Antisemitismus

Bund: Vorwürfe schnell aufklären

Foto: imago/Steinach

Der Bund erwartet schnelle Aufklärung zu Antisemitismusvorwürfen gegen mehrere Mitarbeiter der Deutschen Welle (DW). Ein Sprecher der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) teilte der Deutschen Presse-Agentur mit: »Die BKM nimmt die aktuellen Vorwürfe gegen Mitarbeiter der arabischen Redaktion der Deutschen Welle sehr ernst und erwartet eine rasche und umfassende Aufklärung. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, müssen in dieser Redaktion unverzüglich personelle Konsequenzen gezogen werden.«

POSTS Die »Süddeutsche Zeitung« hatte zuvor einen Artikel mit dem Titel »Ein Sender schaut weg« veröffentlicht. Demnach sollen mehrere Mitarbeiter in den vergangenen Jahren im Internet antisemitische und antiisraelische Äußerungen gepostet haben. Auch sollen manche den Holocaust geleugnet haben. Später seien diese Einträge gelöscht worden.

Die Anschuldigungen betreffen zum Teil die Zeit vor der jeweiligen Tätigkeit beim Sender, zum Teil aber auch die Zeit bei der Deutschen Welle. Dem Sender wird vorgeworfen, mitunter nicht genau genug hingesehen oder zu wenig Konsequenzen gezogen zu haben.

Manche der Beschuldigten verteidigen sich in dem Artikel, einer äußert auch Bedauern, andere hätten nicht auf Anfragen geantwortet, so die Zeitung. DW-Sprecher Christoph Jumpelt verweist in einem Fall darauf, dass Äußerungen »aus dem Kontext genommen« seien, aber »arbeitsrechtliche Konsequenzen« gehabt hätten. Der betroffene Mitarbeiter beachte »gemäß seiner Versicherung und unserer Kenntnis nach« auch in privaten Kommentaren in den Sozialen Medien die Grundsätze, für welche die DW stehe.

NEBENTÄTIGKEIT In einem anderen Fall sei eine Nebentätigkeit eines Mitarbeiters genehmigt gewesen, eine Einordnung der politischen Ausrichtung der entsprechenden Publikation wollte der Sender dem Bericht zufolge aber nicht kommentieren.

Der deutsche Auslandssender hatte am Dienstag angekündigt, die Vorwürfe extern prüfen zu lassen: »Auf Anordnung des Intendanten wird die DW umgehend eine unabhängige externe Untersuchung beauftragen.« Nach einer ersten Prüfung werde der Sender gegebenenfalls »umgehend Konsequenzen ziehen, wenn sich Verstöße gegen diese Regeln bewahrheiten«.

STATEMENT In einem vom Sender mitgeteilten gemeinsamen Statement äußerten sich auch der Rundfunkrats- sowie der Verwaltungsratsvorsitzende der DW, Prälat Karl Jüsten und Peter Clever. Darin heißt es, die in dem Artikel erhobenen Vorwürfe »wiegen schwer. Antisemitismus und jede Form von Diskriminierung haben in der DW keinen Raum.« Die DW bekenne sich eindeutig zum Existenzrecht Israels, das für die Bekämpfung des Antisemitismus zentrale Bedeutung habe.

Rundfunkrat und Verwaltungsrat begrüßten das schnelle Handeln der Geschäftsleitung, unverzüglich eine unabhängige externe Untersuchung der Vorwürfe zu beauftragen. »Sollten sich die in dem Zeitungsartikel gemachten Vorwürfe erhärten, müssen entsprechende Konsequenzen folgen, um weiteren Schaden von der DW und ihrer Belegschaft fernzuhalten«, heißt es in dem Statement.

Unterdessen forderte die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann (CDU), eine schonungslose Aufklärung der Vorwürfe. Sie kündigte an, ihre Fraktion werde beantragen, dass ein Vertreter der Deutschen-Welle-Intendanz in den sich zeitnah konstituierenden Kulturausschuss geladen werde, um »über die Ergebnisse zu informieren, aufzuklären und Vertrauen wiederzugewinnen«. »Antisemitismus und Deutsche Welle müssen sich ausschließen«, sagte sie. »Kein Cent an Steuergeldern darf in eine tendenziöse Berichterstattung fließen. Die Deutsche Welle muss zu 100 Prozent für freien, unabhängigen Qualitätsjournalismus stehen.« dpa/kna

Essay

Ausweg Palästina

Große Teile der Linken sind mit der Komplexität der Gegenwart überfordert. Orientierung suchen sie ausgerechnet im Hass auf den jüdischen Staat. Mit progressiver Politik hat das wenig zu tun

von Jessica Ramczik, Monty Ott  13.09.2025

Sachsenhausen

120 Minuten Holocaust

Angesichts des grassierenden Antisemitismus sollen Schüler zum Besuch einer NS-Gedenkstätte verpflichtet werden. Doch was kann eine Führung vor Ort tatsächlich bewirken?

von Mascha Malburg  13.09.2025

Brüssel

»Gegen EU-Grundwerte«: Kommission verurteilt Festival

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission hat den Boykott der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani in die Nähe von Antisemitismus gerückt und scharf verurteilt

von Michael Thaidigsmann  12.09.2025

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Berlin

Humboldt-Universität will gegen Antisemitismus vorgehen

Präsidentin Julia von Blumenthal sieht ihre Hochschule für künftige Auseinandersetzungen rund um den Nahost-Konflikt gut vorbereitet

von Lukas Philippi  12.09.2025

Kommentar

Die Genozid-Lüge

Wie die Hamas nach dem 7. Oktober vom Täter zum Opfer wurde – und Israel zur Verkörperung des Bösen schlechthin

von Stephan Lehnstaedt  12.09.2025

Nachkriegsjustiz

Verhandlung über Massenmord: Vor 80 Jahren begann der Belsen-Prozess

Fünf Monate nach der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen erhob ein britisches Militärgericht in Lüneburg Anklage gegen die Täter. In einer Turnhalle begann damit vor 80 Jahren der erste große NS-Kriegsverbrecherprozess in Deutschland

von Karen Miether  12.09.2025

Belgien

Deutsche Botschaft beendet Partnerschaft mit Gent-Festival

Die Deutsche Botschaft in Brüssel hat nach der Ausladung der Münchner Philharmoniker ihre Zusammenarbeit mit dem Flandern-Festival in Gent eingestellt

von Michael Thaidigsmann  11.09.2025

Debatte

Zentralrat: Ausladung Shanis ist »fatales Signal«

Wer einen Künstler aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder seiner jüdischen Religion ausgrenzt und diskreditiert, trete die Demokratie mit Füßen

 11.09.2025