in Europa nicht eine einzige Regierung gibt, die Antisemitismus befürwortet.

Wie konnte es in den 60ern zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen kommen?
In Israel fanden Massendemonstrationen gegen die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland statt – sowohl von Rechts als auch von Links. Ben Gurion gelang es, eine Mehrheit zu erreichen. Aber eine sehr starke Minderheit war dagegen.

Wie hat sich die Einstellung verändert?
Ein paar Stichworte auf deutscher Seite: Auschwitzprozess, Sechstagekrieg, die Fernsehserie »Holocaust«. Danach änderte sich das Deutschlandbild der Israelis. Man begann, nach Deutschland zu fahren. Mit Polen konnte man 1968 noch nicht sprechen. Auschwitzbesuche gingen nicht. Aber mit Deutschland gelang es langsam.

Inwieweit bestimmt die Schoa die deutsch-israelischen Beziehungen?
Bei allem, was Deutschland und Israel in den letzten 50 Jahren verbunden hat, war immer die Schoa dabei. Es gibt keinen deutschen Gesandten in Israel, der sich nicht damit beschäftigt. Mit dem früheren Botschafter Harald Kindermann hat man nicht ohne Grund einen Historiker nach Israel geschickt.

Findet das nur auf offizieller Ebene statt?
Meine Tochter war vergangenes Jahr mit ihrer Familie in Deutschland im Urlaub. In dem Moment, als sie im Schwarzwald bei einem Bauern Zimmer gemietet und gesagt hat, sie seien aus Israel, war alles offen und herzlich, es gab Umarmungen. Natürlich hat das einen Einfluss auf meine Enkel! Die waren hellauf begeistert. Natürlich haben sie alles über die Schoa gelernt, aber jetzt erleben sie andere Deutsche.

Mit dem Historiker und früheren Leiter der Gedenkstätte Yad Vashem sprach Katharina Schmidt-Hirschfelder.

Den Haag

Erste Entscheidung in Klage gegen Deutschland am Dienstag

Im Verfahren Nicaragua gegen Deutschland will der Internationale Gerichtshof am Dienstag seinen Beschluss zu einstweiligen Maßnahmen verkünden

 26.04.2024

Meinung

Steinmeier auf Kuschelkurs mit einem Terrorfreund

Der Bundespräsident untergräbt mit seiner Schmeichelei gegenüber Recep Tayyip Erdogan einmal mehr Deutschlands Staatsräson

von Nils Kottmann  26.04.2024

Berlin

»Menschen haben nach dem 7. Oktober ihr wahres Gesicht gezeigt«

Ahmad Mansour wundert sich nicht über die Schließung zweier Jugendzentren in Berlin

von Sophie Albers Ben Chamo  26.04.2024

Diplomatie

USA, Großbritannien und Kanada verhängen Sanktionen gegen Iran

Es handelt sich um eine Reaktion auf den iranischen Angriff auf Israel

 26.04.2024

USA

Antiisraelische Proteste an Unis: Abschlussfeier abgesagt

An der Ostküste werden mehr als hundert Festnahmen gemeldet

 26.04.2024

Berlin

Polizei verbietet antiisraelisches »Palästina-Protestcamp«

Die Teilnehmer hätten Straftaten begangen, darunter auch Volksverhetzung, sagt die Polizei

 26.04.2024

Köln

Wallraff-Preis für israelische und palästinensische Initiativen

Mit gemeinsamen Aktionen setzen sich »Women of the Sun« und »Women Wage Peace« für Frieden ein

 26.04.2024

Berlin/Gaza

Brief an Hersh Goldberg-Polin

Lieber Hersh, wir kennen uns nicht – und doch sind unsere Lebenswege verbunden ...

von Ruben Gerczikow  26.04.2024

Berlin

Zentralrat der Juden kritisiert deutsche UNRWA-Politik

Josef Schuster: »Die Bundesregierung tut sich mit dieser Entscheidung keinen Gefallen«

 26.04.2024